ÖVP-Politiker Andreas Hanger hat sich auf die WKStA eingeschossen.

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Die ÖVP hat am Dienstag erneut eine Pressekonferenz einberufen, um die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) anzugreifen. Neuigkeiten gab es keine: Andreas Hanger, Fraktionsführer im U-Ausschuss, zählte lediglich bereits mehrfach verbreitete Argumente dafür auf, die ihn eine "politisch motivierte" WKStA erkennen lassen. Hanger präsentierte teils irreführende, teils falsche Informationen und Rückschlüsse.

So warf er der WKStA vor, dass ein "Interesse" bestehen müsse, Akteninhalte an die Öffentlichkeit zu spielen, da sonst Ermittlungen "anders strukturiert" wären. Da die einzelnen Ermittlungsstränge miteinander zusammenhängen, ist das Recht auf Akteneinsicht für alle Beschuldigten gegeben.

Außerdem soll die WKStA "schleißig" gearbeitet haben, weil sie nach dem Eintrag "Kurz" im Terminkalender von Novomatic-Chef Johann Graf davon ausging, dass der Bundeskanzler gemeint sei – es sich aber um Grafs Schwiegertochter Martina Kurz handle. Tatsächlich vermerkte die WKStA sofort, dass auch Martina Kurz gemeint sein könnte.

"Linke Zellen"

Besonders ärgert Hanger, dass gegen den einstigen Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) keine Ermittlungen wegen des Verdachts auf Falschaussage eingeleitet wurden, nachdem er in der Untersuchungskommission zum Krankenhaus Nord zuerst nicht antworten wollte und dann Erinnerungslücken hatte. Hanger sieht darin den Beweis für "zweierlei Maß" in der heimischen Justiz. Auch die eingereichte Anzeige der WKStA gegen Anna Thalhammer, Journalistin der "Presse", nannte Hanger als Beispiel. Diese Aktion war tatsächlich scharf kritisiert worden; Thalhammer stellte am Dienstag jedoch auf Twitter klar, sie fühle sich von Hanger "instrumentalisiert", die Causa sei mit der WKStA geklärt.

Hanger führte weiter aus, dass es in der WKStA "linke Zellen" und ein "parteiisches Ermittlungshandeln" gebe. Die angeblich geplanten Hausdurchsuchungen gegen die ÖVP, von denen die Kanzlerpartei durch Journalistenanfragen erfahren haben will, seien jedenfalls "politisch motiviert". Die ÖVP weiß also nicht, ob Hausdurchsuchungen stattfinden werden und was deren Begründung ist; nennt sie aber vorsorglich "politisch motiviert".

Scharfe Kritik an Hanger

Damit reiht sich Hangers Pressekonferenz in eine lange Liste an Auftritten hochrangiger türkiser Politiker ein, die gegen die Korruptionsstaatsanwaltschaft Stimmung machen. Ähnliche Pressekonferenzen hielten allein seit Jahresbeginn 2021 zum Beispiel die stellvertretende ÖVP-Generalsekretärin Gaby Schwarz, Klubobmann August Wöginger, Verfassungsministerin Karoline Edtstadler oder der Kanzler selbst ab.

Die grüne U-Ausschuss-Fraktionsführerin Nina Tomaselli sprach davon, dass Hanger mit dem Begriff "linke Zellen" eine "Terrorterminologie" verwende; das sei "unwürdig" und "respektlos". Die Neos forderten Justizministerin Alma Zadić (Grüne) zu einer Wortmeldung auf; der niederösterreichische SPÖ-Chef Franz Schnabl forderte den Rücktritt Hangers. Der frühere ÖVP-Justizsprecher Michael Ikrath, jetzt Proponent des Antikorruptionsvolksbegehrens, übte scharfe Kritik an der Bundes-ÖVP. "Diese neuerlichen Attacken auf unabhängige Ermittlungsbehörden der Justiz sind einer Regierungspartei unwürdig und demokratiepolitisch bedenklich", erklärte er in einer Aussendung.

Auch die angegriffenen Staatsanwälte und Staatsanwältinnen meldeten sich am Dienstag zu Wort. Als Staatsanwalt sei man nicht "rechts" oder "links", sondern "ausschließlich dem Recht verpflichtet", schrieb die Staatsanwältevereinigung auf Twitter. Die Aussagen Hangers seien – "strafrechtlich gesprochen – ein 'untauglicher Versuch',(ausschließlich) der StA politische Motivation – und damit nichts anderes als Amtsmissbrauch – zu unterstellen".

Hausdurchsuchung bei Ex-Assistentin von Schmid

Seit Tagen zeigten sich die Türkisen äußerst nervös wegen bevorstehender Ermittlungsschritte, die im Casinos-Akt angedeutet wurden. Erst vergangene Woche warnte die ÖVP in einer skurrilen Pressekonferenz vor einer möglichen Hausdurchsuchung. Am Dienstag schien es so weit gekommen zu sein: Laut einem "Kurier"-Bericht standen die Ermittler vor der Haustür der ehemaligen Assistentin von Thomas Schmid bei der Öbag.

Von der WKStA gab es auf APA-Anfrage weder zu der kolportierten Hausdurchsuchung noch zu Hangers Aussagen eine Stellungnahme. Man könne nichts zu einzelnen Ermittlungsschritten sagen, so ein Sprecher.

Angeblich hätten die Ermittler nach Daten gesucht. Auch das Elternhaus der ehemaligen Mitarbeiterin und Räumlichkeiten der Öbag seien durchsucht worden. Die Betroffene habe ihren Laptop freiwillig übergeben, sie soll sie bereits heute Abend zurückerhalten. In ihrer Aussage bei der WKStA soll die Ex-Assistentin auf die Frage, ob sie noch Daten aus ihrer Zeit im Finanzministerium besitze, gesagt haben, sie wisse es nicht, "glaube es aber nicht". (fsc, red, 5.10.2021)