Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder hat keine Lust, vor der Tür zu warten, ob die Ampel-Sondierungen vielleicht scheitern. Die Union, sagt er, sei schließlich nicht das "Ersatzrad".

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Olaf Scholz steht am Mittwochnachmittag in der SPD-Zentrale in Berlin und ist sichtlich zufrieden. "Morgen geht’s dann los", sagt er. Er lobt auch noch "die professionelle Art und Weise", in der Grüne und FDP ihre Gespräche geführt haben.

Sonst sagt der SPD-Kanzlerkandidat nicht viel, es weiß ohnehin jeder: Er ist der Etappensieger.

Denn er und seine SPD sind von Grünen und FDP nach einer Reihe von Vorgesprächen zu Ampel-Sondierungen auserkoren worden. Schon am Donnerstag wollen die drei Parteien erstmals in Berlin zusammentreffen.

Leer geht hingegen die Union mit ihrem Kanzlerkandidaten Armin Laschet aus. Der CDU-Chef, der die Bundestagswahl verloren hatte, hat ja gehofft, Grüne und FDP doch auf die Seite der Union ziehen und mit ihnen ein Jamaika-Bündnis schmieden zu können.

Doch Grüne und FDP entschieden sich anders. Am Mittwochvormittag traten zunächst die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck vor die Presse, um über das Ergebnis ihrer Beratungen zu informieren.

Keks noch nicht gegessen

Man habe beschlossen, "dass es sinnvoll ist, jetzt vertieft mit FDP und SPD weiterzusprechen", sagte Baerbock. Bei diesen dreien, so Habeck, seien "die größten inhaltlichen Schnittmengen denkbar".

Doch er warnte auch: "Der Keks ist noch lange nicht gegessen." Viele Dinge seien "noch nicht durchdiskutiert", daher liege auch "keine Komplettabsage an Jamaika" vor. Eine Hintertür zur Union wollte Habeck also offen lassen.

Den Eindruck vermittelte wenig später auch FDP-Chef Christian Lindner. Er lobte sogar, dass es mit der Union die "größten inhaltlichen Überschneidungen" gebe und dass für die FDP Jamaika eine "inhaltlich tragbare" Option sei.

Allerdings sei der Zustand der Union so, dass man lieber mit der SPD sondiere. Parallele Gespräche mit der Union werde es nicht geben.

Auf Twitter war wenig später ein Statement von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zu lesen. Darin hieß es: "Soeben hat der Ampel-Zug den Bahnhof verlassen."

Altmaier hat verstanden

Weiter schrieb Altmaier: "Zum 1. Mal seit 41 J (Schmidt/Genscher) sprechen FDP & SPD (und Grüne) ernsthaft über eine Koalition. CDU/ CSU sind Beobachter. Wir müssen jetzt unsere Hausaufgaben machen und zeigen, dass wir die Lektion vom 26. 9. (nur Zweiter bei der Wahl, Anm.) verstanden haben."

Doch CDU-Chef Armin Laschet wollte Jamaika, das für ihn noch eine Hoffnung auf die Kanzlerschaft bedeutet, nicht aufgeben. Er bedauerte zwar die Entscheidung, betonte aber: "Wir respektieren, dass es jetzt gemeinsame Gespräche zwischen FDP, Grünen und SPD gibt." Aber er sagte auch: "Wir – CDU und CSU – stehen bereit, Gespräche zu führen."

Nur wenige Minuten später äußerte sich CSU-Chef Markus Söder, und bei ihm klang es ganz anders: "Wir haben jetzt Klarheit. Das war de facto heute eine Absage an Jamaika." Überraschend kam die Entscheidung für Söder nicht. Auch er sieht "erhebliche Unterschiede" zwischen CDU/CSU und den Grünen in den Themenbereichen Landwirtschaft, Drogenfreigabe, Zuwanderung und gemeinsame Verschuldung in der EU.

Kein Ersatzrad

Söder glaubt auch nicht, dass Jamaika noch im Spiel ist: "Wir bleiben zwar gesprächsbereit, aber nicht in einer Art Dauerlauerstellung." Denn: Die Union sei "nicht das Ersatzrad". Es sei "sehr wahrscheinlich, dass es eine Regierung ohne die Union geben" werde.

Seiner Ansicht nach wären auch "andere Wege" möglich gewesen. Man hätte parallel die Ampel und Jamaika verhandeln können. Doch daran hätten Grüne und FDP wohl gar nicht gedacht. Daher stehe die Union nun "vor einem völlig neuen Zeitabschnitt", auf den man sich gründlich vorbereiten müsse.

Vollkommen verbarrikadieren will sich Söder aber auch nicht. Wenn die Ampelverhandlungen scheitern, "dann kann es sein, dass wir noch mal neu diskutieren". Aber man werde zunächst nicht vor der Tür sitzen und darauf warten, dass man noch "reingerufen wird". Ein bisschen Bedauern gibt es auch bei ihm: "Wir wollten Jamaika, es wäre eine Chance zur Modernisierung gewesen". (Birgit Baumann aus Berlin, 6.10.2021)