Der Wiener Sänger und Songwriter Markus Popp lebt in einer Welt der Perfektion. Sowohl in seiner Wohnung im 16. Bezirk als auch in seinen Bildern bleibt nichts dem Zufall überlassen.

"Für mich war klar: Sobald ich die finanziellen Mittel habe, mag ich von zu Hause ausziehen und endlich für mich selbst sorgen – also selbst einkaufen und selbstständig Wäsche waschen. In gewisser Weise bin ich eh schon seit langer Zeit selbstständig, denn in meinem Elternhaus hatte ich eine Etage ganz für mich allein. Jetzt habe ich eine kleine Wohnung.

Hier muss alles seine Ordnung haben: Markus Popp in seiner Wohnung in Wien-Ottakring.
Foto: Lisi Specht

Offenbar konnte ich das Alleinwohnen kaum mehr erwarten, denn im Oktober 2020 war ich der allererste Mieter hier. Alle anderen zogen erst Wochen nach mir ein. Ich hatte davor 15 Wohnungen besichtigt, die waren alle so lala. Aber als ich dieses futuristische Haus von außen gesehen habe, hatte ich in der Sekunde ein gutes Gefühl im Bauch.

Ich mag die Wohnung sehr. Sie ist zwar klein, hat nur 43 Quadratmeter, entspricht also dem Budget eines Studenten, aber sie ist einfach super geschnitten. Sie hat eine Loggia, viel Tageslicht und eine so gute Raumaufteilung, dass man wirklich an unterschiedlichen Orten lümmeln, lernen, zeichnen, malen und komponieren kann. Und sie hat das gewisse Etwas: Man kommt rein, fühlt sich sofort umarmt und hat so viel Überblick, dass sie eigentlich viel größer wirkt, als sie ist.

Auf dem weißen Fauteuil hat Markus Popp sein erstes Glas Rotwein ausgeschüttet und seinen ersten Song geschrieben.
Fotos: Lisi Specht

Aber natürlich erfordern 43 Quadratmeter eine gewisse Ordnung. Das trifft sich eh gut, denn ich bin von Haus aus ein Strukturjunkie und Ordnungsfreak. Ich hab es gern farblich reduziert, alles hellgrau und dunkelgrau, mit ein paar Holztönen und nur wenigen farbigen Akzenten, was Polster und Stoffe betrifft.

Ich mag es, wenn alles dieselbe Farbe hat – ob das nun Regale, Ordner, Behälter, Pflanzentöpfe oder irgendwelche Dosen und Büchsen sind. Ich kaufe sogar immer die gleichen Etiketten zum Beschriften. Das gibt mir ein Gefühl von Kontrolle. Wenn ich mich nicht so gut strukturieren würde und nicht schon am Montag den Menüplan für die ganze Woche schreiben und einkaufen würde ... Ich glaube, dann würde ich sogar aufs Essen vergessen.

Auch in meiner kreativen Arbeit schätze ich die Übersicht und das Gefühl von Kontrolle. Aber manchmal gehen die Pferde mit einem durch. Früher habe ich auch gerne gezeichnet und gemalt, doch leider bin ich darin noch viel perfektionistischer als im Wohnen und Einrichten. Wenn etwas nicht perfekt ist, dann kommt meine selbstzerstörerische Seite zum Vorschein. In diesem Gefühlschaos und in dieser Unzufriedenheit mit dem Unperfekten habe ich schon so manche Leinwand zerrissen. Ich glaub, das geht über das, was mir guttut, ein bisschen hinaus. Also hab ich damit wieder aufgehört.

In der Musik ist das irgendwie anders. Im Texten und Komponieren meiner Songs und im Planen meiner Lieder und Alben – von der ersten Idee bis zum fertigen CD-Cover – sind die Ansprüche an Perfektion in gewisser Weise differenzierter. Da spüre ich mehr Freiheit und empfinde die kreative Arbeit mehr prozessorientiert und weniger zielgerichtet. Ich glaube, ich bin in der Musik fehlertoleranter und menschlicher mir selbst gegenüber.

Und, weil das auch immer wieder eine Frage ist: Texten und Komponieren tue ich natürlich gern in der Wohnung, mal da, mal dort, aber manchmal gehe ich auch spazieren, am liebsten in die umliegenden Parks oder auf den Friedhof.

Getextet und komponiert wird heute in der ganzen Wohnung, manchmal aber auch auf dem nahegelegenen Friedhof.
Fotos: Lisi Specht

Obwohl ich erst so jung bin, habe ich schon ein Lieblingsmöbel, das mir so richtig ans Herz gewachsen ist. Ich habe seit vielen Jahren einen weißen Fauteuil, auf dem ich mein erstes Glas Rotwein ausgeschüttet, meinen ersten Song geschrieben, mein erstes Buch konzipiert und das erste Mal über Liebe nachgedacht hab.

Ja, das ist ein Fauteuil mit Geschichte, und ich glaube, der wird mich noch länger begleiten. Zum Beispiel, wenn ich eines fernen Tages in ein Fabrikloft in einem Backsteinbau mit riesengroßen Fenstern ziehen werde. Wie und wo, dafür bin ich offen, das ist mir aus heutiger Sicht egal. Aber mehr als 43 Quadratmeter wären dann schon gut." (Protokoll: Wojciech Czaja, 11.10.2021)