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Manchmal muss sich David Alaba bei Real Madrid ärgern, trotzdem bereut er den Tapetenwechsel nicht.

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Barcelonas Yusuf Demir hat sehr gerne den Ball am Fuß.

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Normalerweise kehren Fußballer von der österreichischen Nationalmannschaft zu ihren Vereinen zurück, um sich mental zu erholen, in die Erfolgsspur zurückzufinden. Das ist eine leichte, aber doch zulässige Übertreibung. Wie sagte (sang) einst Roberto Blanco? "Ein bisschen Spaß muss sein."

Der 29-jährige David Alaba und der 18-jährige Yusuf Demir sind aus Madrid beziehungsweise Barcelona angereist, für sie gilt eher das Gegenteil. Sie sind gekommen, um Wunden zu lecken, sich aufzubauen. Im Kreise der Teamkollegen. Denn Real kriselt leicht, Barca heftig. Und Wien ist bekanntlich die Weltstadt des Optimismus und der seelischen Erquickung.

Der Wille

Die WM-Qualifikation steht an, am Samstag wird in Torshavn auf den Färöern gekickt, am darauffolgenden Dienstag in Kopenhagen gegen Dänemark. Einmal Favorit, einmal Außenseiter, sofern man der Papierform glauben darf. Sollte es schieflaufen und der verpatzten Quali weitere Tiefpunkte hinzugefügt werden, so schaut es für Alaba und Demir wieder ganz anders aus. Aber das ist ihr Problem.

Am frühen Mittwochnachmittag konnten die beiden getrennt voneinander befragt werden, in Zeiten der Pandemie per Zoom. Es sei schön, beim Team zu sein, sagten sie, die Stimmung sei wie immer gut. Man rechne mit positiven Ergebnissen. Alaba: "Es gibt kein Mentalitätsproblem, der Wille ist da." Und er betonte, dass ein reger Austausch mit Teamchef Franco Foda stattfinde. Die vielen Ausfälle werde man kompensieren.

Keine Reue

Bei Real Madrid tauscht er sich mit Carlo Ancelotti aus. Zuletzt setzte es zwei Niederlagen, trotzdem ist Alaba Tabellenführer. Wobei die eine Niederlage, jene daheim in der Champions League gegen Sheriff Tiraspol aus Moldau (1:2), eine Weltsensation war. Alaba lehnt diese Übertreibung ab: "Ein sehr bitterer Abend." Er selbst bereut den ablösefreien Abgang von Bayern München nicht: "Es ist hier ein anderer Fußball als in München, aber die Qualität ist gleich hoch. Meine Eindrücke sind positiv, neues Land, neue Kultur, neue Sprache." Über Demir sagte er: "Seine Entwicklung passt. Er ist bescheiden, will lernen." Die beiden sitzen einander bei den Mahlzeiten im Teamquartier gegenüber. "Ein Österreicher bei Real, einer bei Barcelona, das hat was."

Was Barcelona nicht hat, ist Geld. Der Schuldenberg hat eine Höhe von mehr als einer Milliarde Euro. Demir konnte von Rapid nur ausgeliehen werden. Trainer Ronald Koeman ist schwer angezählt, im Vergleich zum Niederländer hat Foda einen nahezu sicheren Arbeitsplatz, die Betonung liegt auf nahezu.

Wehmut wegen Messi

Demir erzählte über seine ersten Wochen beim FC Barcelona, es sprudelte aus ihm kein Wasserfall, ein paar Sätze reichten. "Eine andere Welt, eine junge Mannschaft, die aus der Krise kommen wird." Die mediale Kritik gehe an ihm eher spurlos vorbei, ein Segen, dass sein Spanisch und sein Katalanisch (noch) bescheiden sind. "Ich konzentriere mich auf den Fußball. Ich bin am stärksten, wenn ich den Ball am Fuß habe." Wehgetan habe, "dass ich Lionel Messi nie kennengelernt habe". Der Superstar musste aus Kostengründen an Paris abgegeben werden. "Ich hätte gerne von ihm gelernt." Was er an Alaba schätzt? "Extrem hilfsbereit."

Demir hat es bei Barcelona auf vorerst 188 Einsatzminuten gebracht. 31 in der Champions League, 157 in der Liga, aufgeteilt auf vier Matches, in den anderen drei drückte er die Bank. Tor hat er keines erzielt, auch auf eine Vorlage muss er noch warten. Okay, in einem Testspiel hat er genetzt. "Ein emotionaler Höhepunkt."

Situation

Den Vergleich gewinnt Alaba natürlich deutlich. Er ist Stammkraft bei Real, meist im Abwehrzentrum, bisweilen als linker Außenverteidiger. Sein Arbeitsnachweis: 810 Minuten, davon 180 in der Champions League (Maximum!), 630 in der Liga. Ein Spiel verpasste er verletzt. Alaba wurde nie ausgetauscht. Kein Tor, zwei Vorlagen. Alaba muss sich keine Sorgen machen, er hat einen Vertrag bis 2026. Für Demir ist die Situation anders. Sollte Barcelona nicht willens oder in der Lage sein, im Sommer zehn Millionen Euro an Rapid zu überweisen, bleibt immer noch Hütteldorf. "Darüber zerbreche ich mir nicht den Kopf."

Alaba, Demir und Co fliegen bereits am Donnerstag auf die Färöer. Um sich ans raue Klima zu gewöhnen. Ziel ist, gut gelaunt nach Spanien zurückzukehren. Ohne Spaß. (Christian Hackl, 6.10.2021)