Hunderte Politiker und Amtsträger rund um den Globus haben ihr Geld mithilfe von Offshore-Finanzdienstleistern in Steueroasen untergebracht – nicht unbedingt illegal, aber kaum zu ihrem Nachteil. Das weltweite Journalistennetzwerk ICIJ hatte am Sonntagabend entsprechende Informationen veröffentlicht. Mit den Pandora Papers sind 600 Journalisten aus 117 Ländern (u. a. auch aus Österreich) besonders tief in die Finanzgeheimnisse der Mächtigen, Reichen und Einflussreichen eingetaucht.

Sie basieren auf einem geleakten Datensatz von mehr als 11,9 Millionen vertraulichen Dokumenten, die den Journalisten zugespielt worden sein sollen. Brüssel will sein Vorgehen gegen Briefkastenfirmen verschärfen. Der Sprecher von Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni, Daniel Ferrie, verwies auf einen bis zum Jahresende geplanten Gesetzesvorschlag, der darauf abziele, "die Steuertransparenz zu erhöhen und den Kampf gegen Steuervermeidung zu stärken". Allerdings seien Steuerhinterziehung und -vermeidung "weltweite Themen, die auch weltweit angegangen werden müssen."

Laut den ICIJ-Recherchen nutzen hunderte Politiker solche Konstruktionen. Jordaniens König Abdullah II. taucht ebenso auf der Liste auf wie der tschechische Ministerpräsident Andrej Babiš sowie Vertraute von Wladimir Putin. Sie alle weisen die Vorwürfe zurück.

Andrej Babiš, tschechischer Premier
Foto: Imago / Václav Šálek

Das Mantra hat man von Andrej Babiš schon öfter gehört: alles bloß künstlich aufgeblasen, ein durchsichtiger Versuch, ihn als Politiker aus dem Weg zu räumen. Tschechiens Regierungschef, der zu den reichsten Menschen seines Landes zählt, hat immer wieder so argumentiert, wenn er wegen seiner Geschäfte in die Kritik geriet. Und fast schien es, als würden derlei Vorwürfe tatsächlich an ihm abprallen.

Dass er auf die jüngsten Anschuldigungen im Zusammenhang mit den Pandora Papers sichtlich dünnhäutig reagiert, hängt mit dem für ihn ungünstigen Timing zusammen: In Tschechien wird am Freitag und Samstag ein neues Parlament gewählt. Die Optik für Babiš ist alles andere als gut: Im Jahr 2009 soll er für 15 Millionen Euro mehrere Luxusanwesen in Frankreich gekauft haben – und zwar über kurz zuvor gegründete Briefkastenfirmen in Washington, Monaco und auf den britischen Jungferninseln.

Babiš bestreitet vehement den Vorwurf der Geldwäsche. Warum er die Immobilien nicht einfach direkt gekauft habe? Ein Realitätenbüro habe ihm dazu geraten, antwortet er gereizt. Dass hunderte Journalisten aus der ganzen Welt an der Recherche beteiligt waren, hinderte Babiš auch am Montag nicht daran, von Einflussnahme auf die Wahl in Tschechien zu sprechen. (schub)

Von Swetlana Kriwonogich gibt es aus gutem Grund kaum Fotos, die Putin-Vertraute kam zu sagenhaftem Reichtum.
Foto: Imago / Vladimir Smirnov

Eine Luxuswohnung in Monaco zum Kaufpreis von 3,6 Millionen Euro ist selbst mit Swimmingpool finanziell kein Highlight der Pandora Papers. Trotzdem ist die über Offshore-Firmen gehaltene Immobilie bemerkenswert. Sie gehört Swetlana Kriwonogich, die Anfang der 2000er-Jahre als Studentin und Putzfrau zu sagenhaftem Reichtum kam, unter anderem als Aktionärin der Großbank Rossija.

Laut dem (nach der Veröffentlichung in Russland verbotenen) Internetmedium Projekt verdankt sie ihr Vermögen einer Affäre mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Putin wiederum ruft seit Jahren russische Geschäftsleute dazu auf, Steueroasen zu meiden. Umso pikanter, dass in seinem Umfeld so viele Offshores auftauchen. (ab)

Abdullah II., König von Jordanien.
Foto: AFP / Ahmad Al-Rubaye

Der Hof in Amman drehte am Montag nach Bekanntwerden der durch Briefkastenfirmen erworbenen Immobilien von König Abdullah II. den Spieß um: Deren Adressen zu veröffentlichen sei "eine Bedrohung der Sicherheit Seiner Majestät und dessen Familie". Die Geheimhaltung sei nur Sicherheitsbedenken geschuldet gewesen. Dass der König Liegenschaften besitze, die er für sich, seine Familie und hohe Gäste benütze, sei jedoch bekannt und weder unüblich noch unangemessen.

Laut Pandora Papers hat Abdullah bin al-Hussein zwischen 1995 – das wäre noch vor der Zeit seiner Thronübernahme 1999 – und 2017 34 Briefkastenfirmen gründen und damit 14 Immobilien vor allem in den USA und Großbritannien erwerben lassen, Wert 106 Millionen US-Dollar. Nun ist das im Vergleich mit dem Vermögen, über das arabische Golfpotentaten verfügen, sehr bescheiden, der König hat keine Steuern unterschlagen – er zahlt keine – und nichts Rechtswidriges gemacht. Aber Jordanien ist ein armes Land, und Abdullah hat Loyalitätsprobleme bei manchen jordanischen Stämmen, die auch den Lebensstil der Königsfamilie kritisieren. (guha, 4.10.2021)