Eine Szene einer antifaschistischen Demonstration vergangenes Wochenende: Eine Person ist dabei, sich von einer tumultartigen Situation zu entfernen. Mehrere Polizisten gehen hinter ihr, plötzlich schlägt ein Beamter mit seinem Schlagstock mehrmals gezielt auf den Rücken des Demonstranten oder der Demonstrantin. Man sieht bei der auf Video festgehaltenen Szene zwar nicht, was zuvor passierte. Aber es ist schwer vorstellbar, dass es eine solche Gewaltanwendung rechtfertigt. Das sollte Konsequenzen haben.

Polizisten bei einer Demonstration in Wien im April (Symbolfoto).
Foto: imago images/SEPA.Media

Es ist deshalb positiv, dass die Polizei ankündigte, ermitteln zu wollen. Noch wichtiger als die – durchaus notwendige – Aufarbeitung dieses einen Falles wäre jedoch, über die Probleme im System zu diskutieren. Denn dem aktuell vorherrschenden Corpsgeist ist eine offene Fehlerkultur fremd, dadurch wird Widerspruch erschwert. Dabei sollten derartige Vorfälle innerhalb der Polizei mindestens so große Empörung auslösen wie in der Öffentlichkeit.

Ein erster Schritt, um dorthin zu kommen, wäre die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle bei mutmaßlicher Polizeigewalt. Denn es muss betroffenen Beamten vermittelt werden: Ungerechtfertigte Gewalt ist kein Kavaliersdelikt. Und ebenso muss Opfern signalisiert werden, dass ihre Anliegen ernst genommen werden. Die Stelle wurde schon lange angekündigt, aber bisher nicht umgesetzt. Die Konzepte liegen vor. Worauf wartet das Innenministerium? (Vanessa Gaigg, 4.10.2021)