Das neue Abenteuer von Samus Aran ist mit Sicherheit eines der flottesten und stressreichsten.

Foto: Nintendo, Screenshot

Wenig zugänglich, nur ein Schwierigkeitsgrad und zahlreiche Stressmomente machen Metroid Dread zu keinem Spiel für die Massen. Für die eingeschworene Fangemeinde allerdings ist der neueste Teil ein Fest für fast alle Sinne.

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Irgendwas mit Außerirdischen

Ein Notsignal vom Planeten ZDR ruft die Kopfgeldjägerin Samus Aran auf den Plan. Offenbar sind die bösen X-Parasiten zurück, die unsere Heldin vor 20 Jahren auf dem Game Boy Advance eigentlich vernichtet geglaubt hat. Die Forschungsroboter, auch E.M.M.I.s genannt, die der Gefahr zuerst auf den Grund hätten gehen sollen, sind ebenfalls verschwunden. Viele offene Fragen also, auf die Samus Antworten finden muss.

Erzählt wird die Geschichte in Standbildern und kurzen Sequenzen. Epische Rendersequenzen, wie sie auf anderen Plattformen mittlerweile fast üblich sind, sucht man auch 2021 bei Nintendo vergebens. Macht aber nichts – nach einem kurzen Intermezzo mit einem sogenannten Chozo-Krieger, der Samus bewusstlos schlägt, startet man als Spieler im Inneren des Planeten, um sich von dort zurück an die Oberfläche zu kämpfen. Ab jetzt darf der Spieler in die Geschichte eingreifen und endlich die Vorzüge von Metroid Dread kennenlernen.

Aller Spezialfertigkeiten vergangener Abenteuer beraubt, muss man sich zu Beginn des Spiels noch nicht mit vielen Tasten am Joypad beschäftigen. Springen, schießen, schlagen und rutschen – viel mehr kann die junge Kämpferin zunächst nicht. So erkundet man als Spieler recht zielstrebig die ersten Räume, entledigt sich mit gezielten Schüssen fliegender und krabbelnder Gegner und findet immer wieder kleine Geheimräume oder Abkürzungen.

Wie im Genre üblich, sind viele Wege zunächst nicht zugänglich, weil die dafür nötigen Fähigkeiten beziehungsweise Waffen noch fehlen. Erst im Laufe des Spiels lernt Samus, sich in ihre berühmte Kugelform zu verwandeln, kurze Entfernungen via Flash Shift zu überwinden oder dank hitzeabweisender Ergänzung für ihren Anzug durch hochtemperierte Umgebungen zu laufen. So werden die sieben verfügbaren Abschnitte zwangsweise mehrmals besucht, um ehemals verschlossene Türen zu öffnen und neue Gebiete zu entdecken. Typisch Metroid eben.

Die Kamera zoomt immer wieder ein wenig nach hinten, um gelegentlich mehr Raum für das Bestaunen der Umgebung zu ermöglichen.
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Stresstest

Die eingangs erwähnten E.M.M.I.s sind ein stressiges Highlight des Spiels. In jedem Level findet sich einer von diesen zunächst unzerstörbaren Robotern. Die von ihnen bewachten Abschnitte gilt es mit Vorsicht zu besuchen, eine direkte Konfrontation muss vermieden werden. Erst im späteren Verlauf bekommt Samus für jeden dieser Kampfroboter die passende Waffe spendiert, um sich des überlegenen Widersachers zu entledigen. Bis dahin pocht das Herz bis ins Hirn hoch, wenn ihr von den flinken Killerwesen verfolgt werdet und die Musik passend dazu den Puls nach oben treibt.

An diesen Stellen verbergen sich auch die wiederkehrenden Frustmomente. Gegner, die in engen Gängen auflauern und unzerstörbar sind, führen zwangsläufig zu häufigem Ableben. Wer hier nicht die Nerven bewahrt, sollte die Controller der Switch sicherheitshalber mithilfe der Armschlaufen an die eigenen Hände binden – nicht dass sie sonst durchs Zimmer fliegen. Die Entscheidung, auch 2021 nur einen Schwierigkeitsgrad anzubieten und oftmals den Spieler ein wenig im Dunkeln zu lassen, wie es denn jetzt eigentlich weitergeht, mag nicht jedem zusagen. Dem Verfasser dieser Zeilen hat es in jedem Fall nicht zugesagt und seine Schreie der Wut haben wohl nicht nur Nachbars Katzen erschreckt.

Fairerweise muss man sagen, dass die Explosion der Freude im Gehirn dann umso größer ist, wenn man an einem E.M.M.I. vorbei ist, einen besonders kniffligen Bossgegner niederstrecken konnte oder auch nach langem Herumsuchen endlich den Pfad zum nächsten Abschnitt gefunden hat. Es ist ein Geben und Nehmen, Zuckerbrot und Peitsche, mit dem uns Metroid Dread an der Stange hält. Die unglaublich präzise Steuerung, die wachsenden Möglichkeiten und die Liebe zu abwechslungsreichem Gegnerdesign tragen aber gut über die rund 20 Stunden, die der durchschnittliche Spieler ohne Nervenzusammenbruch für das Spiel benötigen wird. Auch deshalb, weil Rücksetzpunkte fair gesetzt sind und immer wieder Aufladestationen auf euch warten, an denen ihr Munition und/oder Lebensenergie auffrischen könnt.

Ist euch ein E.M.M.I. auf der Spur, heißt es stillhalten oder weglaufen.
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Technisch sauber

Viele Fans hatten sich zum 35-jährigen Jubiläum ein großes 3D-Abenteuer für Samus Aran gewünscht – ein neues Prime, das seit 2007 keine Fortsetzung erfahren hat. Doch auch in 2D macht die Serie erneut eine gute Figur. Mit gelegentlichen Kamerafahrten und Perspektivenwechseln entsteht eine gute Dynamik, die das Spiel nicht zu starr wirken lässt. Stromausfälle, die grauen Abschnitte der E.M.M.I.s und von Lava durchflutete Abschnitte sorgen für unterschiedliche Farbstimmungen. Auch die Länge der einzelnen Levels ist gut gewählt – kaum langweilt man sich ein wenig, darf man etwas Neues erkunden.

Fazit

Selten kann mich ein Spiel dauerhaft motivieren, während es mich gleichzeitig in den Wahnsinn treibt. Ein paar Komfortfeatures hätte ich mir tatsächlich für das neue Metroid Dread gewünscht. Wegweiser etwa, die mich nach 30 Minuten Rumlaufen in die richtige Richtung dirigieren – oder auch ein paar Erklärungen, die mich nicht erst ein paar Mal sterben lassen, bevor ich den Kniff gelernt habe. Auch die Präsentation abseits des Spiels könnte man sicher zeitgemäßer und bombastischer inszenieren, aber manche Dinge sollen wohl einfach nicht sein.

Irgendwie haben es Nintendo und Entwickler Mercury Steam (Metroid: Samus Returns, Castlevania: Lords of Shadow) in jedem Fall hinbekommen, eine gute Balance zu finden, wie man das Spiel als geübter Spieler mit ein wenig Geduld gut meistern kann. Das punktuelle Erweitern des eigenen Repertoires motiviert, und man merkt mit jeder Stunde im Spiel, wie man zu einer besseren Kopfgeldjägerin wird. Auch wenn das Spiel nicht fehlerfrei ist – und stellenweise frustrierend schwer, das Gesamtpaket darf sich ohne falsche Scham zum erlauchten Kreis jener Spiele zählen, die am Ende des Jahres um den Titel "Game of the Year" kämpfen werden. Nicht für jeden Spieler, aber für eine feine, eingeschränkte Zielgruppe ganz sicher.

Das Spiel erscheint am 8. Oktober 2021 für die Nintendo Switch und wird circa 55 Euro kosten.

Disclaimer: Das Spiel wurde uns von Nintendo Österreich zur Verfügung gestellt.

(Alexander Amon, 6.10.2021)