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London – Im Kampf gegen die Benzinkrise in Großbritannien ist nun das Militär im Einsatz. Soldaten trafen am Montag in einem Lager des Ölkonzerns BP ein, nachdem die Regierung die Armee angewiesen hatte, wegen des akuten Mangels an Lkw-Fahrern bei der Auslieferung von Treibstoff zu helfen. Finanzminister Rishi Sunak bemühte sich, die aufgeheizte Stimmung zu beruhigen. Der Einsatz der Armee sei eine reine Vorsichtsmaßnahme, sagte er dem Radiosender LBC.

Die Versorgungslage habe sich bereits Tag für Tag gebessert, da sich die Nachfrage wieder auf einem normalen Niveau eingependelt habe, so Sunak. Er gehe davon aus, dass sich die Dinge von selbst regeln.

Mehr als ein Fünftel der Tankstellen geschlossen

Allerdings blieben ein Dutzend Tankstellen in London auch am Montag geschlossen. Laut dem Branchenverband Petrol Retailers Association, der etwa zwei Drittel der 8.380 britischen Tankstellen vertritt, haben etwa 22 Prozent der Tankstellen in London und im Südosten des Landes immer noch keinen Treibstoff. PRA-Geschäftsführer Gordon Balmer zufolge dürfte es noch sieben bis zehn Tage dauern, bis die Vorräte wieder auf einem normalen Stand sind.

Wegen der Engpässe an den Zapfsäulen war es zuletzt zu Autoschlangen an den Tankstellen, Panikkäufen und teils chaotischen Szenen gekommen. Einige Autofahrer schlugen sich sogar um den Sprit, andere horteten ihn in Flaschen. Hintergrund ist ein großer Mangel an Lkw-Fahrern wegen einer Abwanderung im Zuge des britischen EU-Ausstiegs. Deswegen kann nicht ausreichend Treibstoff aus den Lagern zu den Tankstellen transportiert werden. Die Armee soll hier nun mit 200 Soldaten aushelfen, davon 100 Fahrern.

Bauernhöfe überfüllt

Die Regierung bestreitet, dass der Brexit schuld an der Lage ist, und verweist darauf, dass die Corona-Pandemie Schulungen neuer Lkw-Fahrer ausgebremst habe. Zudem spricht sie immer wieder von einem europaweiten Problem, obwohl es in den europäischen Nachbarstaaten keine Schlangen an den Tankstellen gibt. Vielmehr sind die gesamten Versorgungsketten in Großbritannien wegen des Mangels an Arbeitskräften zum Zerreißen gespannt. Das betrifft auch Schweinefleisch, Geflügel, Milch und Medikamente. Immer wieder bleiben Regale leer. Einzelhändler warnten bereits, dass das Weihnachtsessen diesmal dürftiger ausfallen könnte.

Zuletzt warnte ein Bauernverband, dass wegen eines Mangels an Schlachtern und Schlachthofmitarbeitern eine Massenkeulung von mehr als 100.000 Schweinen drohe. Weil die Tiere nicht geschlachtet werden könnten, seien die Bauernhöfe überfüllt, und die Tiere könnten dort nicht mehr versorgt werden. Premierminister Boris Johnson hatte allerdings am Sonntag zu Beginn des mehrtägigen Parteitags seiner konservativen Tories einen Kurswechsel in der scharfen Einwanderungspolitik abgelehnt. (APA, 4.10.2021)