Lange Schlangen und Wahlpannen: In Berlin lief der Superwahlsonntag chaotisch ab.

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Berlin – Der Berliner Senat hat die Wählerinnen und Wähler für organisatorische Probleme bei den Abstimmungen am 26. September um Entschuldigung gebeten. "Ich möchte mich auch namens des Senats offiziell bei allen entschuldigen, die Schwierigkeiten mit der Stimmabgabe hatten", sagte Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) am Dienstag. "Das Wahlrecht, das Bürgerinnen und Bürger haben, ist konstituierend für eine Demokratie." Die Probleme dürften sich nicht wiederholen.

Bei der Wahl zum deutschen Bundestag, zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 26. September hatten sich den ganzen Tag über lange Schlangen vor Wahllokalen gebildet. Zum Teil gaben Wähler noch weit nach offizieller Schließung der Lokale ihre Stimmen ab. Andere verzichteten resignierend darauf.

Stimmzettel an Minderjährige?

Nach dem Wahltag häuften sich zudem Berichte über fehlende oder falsche Stimmzettel, mögliche Auszählungs- und andere Pannen. Kollatz sagte, dass bisher "nicht alles, was öffentlich diskutiert wurde", bestätigt werden könne. Es sei aber zu Vorfällen gekommen, zu denen es nicht hätte kommen sollen. Als Beispiele für bestätigte Vorkommnisse nannte der Senator falsche Wahlzettel in manchen Wahllokalen oder "erhebliche Kommunikationsprobleme" zwischen Wahllokalen und den bezirklichen Wahlvorständen.

Medienberichte, wonach auch 16- und 17-Jährige den Bundestag oder das Abgeordnetenhaus mitgewählt haben könnten, konnte Kollatz nicht bestätigen. Diesen Fragen müsse nachgegangen werden. 16- und 17-Jährige waren für die Bezirksverordnetenversammlungen wahlberechtigt, nicht aber für Bundestag und Abgeordnetenhaus.

Bei den Wahlen in der deutschen Hauptstadt sollen Jugendliche unter 18 Jahren Medienberichten zufolge Stimmzettel für Wahlen erhalten, für die sie noch nicht wahlberechtigt waren. Die "Welt" zitierte drei Jugendliche unter 18 Jahren aus den Bezirken Neukölln und Pankow, die im Wahllokal laut eigenen Angaben nicht nur den Stimmzettel für die Bezirksverordnetenversammlung bekommen hatten.

"Theoretisch möglich"

Im Fall der Bundestagswahl ging der Leiter der Geschäftsstelle der Landeswahlleitung in Berlin, Geert Baasen, am Dienstag davon aus, dass Minderjährige ihre Stimme im Wahllokal nicht ohne weiteres abgeben konnten. Anders als für die anderen beiden Wahlen gab es hier separate Wahlurnen.

Für die anderen Wahlen hält Baasen Stimmabgaben von unter 18-Jährigen "für theoretisch möglich". Auch die Bezirkswahlleiter von Pankow, Christine Ruflett, und Kristian Schiemann, schlossen dies nicht aus. Ruflett geht aber nur von Einzelfällen aus, wenn dies passiert sein sollte, wie sie der dpa sagte. Schiemann betonte in der "Welt", ihm und dem Wahlamt lägen keinerlei derartigen Erkenntnisse vor.

Aufarbeitung mit Externen

Der Senat will Kollatz zufolge bei der Aufarbeitung der Pannen am Wahltag externe Fachleute hinzuziehen. Die Bestandsaufnahme durch die zuständigen Stellen auf Bezirks- und Landesebene ist noch im Gange. Laut Innensenator Andreas Geisel (SPD) haben erst sieben von zwölf Berliner Bezirken ihre Berichte dazu übermittelt.

Landeswahlleiterin Petra Michaelis, die in der Vorwoche ihr Amt zur Verfügung gestellt hatte, wurde am Dienstag vom Senat offiziell abberufen. Wirksam wird das mit Ablauf des 14. Oktober. An dem Tag will der Landeswahlausschuss mit Michaelis das amtliche Endergebnis der Wahl zum Abgeordnetenhaus feststellen.

Michaelis selbst äußerte in einer schriftlichen Erklärung nochmals ihr Bedauern. "Ich muss zur Kenntnis nehmen, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in den ordnungsgemäßen und rechtskonformen Ablauf der Wahlen am 26. September 2021 in Berlin erschüttert ist", heißt es dort. (APA, 5.10.2021)