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Die 37-Jährige hat schon bei mehreren IT-Konzernen gearbeitet – sie hält aber Facebook für den schlimmsten.

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Die erste Person, die Schlechtes über Facebook zu sagen hat, ist sie nicht. Und die letzte wird sie bestimmt auch nicht sein.

Aber was die Whistleblowerin Frances Haugen von ihren Vorgängern unterscheidet, ist, dass sie ihre Aussagen mit zahlreichen Beweisen untermauern kann. Denn die 37-Jährige nahm bei ihrem Abgang von Facebook im Mai 2021 zig Dokumente mit, die sie laufend an Journalistinnen und Journalisten leakte. Sie belegen, dass Facebook intern viel über seinen negativen Einfluss auf unsere Gesellschaft weiß – und der Öffentlichkeit verschweigt. Für Haugen, die bereits bei anderen IT-Konzernen gearbeitet hat, ist der Umgang des Unternehmens mit seinen Problemen der Grund, warum Facebook "wesentlich schlimmer" sei als seine Konkurrenz.

Desinformation stoppen

Die Datenexpertin, die als Tochter zweier Professoren in der US-Stadt Iowa aufwuchs, ist auf das Produktmanagement in Verbindung mit Algorithmen spezialisiert. Nach ihrem Studium an der Harvard Business School arbeitete sie bei mehreren Silicon-Valley-Granden: Google, Pinterest, Yelp und zuletzt Facebook. Bei letzterem Unternehmen wurde sie 2019 als führende Produktmanagerin im "Civic Integrity"-Team – zu Deutsch etwa die Abteilung für gesellschaftliche Integrität – angeheuert. Dort war sie unter anderem dafür zuständig, Wege zu finden, die Verbreitung von Desinformation bei Wahlen aufzuhalten. Allen voran bei der US-Wahl 2020, da man eine Kritikwelle wie nach dem Präsidentschaftswahlkampf 2016 verhindern wollte.

Team aufgelöst

Ihre Loyalität zu Facebook wurde spätestens Ende 2020 schwer angeschlagen, als ihre Abteilung aufgelöst wurde und jene Systeme, die dafür sorgen sollten, dass Fehlinformationen sich nicht so rasch verbreiten können, wieder abgeschaltet wurden. Ihr kam das, wie sie bei ihrem ersten Fernsehinterview sagt, wie ein "Verrat an der Demokratie" vor.

Weil interne Kritik allein nicht ausgereicht habe, um das Vorgehen des Konzerns zu ändern, entschied sie sich schließlich – trotz der Gefahren, die ihr als Whistleblowerin bevorstehen könnten –, an die Öffentlichkeit zu gehen. Ihre Motivation? Sie sei überzeugt, sagt sie, dass die Probleme, die soziale Medien verursachen, gelöst werden könnten.

Deswegen wird sie am Dienstag vor dem US-Senat aussagen. Ihre wohl größte Kritik: Der Facebook-Konzern stelle seinen Profit über die Sicherheit von Menschen – und schade damit der Gesellschaft. (Muzayen Al-Youssef 4.10.2021)