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Virgina Raggi bei der Stimmabgabe in Rom.

Foto: Cecilia Fabiano/LaPresse via AP

Ganz kurz machte es Roms massiv unter Druck stehende Bürgermeisterin Virginia Raggi noch einmal spannend: Laut ersten, noch sehr lückenhaften Hochrechnungen kam die Politikerin der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung am späten Montagnachmittag plötzlich auf über 21 Prozent der Stimmen – und lag damit völlig überraschend doch noch in Schlagdistanz zum linken Gegenkandidaten, dem ehemaligen Finanzminister Roberto Gualtieri.

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Herbe Enttäuschung für Virginia Raggi nach anfänglicher Hoffnung.
Foto: Cecilia Fabiano/LaPresse via AP

Doch die hoffnungsvolle Aufregung währte nur wenige Minuten: Mit jeder weiteren Hochrechnung wurde deutlich: Die Bürgermeisterin, die 2016 in der Stichwahl sensationelle 67 Prozent erreicht hatte, wird sie diesmal deutlich verfehlen: Kurz vor 18 Uhr lag sie bei rund 19 Prozent, während Gualtieri bei über 27 Prozent lag.

In Front lag in Italiens Hauptstadt, wo – wie auch in weiteren 1.300 der 7.900 Gemeinden in Italien – am Sonntag und Montag gewählt wurde, zunächst der Kandidat der Rechten, der Jurist Enrico Michetti. Doch das dürfte ihm wenig nützen: Für die Stichwahl in zwei Wochen hat der Sozialdemokrat Gualtieri die besseren Karten.

Wahlkampf ohne Grillo

Raggi war schon in den Umfragen – die sich dann doch als stichhaltig erwiesen – deutlich unter 20 Prozent gelegen, und selbst zahlreiche Exponenten ihrer Partei hatten sich im Wahlkampf schwergetan, die Bürgermeisterin zu unterstützen.

Ex-Komiker Beppe Grillo, der Gründer der Protestbewegung, hatte sich nie in der Hauptstadt blicken lassen und hatte bei einem Wahlkampfauftritt Raggis per Telefonschaltung durchblicken lassen, dass nicht einmal er an einen Sieg der Kandidatin glaube.

Sehr dürftige Bilanz

Die Regierungsbilanz der studierten Anwältin war einfach zu dürftig: Sie hatte in fünf Jahren weder die Müllkrise noch das Verkehrschaos in den Griff bekommen, und daneben war ihre Amtszeit von einem Übermaß an Patzern geprägt gewesen.

Raggi war vor fünf Jahren fast über Nacht zum Aushängeschild und zur Hoffnungsträgerin der damals noch relativ jungen Anti-System-Bewegung geworden. Gleichzeitig hatte in Turin mit Chiara Appendino eine weitere Fünf-Sterne-Politikerin die Wahl zur Bürgermeisterin geschafft, eine weitere kleine Sensation. Nur zwei Jahre später legte die Protestbewegung bei den nationalen Parlamentswahlen nach und wurde mit über 32 Prozent der Stimmen stärkste politische Kraft in Italien.

Doch inzwischen sind die Fünf Sterne wieder weitgehend verglüht: Bei den Europawahlen von 2019 stürzten sie auf 17 Prozent ab, bei den meisten Regionalwahlen errangen sie zuletzt nicht einmal mehr zehn Prozent.

Sollte sich Raggi tatsächlich in die Stichwahl retten können, ist freilich alles möglich. Und es wäre ein harter Job: Raggi würde Rom nämlich als letzte Bastion der "Grillini" verteidigen müssen.

Mailand bleibt rot

In Mailand dagegen wird laut den Hochrechnungen keine Stichwahl erforderlich sein: In der norditalienischen Metropole dürfte der amtierende Bürgermeister Beppe Sala, der Kandidat der Mitte-links-Koalition, bereits im ersten Wahlgang die erforderliche Absolute erreicht haben. Die Wiederwahl Salas war allgemein erwartet worden. Spannend war die Kommunalwahl in Mailand aber trotzdem, denn sie galt als Popularitätstest für Lega-Chef Matteo Salvini und für die Anführerin der postfaschistischen Fratelli d’Italia, Giorgia Meloni. Beide Rechts-außen-Politiker kämpfen um die Vorherrschaft im Rechtslager, beide Parteien waren kurz vor den Kommunalwahlen in Skandale verwickelt.

Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe lagen weder Resultate von Nachwahlbefragungen noch Hochrechnungen für einzelne Ergebnisse von Lega und Fratelli d’Italia vor. Im Vorfeld wurde allgemein ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorausgesagt – was für Salvini schon bitter genug ist. Bei den Europawahlen von 2019 hatte die Lega das Rekordresultat von 34,3 Prozent erzielt, die Fratelli kamen auf 6,4 Prozent. Heute liegen die beiden Rechts-außen-Parteien gleichauf.(Dominik Straub aus Rom, 4.10.2021)