Werner Kogler lädt die Klubobleute zu sich.

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Die Grünen wollen nach Bekanntwerden der neuen Korruptionsermittlungen gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein engstes Umfeld nicht einfach so weitermachen wie bisher. Das stellte der kleine Koalitionspartner in einer Aussendung am Donnerstagvormittag klar. Mit den Ermittlungen sei "eine neue Dimension erreicht", sagt Vizekanzler Werner Kogler. "Der Eindruck ist verheerend, der Sachverhalt muss lückenlos aufgeklärt werden. Das erwarten sich die Menschen in Österreich. Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen."

Die "Handlungsfähigkeit des Bundeskanzlers" sei "vor diesem Hintergrund infrage gestellt", erklärt Kogler. Er und Klubchefin Sigrid Maurer laden deshalb nun die Klubobleute aller Parlamentsparteien zu Gesprächen ein. Auch ein Termin mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen sei vereinbart worden. Die Unterredungen sollen so schnell wie möglich stattfinden, heißt es bei den Grünen. Alle Termine konnten allerdings noch nicht fixiert werden. Donnerstagmittag findet eine sogenannte Präsidiale im Nationalrat statt. Dort soll es um die geplante Sondersitzung zu den ÖVP-Ermittlungen gehen, die Gespräche werden gesondert stattfinden.

Hinter den Kulissen heißt es, dass die Grünen die ÖVP auch auffordern könnten, Kurz auszuwechseln, um damit einen Weiterbestand der Koalition zu ermöglichen. Damit würden sich auch Neuwahlen verhindern lassen, was den Grünen dem Vernehmen nach sehr recht wäre. Bemerkenswertes Detail am Rande: Kurz hatte nach der Veröffentlichung des Ibiza-Videos 2019 auf einen freiwilligen Rücktritt des freiheitlichen Innenministers Herbert Kickl gedrängt. Als dem nicht nachgekommen wurde, implodierte in der Folge die türkis-blaue Regierung.

Verdacht der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Kurz und neun weitere Personen wegen des Verdachts der Untreue, der Bestechung und der Bestechlichkeit. Am Mittwoch haben Hausdurchsuchungen bei einigen engen Mitarbeitern des Kanzlers, in der ÖVP-Zentrale, im Kanzleramt und im Finanzministerium stattgefunden. Es geht um Gefälligkeitsberichterstattung der "Österreich"-Gruppe der Familie Fellner im Austausch für Inserate des Finanzressorts sowie aus Steuergeld finanzierte Umfragen, die nur dem Nutzen des späteren Kanzlers gedient hätten. (Katharina Mittelstaedt, David Krutzler, 7.10.2021)