Grüne und FPD eint der Ärger über CDU-Leaks.

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Berlin – In Deutschland ziehen FDP und Grüne am Mittwoch nach der ersten Runde von Gesprächen zur Bildung einer neuen Bundesregierung interne Zwischenbilanzen. Unterdessen sorgen Indiskretion aus dem schwarz-grünen Treffen für Ärger. Die "Bild"-Zeitung berichtete über Einlassungen der Grünen bei den Themen EU-Finanzen, Migration und Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor. Die Grünen warfen der Union daraufhin einen Bruch der vereinbarten Vertraulichkeit vor.

Weitere Gespräche

Die Grünen wollen am Mittwoch in einer digitalen Sitzung über den Stand der Sondierungen beraten. Auch die FDP kommt am Vormittag zu Gesprächen zusammen. FDP-Generalsekretär Volker Wissing hatte ein Zwischenfazit für die Zeit nach der ersten Gesprächsrunde von Union und Grünen angekündigt, die sich am Dienstag getroffen hatten. Mit dem Treffen endete eine erste Runde von getrennten Sondierungsgesprächen in verschiedenen Konstellationen.

Grüne und FDP haben wiederholt bekräftigt, nach der Bundestagswahl gemeinsam Grundlagen für einen politischen Aufbruch und Veränderungen schaffen zu wollen. Die Grünen streben eine Ampelkoalition mit SPD und FDP an, schließen aber auch ein Jamaika-Bündnis mit Union und FDP nicht aus. Die FDP zeigt sich der Union zugeneigt, hat sich allerdings bisher nicht festgelegt.

Grüne und FDP von CDU "genervt"

Entgeisterung löste am Dienstag eine Indiskretion aus dem schwarz-grünen Treffen aus. "Es gab in den letzten Tagen vier Sondierungsgespräche. Aus zweien liest und hört man nix. Aus zweien werden angebliche Gesprächsinhalte an die Medien durchgestochen. Das fällt auf, liebe Union – und es nervt!", schrieb Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner auf Twitter. Er benutzte nahezu die gleiche Formulierung wie am Montag FDP-Vize Johannes Vogel, der sich nach dem Treffen der Union und der FDP ebenfalls über Indiskretionen beklagt hatte. Auch CDU-Chef Armin Laschet sagte am Dienstagabend auf die Frage, wie er die Indiskretionen finde: "Es nervt."

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) forderte mehr Unterstützung aus den Unionsreihen für Laschet. Mit Blick auf die Gespräche zur Regierungsbildung sagte er am Dienstagabend im ZDF-"Heute-Journal": "Ich würde mir manchmal wünschen, dass er da mehr Unterstützung bekäme." Es sei "nicht sehr hilfreich", wenn "eigene Kollegen einem in den Rücken fallen oder wenn darüber diskutiert wird, wann, wie, wo Armin Laschet seine Aufgaben, seine Ämter abgeben muss." Das störe die Gespräche und erhöhe nicht die Glaubwürdigkeit dessen, der da verhandle.

Befragt zu den Indiskretionen nach den Sondierungsgesprächen, meinte Reul: "Das sagt was aus über die Schwäche oder die Disziplinlosigkeit der anderen." Laschet investiere viele Stunden, weil es ihm um die Sache gehe, während andere "unsolidarisch" unterwegs seien.

Industrieverband für Regierung ohne CDU

Wegen der anhaltenden unionsinternen Querelen plädiert der Industrieverband VDMA für eine SPD-geführte Regierung mit Grünen und FDP. "Inzwischen bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass eine Ampel die bessere Lösung ist", sagte Karl Haeusgen, Unternehmer und Präsident des Verbands Deutscher Maschinenbauer, der "Wirtschaftswoche" vom Montag.

"Die Union hat in einem solchen Umfang verloren, dass die Legitimation für das Kanzleramt und das Führen einer Regierung nicht mehr gegeben ist. Hinzu kommen die vielen Dissonanzen innerhalb der Union vor der Wahl und auch jetzt noch. Das alles legt den Schluss nahe, dass CDU und CSU einmal eine Erfrischungspause in der Opposition brauchen", so der Chef des Industrieverbands.

Er stelle in "vielen Gesprächen mit anderen Unternehmern fest, dass ich mit dieser Haltung nicht allein bin – im Gegenteil", sagte Haeusgen. "Die Wirtschaft ist von der Union enttäuscht." (APA, 6.10.2021)