Den bestehenden Fachmarktzentren der Immofinanz sollen Wohnungen in Holzbauweise übergestülpt werden.

Visualisierung: ZOOM.VP/LichtblauSpindler Architekten

Wohnen boomt, besonders dann, wenn es Leistbarkeit verspricht. Das hat auch die österreichische Immofinanz erkannt, die vor wenigen Wochen ankündigte, ihre eingeschossigen Retail-Parks der Marke "Stop Shop" mit Wohnungen der Marke "Top on Stop" zu überbauen.

Bis zu 12.000 Wohnungen könnten so mittelfristig entstehen – und zwar in modularer, also vorgefertigter Holzbauweise. So sollen auch je nach Standort unterschiedliche Kombinationen – von der Familienwohnung bis zu Wohneinheiten für Pflege – ermöglicht werden. Damit will die Immofinanz für Nachverdichtung sorgen und der in Österreich grassierenden Bodenversiegelung entgegenwirken.

Stadlau oder Simmering

Aktuell gehören der Immofinanz etwa 100 Retail-Parks in zehn Ländern in Zentral- und Osteuropa. In den kommenden Jahren soll das Portfolio auf 140 Objekte wachsen. Das Potenzial für neue Wohnungen sei also groß, hieß es dazu in einer Presseaussendung im August. Gut die Hälfte der bereits bestehenden bzw. künftigen Standorte soll mit leistbaren Mietwohnungen überbaut werden, was einer Wohnfläche von bis zu 600.000 Quadratmetern oder 1200 smarten Wohnungen entspricht.

In Wien ist die Marke "Stop Shop" in Simmering und Stadlau vertreten. An einem der beiden Standorte wird auch das erste Wohnprojekt umgesetzt. Zu Details will man sich derzeit noch nicht äußern, weil man sich in Abstimmung mit Behörden befinde. Man habe in den letzten Wochen aber sehr gutes Feedback zu dem Thema erhalten, besonders von Kapitalmarktseite, heißt es auf Nachfrage.

Projekt Zschokkegasse: 3.000 Voranmeldungen

Neu ist das Konzept freilich nicht. In Wien-Penzing wurde vor einigen Jahren das Auhofcenter mit 71 geförderten Wohnungen überbaut. Aktuell befindet sich in der Zschokkegasse im 22. Bezirk ein entsprechendes Gebäude in Bau. Ursprünglich sollte hier ein eingeschossiger Supermarkt mit Parkplatz entstehen. Stattdessen wird auch im 2015 erstmals angekündigten Projekt auf "Mixed Use" gesetzt: Unten entsteht ein Lidl-Supermarkt, oben 65 geförderte Wohnungen. Bauherr ist der gemeinnützige Bauträger EBG.

Angst vor piepsenden Lastwagen, die einen im Morgengrauen aus dem Schlaf jagen, dürften hier nur die wenigsten haben: Bei 3.000 Voranmeldungen habe man die Anmeldung geschlossen, hieß es im Vorjahr vonseiten der EBG.

Linz: 63 Wohnungen in Holzriegelbauweise

Ein ganz ähnliches Vorhaben verfolgt man aktuell in Linz, wo am Weidingerbach an 63 neuen Wohneinheiten auf dem Dach des Nahversorgungszentrums Auwiesen gebaut wird. Dafür wurde eine Stahlbetonplatte eingezogen, die auf den – für das Bauvorhaben verstärkten – Fundamentsäulen des Einkaufszentrums ruht. Darüber entstehen bis zum kommenden April die Wohnungen in drei Geschoßen in Holzriegelbauweise mit Betonskelett. Der Nahversorger darunter ist trotz Baustelle und Gerüst weiter im Betrieb.

Das Projekt war bereits durch den Linzer Gestaltungsbeirat, als es der gemeinnützige Bauträger GWG vom Eigentümer des Einkaufszentrums, der J. Brandstetter Bauträger Beteiligungen GesmbH, kaufte. Warum die Überbauung der Schuhschachteln inmitten von riesigen Parkplätzen immer noch die Ausnahme ist? Für GWG-Geschäftsführer Nikolaus Stadler liegt das an der Statik. Viele Supermärkte würden auf eine Lebenszeit von nur 15 Jahren geplant und dann erneuert: "Die sind in einer Bauweise errichtet, die die Belastung von oben nicht verträgt." (Franziska Zoidl, 12.10.2021)