In einer Stierkampfarena in Valencia wurde die Videobotschaft von Kurz vor rund 9.000 Anhängern der spanischen Konservativen ausgestrahlt, aber nicht vollständig.

Foto: EPA / Manuel Bruque

Valencia/Wien – Spaniens konservative Volkspartei (PP) hat am Dienstag den Vorwurf zurückgewiesen, Teile einer Rede, in der sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag auf dem PP-Parteitag in Valencia für eine härtere Gangart in der europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik aussprach, zensiert zu haben. Das vermuteten nämlich einige spanische Medien wie die Zeitung "La Gaceta".

Der ÖVP-Chef hätte am vergangenen Sonntag neben Griechenlands konservativem Regierungschef Kyriakos Mitsotakis eigentlich einer der internationalen Starredner auf dem Parteitag in Valencia sein sollen. Aufgrund der anhaltenden Steuerreformdebatten mit dem grünen Koalitionspartner musste Kurz seine Teilnahme am Kongress der spanischen Schwesterpartei allerdings in letzter Minute absagen.

Videobotschaft von Kurz

Dafür schickte er eine Videobotschaft, um Parteifreund und Oppositionsführer Pablo Casado öffentlich zu unterstützen. Die Rede wurde in der Stierkampfarena der spanischen Mittelmeermetropole vor 9.000 PP-Anhängern ausgestrahlt. Im letzten Teil seiner Rede erklärte Kurz, ihm sei bewusst, dass Spanien besonders unter der Erstaufnahme von Migranten und Flüchtlingen leide und "zu Recht europäische Solidarität erwartet".

Sebastian Kurz (ÖVP) wurde am Parteitag der spanischen Konservativen gefeiert.

"Die Antwort kann nur darin liegen, den gemeinsamen Außengrenzschutz zu verstärken, vermehrt Abkommen mit Transit- und Ursprungsländern abzuschließen und Hilfe vor Ort zu leisten. Danke, lieber Pablo, dass Du ein starker Partner im entschiedenen Kampf gegen Schlepper und illegale Migration bist", erklärte Bundeskanzler Kurz laut im Voraus der APA übermitteltem Redetext. Doch diese Worte wurden in der Stierkampfarena von Valencia nicht mehr abgespielt.

"Technisches Problem"

"La Gaceta" vermutete, die Aussagen seien eventuell nicht mehr übertragen worden, weil die spanische Volkspartei nicht mit dem Inhalt einverstanden war. Die PP setze damit anscheinend ein Zeichen, dass sie die Migrationspolitik der österreichischen Regierung nicht teilt, wie dies andere EU-Partnerländer wie Dänemark, Tschechien, Ungarn oder Polen sehr wohl tun.

Auf Anfrage der APA stellte eine PP-Sprecherin allerdings am Dienstag klar, es habe sich lediglich um ein technisches Problem bei der Übersetzung gehandelt, weshalb man beschloss, den Part über die Migrationspolitik nicht mehr zu übertragen.

Thema Bootsflüchtlinge

Tatsächlich wetterte auch PP-Vorsitzender Casado auf dem Parteitag im Anschluss an die Rede von Kurz gegen die zu laxe Migrations- und Flüchtlingspolitik von Spaniens Regierung unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez. Mit seiner Politik der "offenen Türen" habe Sánchez einen Magneteffekt erzielt.

Konkret sprach Casado das Flüchtlingsrettungsschiff Aquarius an, welchem die spanische Regierung 2018 mit 629 geretteten Flüchtlingen just in Valencia erlaubte anzulegen, nachdem Italien und Malta dem Boot der NGO SOS Méditerranée die Einreise in ihre Länder verweigert hatten. Der "Fall Aquarius" habe die Ankunft von Flüchtlingsbooten in Spanien vervielfacht, beklagte Spaniens konservativer Oppositionsführer.

Tatsächlich nahm die illegale Migration zwischen Jänner und September mit 28.729 Personen um rund 51 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres zu. Dies liegt laut Experten aber vor allem an den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie in den ohnehin schon wirtschaftlich sehr angeschlagenen afrikanischen Herkunftsländern der meisten Flüchtlinge. Spanien ist eines der Hauptziele für Bootsflüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten. Neben den Kanarischen Inseln versuchen viele Flüchtlinge auch über die spanischen Nordafrika-Exklaven Melilla und Ceuta nach Spanien und damit nach Europa zu kommen. (APA, 5.10.2021)