Das Thema Steuern hielt am Sonntag nicht nur Österreich (Stichwort Steuerreform) auf Trab, sondern die ganze Welt. Angekündigt waren neue Veröffentlichungen zu Offshore-Geschäften von Prominenten. Tatsächlich stehen 330 Politiker und Amtsträger aus fast hundert Ländern auf der Liste Pandora-Papers, die 150 Medien zeitgleich um 18.30 Uhr veröffentlichten. 35 aktive und ehemalige Staats- und Regierungschefs werden genannt.

Das erprobte Recherchenetzwerk International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) hat 2,9 Terabyte an Daten von 14 Finanzdienstleistern weltweit zugespielt bekommen, die ihren Kunden bei ihren diskreten Geschäften geholfen haben.

Pikante Enthüllungen

Sie geben Einblick in das Gebaren der Mächtigen, Reichen (130 Milliardäre weltweit) und Einflussreichen. Die Namen, über die der Verbund der mehr als 600 Journalisten zu berichten weiß, reichen von engsten Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin bis zum tschechischen Premier Andrej Babiš, der sich angeblich via Briefkastenfirma ein Schloss in Südfrankreich gekauft hat. Kostenpunkt: 15 Millionen Euro. Besonders pikant: In Tschechien stehen Ende dieser Woche Parlamentswahlen an. Babiš stritt jegliches Fehlverhalten in einem Interview mit CNN ab.

Ob das Ehepaar Blair oder Elton John: Die Pandora Papers geben Einblick in diskrete Geschäfte Prominenter.
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Eine feine Immobilie hat sich demnach auch das Ehepaar Tony und Cherie Blair zugelegt. Um sechs Millionen Pfund kauften der ehemalige britische Premier und seine Frau ein Bürogebäude in der Londoner City. Allerdings: Erworben haben sie eine Briefkastenfirma auf den British Virgin Islands, der das Gebäude gehörte. Verkäufer war ein Minister aus Bahrain.

Cherie Blair antwortete den Rechercheuren, diese Vorgangsweise sei der ausdrückliche Wunsch des Verkäufers gewesen; wer das war, habe man erst später erfahren. Laut ICIJ haben sich die Blairs mit ihrem diskreten Einkauf rund 300.000 Pfund an Steuern erspart. Der ukrainische Präsident kommt ebenso vor wie der derzeitige libanesische Premierminister und dessen Vorgänger. Sie alle sollen Briefkastenfirmen für ihre Geschäfte genützt haben, wobei die Genannten eines eint: Laut dem Recherchepool, zu dem auch "Süddeutsche Zeitung", "Profil" und ORF zählen, bestreiten sie jegliches Fehlverhalten.

In Steueroasen sonnen sich demnach aber auch andere Prominente: das Model Claudia Schiffer, der Ex-Beatle Ringo Starr, der Popstar Shakira sowie die Sänger Julio Iglesias und Elton John kommen in den Dokumenten vor.

Nicht nur der tschechische Premier Andrej Babiš wusste sich laut den Recherchen die Vorteile zunutze zu machen.
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Notabene: Illegal sind derartige Geschäfte nicht, verpönt schon eher. Politiker weltweit haben sich darauf verständigt, Steueroasen auszutrocknen. Und Staaten wie Deutschland oder die USA haben Transparenzregister eingeführt, die die wahren Eigentümer hinter komplizierten Unternehmenskonstruktionen offenlegen. Auch in Österreich gibt es ein entsprechendes Register der wirtschaftlich Berechtigten. Stichwort Österreich: Auch 160 Österreicher finden sich in den aus zwölf Millionen Dokumenten bestehenden Pandora-Papers. Sie alle haben Dienstleistungen von Offshore-Beratern beansprucht. Laut "Profil" sind aber keine aktiven oder früheren Politiker darunter, allerdings eine Reihe "sehr interessanter Unternehmerpersönlichkeiten".

Genannt werden die Privatstiftung von Investor Martin Schlaff, der mit einer Briefkastenfirma in Zypern in Verbindung gebracht wird, ein Milliardär aus Niederösterreich, ein Salzburger Unternehmer und ein früherer Betriebsrat eines großen österreichischen Unternehmens. Er soll mithilfe einer Offshore-Service-Firma eine Firma in Belize errichten haben lassen.

Schritt für Schritt

Für Spannung ist gesorgt. Das Recherchenetzwerk wird seine Erkenntnisse sukzessive veröffentlichen. Den Pandora-Papers sind bereits etliche andere Veröffentlichungen vorausgegangen. Im April 2016 waren das die Panama-Papers, in denen es um legale Strategien zur Steuervermeidung, Steuer- und Geldwäschedelikte und den Bruch von UN-Sanktionen ging. Ein Jahr später folgten die Paradise-Papers. Sie gaben Einblicke, wie Reiche und Großkonzerne wie Apple, Facebook oder Nike Steuervermeidung bzw. Steuerhinterziehung betrieben. (gra, rebu, 3.10.2021)