Musik für fröhliche Stunden am Pool bietet James Blakes fünftes Album "Friends That Break Your Heart" sicherlich nicht.

Foto: Josh Stadlen

James Blake hat etwas geschafft, das Seltenheitswert hat. Vor zehn Jahren kreierte er auf seinem ersten Album, das seinen Namen trug, einen Sound, dessen Einfluss bis heute in der Popmusik spürbar ist. Gleichzeitig hat es nie jemand geschafft, wie James Blake zu klingen, obwohl es einige versucht haben.

2011 legte der heute 33-jährige Brite also nicht nur einen Longplayer vor, sondern bereitete mit seiner Soundwelt, die man auf die fast paradoxe Formel "organisch klingende Digitalität" herunterbrechen kann, einen fruchtbaren Boden. Darauf fußen Werke von Experimentiererinnen wie FKA Twigs ebenso wie jene von Popsuperstars wie Billie Eilish.

James Blake

Blake verquickte R ’n’ B mit dunkler britischer Clubmusik, Kammermusik mit Bass, Trip-Hop mit Klavieretüden, machte das verhasste Autotune, über seinen fragilen, wohlig-zerrissenen Bariton gelegt, cool. Hatte man so schlichtweg noch nie gehört. Heute würde man "so eine Musik" ganz selbstverständlich als "post-genre" bezeichnen.

Blakes Sound war so stilprägend, dass sogar die richtig großen Kaliber wie Beyoncé und Kendrick Lamar dafür Schlange standen.

Männer, die Gefühle zeigen

Für einen Künstler ist mit dieser Art von Macht durch akute Relevanz nicht immer ganz einfach umzugehen. Die Welt dreht sich weiter, und irgendwann muss man von jenen überholt werden, die man gerade noch beeinflusst hat.

Blake nahm das eigentlich immer recht gelassen, veröffentlichte – mit dem heutigen Tag vier – weitere Alben, die mal besser, mal schlechter ausfielen, aber natürlich nie ein Gamechanger wie der erste Longplayer sein konnten.

James Blake

2019 gelang ihm mit Assume Form ein tolles Album, das ihn von einer reflektierten, gelösteren Seite zeigte. Was nämlich vielen Leute zuvor an James Blake missfallen hatte, war seine Inszenierung als Schmerzensmann. 2018 konterte er dem Vorwurf, ein "sad boy" zu sein, damit, dass er die Stigmatisierung von Männern, die ihre Gefühle zeigen, für sehr gefährlich hält.

Nun ist Gefühlezeigen das eine, Selbstmitleid das andere. Der Nervfaktor bei Blake liegt nämlich nicht so sehr darin, dass er sich "verletzlich und offen" zeigt, wie er schrieb, sondern dass er die Schuld für sein Leid immer schön bei jemand anderem sucht.

Auf seinem heute erschienenen Werk Friends That Break Your Heart macht er ehemalige Freunde als die Wurzel seines Übels aus. Ihnen begegnet er mit bitteren Zeilen wie "Say what you will / you’re gonna do it anyway" oder "I was your champion / I did everything your way".

Stilelemente-Mix

Musikalisch geschieht das Jammern bei Blake natürlich auf hohem Niveau. Gerade der Titeltrack Friends That Break Your Heart fügt dem Erfolgsmodell "reduzierte Gitarrenballade" ein paar hübsche melodische Twists hinzu, Life Is Not The Same kann mit früheren große Blake-Refrains (zum Beispiel wie auf Retrograde) mithalten. Auch liebäugelt der Musiker auf Nummern wie Foot Forward oder Frozen wieder mit Hip-Hop-Beats. Gäste wie die R-’n’-B-Göttin SZA oder die noch recht unbekannte Monica Martin tragen solide Performances zu seinem neuen Album bei, das in gewohnter Blake-Manier viele Stilelementen – von der Kirchenorgel bis zur 808 – gekonnt unter einen Hut bringt.

Doch Empathie will sich für den auf Friends That Break Your Heart besungenen Schmerz einfach nicht einstellen. Den haben wir von Blake schon zu oft gehört. (Amira Ben Saoud, 8.10.2021)