In der Gemeinde Gampern in Oberösterreich wird eine Forschungsanlage gebaut, die die gesamte Prozesskette rund um die Wasserstoffspeicherung im Untergrund abbildet.

Foto: RAG / Steve Haider

Im Ringen um die Verringerung von CO2-Emissionen gibt es einfach umsetzbare Maßnahmen, die mit gegenwärtiger Technologie realisierbar sind. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint, gehört die Verbannung der fossilen Rohstoffe aus dem Kurzstreckenverkehr, aus der Wohnraumheizung und der Elektrizitätsgewinnung eher zu diesen "low hanging fruits".

Weiter oben hängen die Früchte, bei denen erst neue Technologien entwickelt werden müssen, um bestehende Leistungen aufrechtzuerhalten. Angesprochen sind hier etwa die Zementindustrie, der Flugverkehr oder die Stahlindustrie.

Die Konzepte für die Ökologisierung dieser Bereiche liegen vielfach bereits vor. Mit Instrumenten wie Emissionshandel und CO2-Steuern, die in Österreich und anderen Ländern etabliert werden, soll der Verzicht auf fossile Ressourcen letztendlich auch wirtschaftlich Sinn ergeben.

Doch der Weg in die Praxis ist noch weit. Bis in Österreich etwa die Stahlindustrie – sie gehört zu den größten CO2-Emittenten des Landes – klimaneutral produzieren kann, wird es wohl noch Jahrzehnte dauern. Die Technologien und Strukturen einer klimafreundlicheren Industrie bilden sich immerhin bereits heraus. Sie lassen mittlerweile ein klares Bild entstehen, in welche Richtung es gehen kann.

Unterirdische Speicherung

Im Bereich der Stahlindustrie geben zwei großangelegte Projekte Zeugnis dieser Entwicklungen. Zum einen wird im Rahmen von "Underground Sun Storage 2030" (USS 2030) erforscht, wie man Wasserstoff in großen Mengen unterirdisch speichern kann.

Auf der anderen Seite versuchen die Entwickler in "Carbon Cycle Economy Demonstration" (C-CED) einen Kohlenstoffkreislauf zu etablieren, bei dem in Industrieanlagen abgeschiedenes CO2 gemeinsam mit Wasserstoff wieder in Methan, also Erdgas, verwandelt wird. Beide Projekte werden vom Gasspeicherunternehmen RAG Austria koordiniert und von Klimafonds und Klimaschutzministerium unterstützt.

Auch das metallurgische Forschungszentrum K1-MET in Linz ist bei beiden Projekten mit an Bord, um die Technologien auch für die Stahlindustrie nutzbar zu machen. Irmela Kofler arbeitet hier im Forschungsbereich Low Carbon Energy Systems an Prozessen einer ökologischeren Stahlherstellung. Als eine zeitnah praxistaugliche Variante sieht sie die Nutzung von Wasserstoff und Methan in bestehenden Anlagen.

"Die Reduktion von Eisenerz in klassischen Hochöfen ist ein durchoptimierter Prozess, der aber zumindest zum Teil mit Wasserstoff betrieben werden kann", erklärt Kofler. Reduktion bedeutet, dass dem Erz – chemisch betrachtet ist es Eisenoxid – der Sauerstoff entzogen wird. Es wird mittels Koks aufgeschmolzen, das dabei frei werdende Kohlenmonoxid verbindet sich mit dem Sauerstoff des Erzes zu CO2. "Etwa zehn Prozent des Koks können durch Wasserstoff und Methan ersetzt werden, ohne den Betrieb zu beeinträchtigen", sagt Kofler.

Pilotanlage für Zukunftsprojekt

Weiter in der Zukunft liegt die Etablierung einer vollkommen neuen Reduktionsart für den Praxisbetrieb: die sogenannte Wasserstoffplasmaschmelzreaktion. Dabei wird ein Lichtbogen genutzt – ein Prinzip, das an eine Blitzentladung erinnert. Hohe Spannung ionisiert Gas und verwandelt es in Plasma, wodurch es leitfähig wird.

In diesen Lichtbogen wird ein Gemisch aus Wasserstoff und gemahlenem Erz gebracht. Wasserstoff verbindet sich hier gut mit dem Sauerstoff aus dem Erz, das in Reinform zurückbleibt. Das im Rahmen des Projekts "Su Steel" entwickelte Verfahren wird im Moment bei K1-MET in einer kleinformatigen Pilotanlage erprobt und weiterentwickelt.

Eine Umstellung der heimischen Stahlindustrie auf Plasmareduktion würde enorme Mengen an grünen Wasserstoff benötigen. Um ihn zu erzeugen, wären 20 Großwasserkraftwerke nötig, rechnet Kofler vor. Doch auch bereits die Beimengung in Hochöfen benötigt Mengen, die auf absehbare Zeit nicht in Österreich produziert werden können.

Es braucht also entsprechende Importquellen – die RAG-Austria kooperiert etwa mit Partnern in der Ukraine für eine Wasserstoffherstellung aus Wind- und Sonnenstrom. Und es braucht großangelegte Speichermöglichkeiten, die die Produktion mit Sonnenstrom aus dem Sommer für den Winter lagern. Hier kommt nun das USS 2030 ins Spiel.

Erdgaslagerstätten neu nutzen

Im Fokus stehen dabei aufgelassene Erdgaslagerstätten. Sie werden auf ihre Fähigkeit, Wasserstoff aufzunehmen, geprüft. In den nächsten Jahren sollen rund um eine frühere Lagerstätte in Gampern in Oberösterreich Anlagen entstehen, die die gesamte Prozesskette der Herstellung, Speicherung und Aufbereitung des Wasserstoffs zu Forschungszwecken abbilden.

Das Gas wird dabei nach der Entnahme genau analysiert, um Veränderungen, Verunreinigungen oder eine Vermischung mit Erdgasresten festzustellen. "Wir werden einen Teil des entnommenen Wasserstoffs verwenden, um Reduktionsversuche damit zu machen", sagt Kofler. "Im Moment gehen wir aber nicht davon aus, dass eine weitere Aufbereitung des Gases für die Hochofenbeimischung notwendig sein wird."

Solange die Industrie noch CO2 produziert, macht es Sinn, es dem Abgasstrom gleich wieder zu entnehmen. Auch dafür wird – im eben gestarteten Projekt C-CED – eine Pilotanlage etabliert, sagt Kofler. Und auch die aufgelassenen Erdgaslagerstätten spielen wieder eine Rolle.

Das Prinzip hier: Wasserstoff und CO2 werden in den Untergrund gepumpt, wo spezielle Archaebakterien die Bestandteile zu Methan vereinen, das dann wiederum im Erdgasnetz – und als Beimischung im Hochofen – verwendbar wird. Kofler: "Sofern wirtschaftlich darstellbar, könnte der so entstandene Kohlenstoffkreislauf helfen, die CO2-Emissionen der Stahlindustrie wesentlich zu verringern." (Alois Pumhösel, 11.10.2021)