So sehen ungeimpfte Wahlsieger aus: Der oberösterreichische MFG-Obmann Joachim Aigner ist das neue Aushängeschild der Corona-Maßnahmen-Gegner.

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Plötzlich Politiker, obwohl er nie einer werden wollte: Während in Oberösterreich die Zeichen nach der Landtagswahl auf Neuauflage der schwarz-blauen Zusammenarbeit stehen, feilt der MFG-Obmann am Parteiimage und an der künftigen Oppositionsrolle.

STANDARD: Wie bezeichne ich Sie jetzt richtig – Corona-Leugner, Impfgegner, Impfskeptiker?

Aigner: Ich bin kein Corona-Leugner. Auch kein Impfgegner. Wir sind Maßnahmenkritiker und Zwangsgegner. Wenn jemand medizinische Behandlung, eine Impfung, Injektion oder ein Medikament für sich in Anspruch nimmt, dann soll er dies aufgrund seiner persönlichen gesundheitlichen Situation machen. Unter der Berücksichtigung seines persönlichen Umfelds. Aber nicht, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu dürfen.

STANDARD: Aber wer zwingt Sie denn zu einer Impfung?

Aigner: Momentan dürfen wir uns noch frei entscheiden. Aber wir haben gesellschaftliche Zwänge, die immer größer werden. Das wird durch die bisherige Politik geschürt.

STANDARD: Nach erfolgreich geschlagener Wahl hören Sie sich jetzt deutlich handzahmer an und betonen vor allem die Eigenverantwortung. Im Wahlkampf ist man klar als Impfgegnerpartei aufgetreten. Auf den Plakaten stand ein klares "Nein bleibt Nein". Alles nur Inszenierung?

Aigner: Das wird uns immer falsch ausgelegt. Und wenn man sich vorab mit uns beschäftigt hätte und nicht erst seit dem Wahlsonntag, dann würde man wissen, dass "Nein bleibt Nein" heißt, wenn ich mich eigenverantwortlich gegen eine Impfung entschieden habe, dann soll dieses Nein ein Nein bleiben.

STANDARD: Sie betonen gerne die Eigenverantwortung. Aber gibt es eben nicht auch eine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber?

Aigner: Die Verantwortung Dritten gegenüber hat es immer schon gegeben. Es war immer unverantwortlich, wenn man mit Grippe in die Arbeit gegangen ist und Kollegen angesteckt hat. Und wir verhalten uns auch jetzt nicht egoistisch. Ich habe mit meinem Arzt Anfang Jänner gesprochen. Und er hat mir ein paar Fragestellungen mitgegeben: Überlege dir selbst, ob du Risikopatient bist. Wenn du eine allfällige Infektion körperlich gut aushalten kannst, spricht nicht unmittelbar etwas für eine Injektion. Und wenn es im Umfeld keine Risikogruppen gibt, spricht auch nichts für eine Impfung. Wenn die ersten beiden Überlegungen dazu führen, dass man von einer Injektion absehen kann oder will, sollte man als Drittes überlegen und in sich hineinhören, ob man sich mit einer Impfung nicht doch wohler und sicherer fühlen würde. Man sollte aber die Entscheidung nicht treffen, um uneingeschränkter am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu dürfen als ohne Injektion.

STANDARD: Oberösterreich verbuchte zuletzt die höchste Sieben-Tage-Inzidenz. Beunruhigt Sie so was eigentlich?

Aigner: Nein. Weil ich überzeugt bin, dass wir aufhören müssen, von Inzidenzen zu reden. Man muss den Blick auf Erkrankte richten. Und da gibt es ganz klare Definitionen. Und es gibt eben auch Mediziner, die sagen, dass eine Infektion wesentlich mehr Schutz bringt als eine Injektion. Nur diese Experten werden halt nicht gehört.

STANDARD: Über 90 Prozent der Corona-Spitalspatienten sind nicht vollimmunisiert. Fängt man da nicht an, die eigene Haltung zu überdenken?

Aigner: Die Frage ist doch, wie sich diese Zahlen errechnen. Wir fordern diesbezüglich eine Offenlegung. Ich habe Nachrichten aus Krankenhäusern, die ein anderes Bild zeigen.

STANDARD: Das Faktum, dass seit Pandemiebeginn über 11.000 Menschen mit oder an dem Virus gestorben sind, ziehen Sie auch in Zweifel?

Aigner: Sie wissen, dass jemand, der bei einem Verkehrsunfall verstirbt und vier Wochen zuvor Corona hatte, in der Statistik aufscheint. Es gibt diese Trennung in der Statistik nicht. In Portugal sind 17.000 Menschen verstorben. Aber nur 152 Menschen sind tatsächlich an Corona verstorben.

STANDARD: Was erwiesenermaßen falsch ist. Die Zahl der 152 Toten bezieht sich lediglich auf diejenigen Fälle, bei denen von Gerichtsmedizinern, die nur dann beigezogen werden, wenn die Todesursache unbekannt ist oder von einer gewaltsamen Todesursache ausgegangen wird, ein Totenschein ausgestellt worden ist, und nicht auf die Gesamtzahl der Covid-Toten in Portugal.

Aigner: Wie gesagt fordern wir die vollkommene und nachvollziehbare Offenlegung der Daten, welche auch vergleichbar sind. So sind wir zuversichtlich, dass eine realistische Darstellung gelingen kann.

STANDARD: Welche Strömungen gibt es eigentlich in Ihrer Partei? Eine liberale Ecke, einen rechten Rand, eine esoterische Mitte?

Aigner: Wir sind für alle Menschen da. Und wenn Sie schon von Corona-Leugnern sprechen, dann sage ich Ihnen schon deutlich: Das ist ein Branding, das vielen Menschen zu Unrecht auferlegt wird. (Markus Rohrhofer, 4.10.2021)