Clemens Pig will "weiterhin der glücklichste Agenturchef Europas sein".

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"Wirtschaftliche Unabhängigkeit stellt letztlich redaktionelle Unabhängigkeit sicher", betonen APA-Geschäftsführer Clemens Pig (links im Bild) und Chefredakteur Johannes Bruckenberger.

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Ausgerechnet jetzt gingen die APA und mit ihr einige Medien dem Satiremedium Tagespresse mit einer falschen Presseinformation über Frank Stronachs angebliche Präsidentschaftskandidatur auf den Leim. Ausgerechnet wenige Tage bevor die österreichische Nachrichtenagentur am Mittwoch ihre ersten 75 Jahre im "Kerngeschäft richtige, glaubwürdige, vertrauenswürdige Information" feiert. "Wir müssen unsere Sicherheitskontrollen weiter verstärken", schließt daraus Johannes Bruckenberger (53), seit 2019 Chefredakteur der APA, für die er seit 1994 arbeitet. Die Standardchecks reichten offenbar nicht mehr aus. "Oberstes Gebot" sei "Richtigkeit vor Schnelligkeit".

Vorstand und Geschäftsführer Clemens Pig (47) managt seit 2016 die Genossenschaft des ORF und der österreichischen Tageszeitungen (mit Ausnahme von "Krone" und "Heute"); sein Vertrag wurde gerade bis 2026 verlängert. Die Agentur setzt neben dem klassischen Nachrichtengeschäft stark auf Technologiedienstleistungen. Sie ist mit 30 Prozent größter Aktionär der Schweizer Agentur Keystone-SDA.

STANDARD: 2020 war für viele Medien ein wirtschaftlich forderndes Jahr. Die APA hat das erste Corona-Jahr wirtschaftlich abgeschlossen, als wenn nichts gewesen wäre.

Pig: Die APA ist schon seit Jahren sehr technologieorientiert und konnte da auf einem sehr guten Boden aufbauen. Wirtschaftlich haben wir antizyklisch agiert, und zu Beginn der Pandemie haben wir noch mehr Geld in die Hand genommen für die digitalen Produkte der APA.

STANDARD: Die APA hat mehr ausgegeben und deshalb gute Ergebnisse eingefahren?

Pig: Wir haben in Produkte investiert. Es gab zum Beispiel einen großen Bedarf an virtuellem Raum für Pressekonferenzen, wir haben das APA-Pressezentrum. Es gab hohen Bedarf an Streaming-Kapazitäten. Da haben wir in die Infrastruktur investiert, und der Markt hat das sehr gut angenommen. Das hat sich ausgezahlt. Wir profitieren von den Rahmenbedingungen der Digitalisierung – mit redaktionellen Dienstleistungen für Portale, technische App-Lösung für Medien, Paywall-Systeme und jetzt das gemeinsame Login für Medien. Die APA war schon vor der Pandemie getrimmt auf Digitalisierung, und die Pandemie hat die Digitalisierung massiv vorangetrieben.

Bruckenberger: Dahinter steht ein Kraftakt. Wirtschaftlich, weil wir schauen mussten, dass wir unsere Kosten in den Griff bekommen. Wirtschaftliche Unabhängigkeit stellt letztlich redaktionelle Unabhängigkeit sicher. Und es war redaktionell ein Kraftakt – die komplette Redaktion aus dem Homeoffice. Umso besser, wenn man das von außen nicht erkannt hat. Und die Redaktion war eine wichtige Säule der Information in dieser Pandemie.

"Unser Kerngeschäft ist seit 75 Jahren richtige, glaubwürdige, vertrauenswürdige Information."

STANDARD: In einer Zeit auch massiver Desinformation.

Bruckenberger: Unser Kerngeschäft ist seit 75 Jahren, richtige, glaubwürdige, vertrauenswürdige Information zu liefern. Das haben wir auch hier in dieser Pandemie erfüllt. Wir hatten da, glaube ich, eine sehr wichtige Rolle für die Medien, aber auch für die Gesellschaft als solche.

STANDARD: Die APA geriet für manche – wie andere Medien, auch aber sie vielleicht noch stärker – in der Pandemie auch unter den Verdacht eines Regierungssprachrohrs.

Bruckenberger: Die Diskussion und Kritik gibt es, ich teile sie logischerweise nicht. Richtig ist: Wir haben ausgewogen über Maßnahmen und den jeweiligen Stand der Debatte berichtet. Wir haben diese Inhalte auch immer gleich hinterfragt, mit Experten geredet, Wissenschaftern. Wir sind eines der wenigen Medien mit einer großen Wissenschaftsredaktion. Wir haben in dieser Zeit auch unsere Faktencheck-Operation gestartet. Zeitlich ein Zufall, aber sicher 50 Prozent unserer Faktenchecks seither haben sich mit dem Thema Corona beschäftigt.

STANDARD: Mit Faktenchecks macht man sich nicht nur Freunde bei jenen, die anderes glauben wollen.

Bruckenberger: Die Gesellschaft teilt sich um so große Themen wie Flüchtlinge oder im letzten Jahr Corona. Das Spektrum bewegt sich nach links und nach rechts. Medien wie die APA, die in der Mitte stehen und bleiben, weil sie objektiv und ausgewogen berichten, werden dann von beiden Extremen kritisiert: Für die einen sind wir linke Gesellen, für die anderen sind wir Sprachrohr der Regierung. In Wirklichkeit machen wir unseren Job, wie wir ihn immer gemacht haben – mit Aufklärung und kritischem Journalismus. Wir können uns nur an unsere Tugenden halten: Abstand halten, nicht vereinnahmen lassen, faktenbasierte Recherchen, unparteiisch Einordnen, Check, Recheck, Doublecheck, das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen und unbotmäßigen Interventionen nicht nachgeben, transparent und angstfrei auch mit eigenen falschen Einschätzungen und Fehlern umgehen.

STANDARD: Und was sind botmäßige Interventionen?

Bruckenberger: Das sind nach meinem Verständnis keine Interventionen. Wenn uns jemand auf einen faktischen Fehler hinweist oder mit uns diskutiert, wie präzise oder unpräzise wir in einer Formulierung waren. Ein wesentliches Element bei uns ist Schnelligkeit. Das kann auch dazu führen, dass man ein bisschen unpräzise in der Formulierung ist. Diese Diskussion würde ich unseren Gegenübern schon zugestehen.

STANDARD: Wann wird es unbotmäßig?

Bruckenberger: Wenn jemand versucht, eine journalistisch zulässige Formulierung oder auch Zuspitzung infrage zu stellen oder uns dazu zu bringen, das zu ändern. Da sagen wir Nein. Das wird nach meiner Erfahrung auch akzeptiert – man einigt sich, unterschiedlicher Meinung zu sein.

"Kurz ruft ab und zu an, jetzt schon lange nicht mehr."

STANDARD: Was war die jüngste unbotmäßige Intervention beim APA-Chefredakteur?

Bruckenberger: Die ist schon so lange her, dass ich mich nicht daran erinnern kann, was es eigentlich war.

STANDARD: Wie oft ruft aus dem Kanzleramt Johannes Frischmann an, Pressesprecher des Kanzlers, oder auch des Kanzlers Medienbeauftragter Gerald Fleischmann?

Bruckenberger: Sehr selten. Die sind im Austausch mit dem Ressort.

STANDARD: Und Kanzler Kurz? Der ruft ja gelegentlich Chefredakteure auch selbst an, um sich zu beklagen.

Bruckenberger: Er ruft ab und zu an, jetzt schon lange nicht mehr. Aber wenn wir zu dem Schluss kommen, dass unsere Schlagzeile journalistisch okay ist, und ich ihm das sage, dann akzeptiert er das auch.

STANDARD: Und ruft dieser Kanzler häufiger an als seine Vorgänger?

Bruckenberger: Ich bin seit 2000 Mitglied der APA-Chefredaktion. Ich habe auch bei meinen Vorgängern mitbekommen, wie das lief. Es ist nicht schlimmer geworden. Es gab immer Interventionsversuche und Nervositäten in Zeiten von Wahlen oder wenn heiklere Themen für die Kanzler in der Luft lagen, ob sie nun schwarz, rot oder türkis waren.

STANDARD: Die Kommunikationsabteilungen, etwa im Kanzleramt, werden immer größer.

Bruckenberger: Politischer Journalismus und politische Kommunikation sind aus der Balance geraten. Die politischen Ressorts sind in den vergangenen Jahren eher kleiner geworden, die Mitarbeiter in der politischen Kommunikation aber weit mehr. Dazu kommt eine Professionalisierung, bekannt als als Message-Control: Inhalte werden total professionell aufbereitet, mit O-Tönen, maßgeschneidert. Es ist eine Herausforderung für den politischen Journalismus, sich davon nicht überrollen zu lassen auf dieser schiefen Ebene, sondern zu hinterfragen.

"Als Politiker kann man damit der Debatte einen gewissen inhaltlichen Spin vorgeben."

STANDARD: Wenn zum Beispiel das Kanzleramt unmittelbar vor dem ORF-"Sommergespräch" die Kernaussagen des Kanzlers an Redaktionen schickt. Wie beurteilt das der Journalist Johannes Bruckenberger?

Bruckenberger: Es ist vielleicht unanständig gegenüber dem ORF, dem man sein Livegespräch abschießt. Es ist zugleich praktisch für die Medien bei einem Abendtermin kurz vor Redaktionsschluss. In dem Fall waren es eher Ansagen über Corona-Maßnahmen. Problematisch wird es, wenn es um faktische Inhalte geht, die man gerne noch überprüfen würde und hinterfragen. Durch diese Professionalisierung hinken wir etwas hinterher. Den Faktencheck gibt es erst einen, zwei Tage hinterher. Als Politiker kann man damit der Debatte einen gewissen inhaltlichen Spin vorgeben.

STANDARD: Befeuert noch durch Twitter und Co.

Bruckenberger: Diese Getriebenheit haben wir auch durch die sozialen Kanäle – dort ist auch alles schnell draußen. Unser Job ist es, schnell zu sein, aber unser Asset heute in dieser wahnsinnig schnellen und unübersichtlichen und von Desinformation geprägten Mediensituation ist es, die Dinge dann richtig zu berichten. Damit sich die Leute verlassen können: Was von diesen Medien kommt, stimmt.

STANDARD: Wenn sich nicht die "Tagespresse" gerade wieder einen Spaß mit einer falschen Presseinfo über Frank Stronachs Präsidentschaftskandidatur macht.

Bruckenberger: Unsere Standard-Recheck-Prozeduren greifen in einem zunehmend professionalisierten Falschinformationsbusiness zum Teil zu kurz – auch wenn sie unter früheren, anderen Umständen vielleicht ausreichend gewesen wären. Wir müssen deshalb unsere Sicherheitskontrollen weiter verstärken. Das oberste Gebot muss dabei Richtigkeit vor Schnelligkeit lauten.

STANDARD: Ein durchaus wesentlicher Teil der Menschen scheint nicht sehr an überprüften Fakten interessiert – eher schon an Bestätigung für das eigene Weltbild.

Pig: Es gibt Menschen, die sich von traditionellen Systemen wie Medien, wie Wissenschaft, auch wie Parteien nicht mehr angesprochen fühlen. Es braucht, aus der Sicht der Medien, viel Vertrauensarbeit, Faktenchecks, verifizierten, seriösen Journalismus, Einordnung und nicht rein klickbasierter Headline-Journalismus. Die APA erfüllt da eine ganz entscheidende Rolle als Kitt für die Gesellschaft. Unsere Redaktion hat in der Corona-Zeit Nachrichten in einfacher Sprache gleich in elf Sprachen angeboten. Das ist eine besondere Verantwortung. Wir reden oft von Public Value privater Medien – das ist einer, oder auch unsere barrierefreien Apps für Medien. Uns erteilt niemand einen öffentlichen Auftrag, uns ersetzt auch niemand die Kosten dafür.

"In Summe passt die Rechtschreibung – nur als Botschaft an die STANDARD-Foren-Poster."

STANDARD: Userinnen und User des STANDARD kritisieren gerne die Verwendung von APA-Meldungen. Hat die APA ein Imageproblem?

Pig: In einer zunehmend digitalisieren Informationswelt finden APA-Meldungen zunächst schnell Eingang in die Onlineberichterstattung. Das ist der Job der Nachrichtenagentur. Rohmaterial, Ausgangsmaterial zu liefern zur weiteren Bearbeitung in den Redaktionen. Wir sorgen für das nachrichtliche Grundrauschen und spielen damit auch Ressourcen in den Redaktionen frei für eigene, spezifische Themen. Als endkonsumentenorientiertes Medium verlasse ich mich doch lieber auf die Nachrichtenagentur als auf andere, möglicherweise nicht ganz so zuverlässige Onlinequellen.

Bruckenberger: Durch die Onlineverfügbarkeit wird auch transparenter, wo überall eine APA-Meldung erscheint. Und unser Hauptfokus liegt auf Online. Wir versuchen, die Medienhäuser in ihren Digital-first-Strategien zu unterstützen mit Livestreams, Liveblogs, möglichst vielen Ready-made-Formaten. Das sind vermutlich dieselben Foren-Poster, die schreiben, die APA strotze vor Rechtschreibfehlern, was genauso falsch ist. Natürlich machen wir auch Fehler. Bei uns arbeiten Menschen. Und wir produzieren jeden Tag 500 Meldungen – im Jahr kommen wir auf 500 Millionen Zeichen. In Summe passt die Rechtschreibung – nur als Botschaft an die STANDARD-Foren-Poster.

STANDARD: Die APA hat im Pandemiefrühjahr 2020 – überraschend für die Belegschaft – Personalabbau angekündigt. Könnte es sein, dass die guten Zahlen auch daran lagen?

Pig: Nein. Im Geschäftsjahr 2020 haben diese sehr schmerzhaften, aber letztlich leider notwendigen Personalmaßnahmen keinen Anteil am guten Ergebnis, im Gegenteil. Das ist immer verbunden mit höherem Aufwand, etwa Abfertigungen. Und der Personalstand der APA-Gruppe ist 2021 schon höher als 2020. Wir haben aber tatsächlich in der Redaktion einige Stellen nicht nachbesetzt und auch aktiv abgebaut.

STANDARD: Wie viele waren das?

Bruckenberger: Im Frühjahr 2020 gingen wir von zehn bis 15 Stellen aus. Wir haben in der Zwischenzeit umgeschichtet und neue Berufsbilder geschaffen im Newsroom, Entwickler und Designer etwa. Nach Vollzeitäquivalenten haben wir jetzt sieben weniger. Wir haben das auch zum Anlass genommen, unsere Workflows effizienter zu machen.

"Das ist eine düstere Perspektive für die Zukunft der Nachrichtenagenturen."

Pig: Es gibt 140 Agenturen weltweit, davon sind nur 20 unabhängig, eine davon ist die APA. Das ist eine düstere Perspektive für die Zukunft der Nachrichtenagenturen. Die neuseeländische Agentur ist eingestellt. Die australische ist auf eine Crowdfunding-Strategie angewiesen. In Europa stehen manche Nachrichtenagenturen, etwa in Slowenien, massiv unter politischem Druck. Die ungarische Agentur agiert inzwischen als Zensurbehörde des gesamten staatlichen Medienssystems. Deshalb betonen wir: Wir müssen all unsere Kosten und Investitionen aus unserem Geschäft finanzieren. Wir bekommen keine Medienförderung. Wir stehen im Eigentum der Medien. Und wir sind die einzige derartige Institution.

STANDARD: Eine Kartellsituation, eigentlich.

Pig und Bruckenberger: Nein, eine unabhängige, privatwirtschaftliche Genossenschaft im Eigentum österreichischer Tageszeitungen und des ORF.

STANDARD: Was ist eigentlich der Vorteil einer Genossenschaft?

Pig: Das ist eine ungemein moderne Unternehmensform, die auf Kooperation setzt. Das ist ein Gemeinschaftsunternehmen von vielen mit dem Ziel, bestimmte Aufgaben über dieses Gemeinschaftsunternehmen abzuwickeln, weil es für den Einzelnen zu aufwendig und zu teuer ist.

STANDARD: Eine Infrastrukturgesellschaft.

Pig: Ja, redaktionell wie heute auch technologisch. Und Genossenschaften sind sehr demokratische Organisationsformen mit dem Prinzip: Jeder hat eine Stimme. Es ist auch eine komplexe Form, aber Demokratie ist immer komplex. Und im Eigentum der Medien sichert Unabhängigkeit.

STANDARD: Wie viel tragen die Genossenschafter zu den Einnahmen der APA bei?

Pig: Das genossenschaftliche Kerngeschäft macht rund zehn Prozent des Gesamtumsatzes aus.

STANDARD: Für den redaktionellen Basisdienst – oder auch für technologische Dienstleistungen?

Pig: Mit einer Reihe von Digitalleistungen ist man bei 20, 25 Prozent des Gesamtumsatzes, den wir mit den Genossenschaftern machen. Wir sind im internationalen Agenturvergleich sehr diversifiziert mit den Geschäftsfeldern Redaktion, Technologie und Informationsmanagement und Technologie auch als Exportgeschäft in die Schweiz und nach Deutschland.

STANDARD: Und wie hoch ist der Anteil staatlicher Stellen am Umsatz – die ja für Aussendungen über OTS, Medienbeobachtung und andere Dienstleistungen zahlen?

Pig: Medien, Politik und Wirtschaft machen jeweils rund ein Drittel des Umsatzes der APA-Gruppe aus.

"Jeder potenzielle Abgang eines Genossenschafters ist schmerzhaft."

STANDARD: Die Zukunft der "Wiener Zeitung" als Tageszeitung ist infrage gestellt, wenn Pflichtveröffentlichungen von Unternehmen wegfallen. Könnte sie weiterhin Genossenschafterin sein? Und wenn nein, wie sehr würde das die APA treffen?

Pig: Jeder potenzielle Abgang eines Kunden, eines Genossenschafters ist schmerzhaft. Es wäre ein Novum, wenn es einen Fortbestand in einer anderen Form gäbe – "Kärntner Tageszeitung", "Salzburger Volkszeitung" und "Wirtschaftsblatt" wurden ja eingestellt. Aber wir hoffen und wünschen uns natürlich, dass wir mit einer stabilen Eigentümerstruktur mit "Wiener Zeitung" in die Zukunft gehen.

STANDARD: Die Beteiligung der APA an der Schweizer Nachrichtenagentur sda – im Zuge der Fusion mit der Bildagentur Keystone, an der die APA beteiligt war, hat mit Restrukturierungsmaßnahmen auch für einige Diskussionen und Verwerfungen dort gesorgt.

Pig: Wenn die bis dahin eigenständige Bildagentur Keystone und die reine Textagentur sda sinnvollerweise zusammengelegt werden, dann gibt es natürlich Synergien, aber auch Verwerfungen. Aber die Gesellschaft ist jetzt sehr stabil positiv auf Vor-Corona-Niveau. Und es ist klar, dass man in der Schweiz genauer hinschaut, wenn der größte Einzelaktionär aus Österreich kommt. Das Thema ist vom Tisch, auch vonseiten der Politik. Die sda bekommt Schweizer Bundesmittel für den dreisprachigen redaktionellen Dienst. Der französischsprachige Dienst wäre aus dem Markt in der Romandie nicht zu finanzieren.

"Wir lehnen staatliche Kontrolle ab."

STANDARD: Wird künftig der österreichische Rechnungshof die APA-Finanzen kontrollieren?

Pig: Teil des neuen Informationsfreiheitsgesetzes ist ein Entwurf, wonach der Rechnungshof auch Unternehmen kontrollieren soll, wo die öffentliche Hand zumindest 25 Prozent hält. Jetzt könnte man diesen Entwurf so interpretieren, dass der Rechnungshof künftig aufgrund der ORF-Beteiligung auch die APA prüfen kann.

STANDARD: Und Sie wehren sich gegen Transparenz?

Bruckenberger: Natürlich nicht gegen Transparenz. Wir lehnen staatliche Kontrolle ab. Wir feiern gerade 75 Jahre Unabhängigkeit. Der Rechnungshof ist eine hehre Institution. Damit haben wir kein Problem. Aber eine Partei mit 25 Abgeordneten im Nationalrat könnte eine Sonderprüfung der APA veranlassen – weil sie die Berichterstattung als unbotmäßig empfunden hat. Wir wehren uns ganz grundsätzlich dagegen, dass wir einer staatlichen Finanzkontrolle unterliegen, weil wir eine unabhängige Nachrichtenagentur sind. Das ist für uns essenziell. Nach all unseren Gesprächen mit der Politik haben wir den Eindruck, dass das gar nicht das Ziel ist – sondern bei der Formulierung übersehen wurde. Wenn wir gerade über staatliche Einschränkung der Medienfreiheit in Ungarn oder Slowenien reden, wäre das kein gutes Signal, die APA unter staatliche Finanzkontrolle zu stellen.

Pig: Wir sind zuversichtlich, dass das so nicht kommt, weil es letztlich vom Gesetzgeber wohl so nicht intendiert war. Als Genossenschaft werden wir doppelt geprüft, von Wirtschaftsprüfern und von der genossenschaftlichen Revision. Und wir bekommen keine staatlichen Förderungen.

"Ich will weiterhin der glücklichste Agenturchef Europas sein."

STANDARD: Was machen Sie in zehn Jahren?

Bruckenberger: Ich bin Journalist, das, was ich immer sein wollte.

Pig: Ich will weiterhin der glücklichste Agenturchef Europas sein.

STANDARD: Keine Ambitionen auf das Management der Tiroler Moser Holding oder des ORF? Wenn die anrufen, Sie sollen Generaldirektor werden, lehnen Sie dankend ab?

Pig: Mein Vertrag als APA-Chef wurde im Frühjahr bis 2026 verlängert.

STANDARD: Perfekt für eine ORF-Bewerbung.

Pig: Wie gesagt, ich bin der glücklichste Agenturchef, weil ich die APA aufgrund ihrer unterschiedlichen Geschäftsfelder für die spannendste Nachrichtenagentur in Europa halte. (Harald Fidler, 6.10.2021)