Steht für die Freiheit der Wissenschaft, der Forschung und der Lehre: die Universität Wien.

foto: wiener linien/helmer

Wien – Die wegen des geplanten Auftritts mehrerer Corona-Verharmloserinnen und -Verharmloser umstrittene Ringvorlesung "Corona – eine transdisziplinäre Herausforderung" an der Uni Wien falle unter die Freiheit von Forschung und Lehre. Daran ließ Cornelia Blum, Sprecherin des Rektorats, am Dienstag keinen Zweifel.

Organisation und Vorträge der Veranstaltung würden von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern verschiedenster Universitäten bestritten. Die akademische Arbeit von Personen mit einem solchen Status falle unter die Freiheit der Wissenschaft, sagte Blum – auch wenn es, etwa bei Andreas Sönnichsen, Professor für Public Health an der Med-Uni Wien, berechtigte Kritik an einigen seiner inhaltlichen Positionen zu Corona gebe.

Kein Zusatzbudget

Laut Blum bestreiten alle an der Durchführung der Ringvorlesung beteiligten Personen diese Arbeit auf Basis ihrer universitären Einkünfte. Zusatzbudgets gebe es nicht. Im Dekanat der zuständigen Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät bestätigt man das.

Inhaltlich geprüft würden derlei Veranstaltungspläne nicht. Die Universität Wien distanziert sich auf Twitter "von jeglicher Covid-Verharmlosung" und appelliert an Mitarbeitende und Studierende, sich gegen Covid impfen zu lassen.

Fragwürdige Positionen

Inwiefern derlei Verharmlosung oder Relativierung im Rahmen der Ringvorlesung stattfinden könnte, zeigt ein Blick auf die Homepage keinzustand.at, auf der mehrere der nun an der Univeranstaltung Beteiligten Kritik am politischen und gesellschaftlichen Umgang mit der Corona-Pandemie äußern.

Neben Sönnichsen und der Organisatorin der Ringvorlesung, der Historikerin Andrea Komlosy, sowie dem vortragenden Public-Health-Experten Martin Sprenger äußert sich etwa auch die Historikerin und Lateinamerikanistin Martina Kaller. Sie soll am 18. November über "Wissenschaftstheorie – die Tyrannei der Experten" referieren.

Vergleich mit Malaria

"Mit der hysterischen Ausrufung einer Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation" habe "der Schrecken vom kollektiven Sterben globale Ausmaße angenommen", schreibt sie. Malaria hingegen, "an der weltweit zu allen Zeiten die meisten Menschen starben und sterben", werde von der WHO nicht als Pandemie bezeichnet – "denn es geht bei Corona um eine Krankheit des weißen Mannes"; angesichts der hohen Todesraten durch Covid-19 überall auf der Welt wenig plausibel.

Auch sachlich falsche Positionen von anderen Autoren bleiben auf keinzustand.at unwidersprochen stehen, so etwa zum Thema Covid-Impfung. Da schreibt etwa der Philosoph und Publizist Karl Reitter*, dass sich "die Impfung keineswegs als jene Erlösung erwies, als die sie ursprünglich verkauft wurde". Dass Impfstoffexperten seit eineinhalb Jahren davor warnen, sie als großen Wurf misszuverstehen, der Normalität wie früher ermögliche, ignoriert er.

Booster-Kritik

Auch zieht Reitter in Zweifel, dass es je eine andere Immunisierung gegeben habe, "die trotz doppelter Dosis nach sechs Monaten wiederholt" werden musste. Das entspricht nicht den Tatsachen, zwei oder drei Gaben in zeitlichem Abstand hintereinander sind etwa bei der Zeckenimpfung üblich. Die Grippeimpfung wiederum muss jährlich erfolgen. (Irene Brickner, 5.10.2021)