Armin Laschet will einer Neuaufstellung der CDU nicht im Wege stehen, wie er betonte.

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Dass Armin Laschet sich nicht mehr lange als CDU-Chef halten würde können – das war in den vergangenen Tagen das Thema Nummer eins in Berlin, natürlich nebst den beginnenden Sondierungen von SPD, Grünen und FDP über eine Ampelkoalition. Diese sollen am Montag fortgesetzt werden.

Am Donnerstagnachmittag verdichteten sich die Hinweise, dass die CDU einen Neuanfang plant. Denn die "Bild"-Zeitung berichtete, die Parteizentrale habe eine Halle auf dem Gelände der Messe Dresden für die Zeit zwischen dem 6. und dem 13. Dezember reserviert. Und was sonst sollte dort stattfinden, wenn nicht ein außerordentlicher Parteitag?

Am frühen Abend berichteten dann viele deutsche Medien übereinstimmend, dass Laschets Rückzug bevorstehe, später trat er selbst vor die Presse und erklärte, man werde gemeinsam mit der Parteibasis einen neuen Vorsitzenden suchen, um so einen Neuanfang zu machen.

Lob für Jamaika

Der Auftritt ließ jedoch viele zunächst ratlos zurück. Denn Laschet sprach im Konrad-Adenauer-Haus erst einmal ziemlich lange darüber, dass Jamaika – also ein Bündnis aus Union, Grünen und FDP – eigentlich die ideale Koalition für Deutschland wäre.

"Wenn es FDP und Grünen um einen Aufbruch mit Ambition geht, ist die SPD der falsche Partner", rügte er die eben angelaufenen Sondierungen von SPD, Grünen und FDP. Es sei daher eine "berechtigte Frage, warum ohne Not in einseitige Sondierungsgespräche gestartet wurde". Die CDU jedenfalls stehe "bis zur letzten Sekunde" für eine Regierungsbildung bereit. Laschet: "Wir von uns schlagen keine Türe zu." Er erwähnte sogar, dass es für die Start-up-Szene in Deutschland besser wäre, wenn Jamaika käme. Und er betonte, dass er nach wie vor Ansprechpartner für Jamaika sei. Allerdings habe er schon klargemacht, dass Jamaika an der Person "nicht scheitern" werde.

Dann kam er auf die CDU und seine eigene Person zu sprechen, allerdings nicht mit jener Direktheit, mit der Rücktritte sonst abzulaufen pflegen.

Das Wort "Rücktritt" oder "Rückzug" fiel nicht. Laschet sagte aber, dass er die Einberufung eines Parteitages vorschlagen werde. Er erklärte: "Die personelle Frage, die dann ansteht, braucht andere Wege, braucht vielleicht unkonventionelle Wege." Er verwies auf Nordrhein-Westfalen, wo er formal immer noch Ministerpräsident ist. Doch er selbst hatte – in der Erwartung, Kanzler zu werden – den nordrhein-westfälischen Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) als neuen Regierungschef des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslandes vorgeschlagen.

Weg des Konsenses

"Wir wollen diesmal einen Weg des Konsenses gehen", sagte er auf die Bundes-CDU bezogen. Den Prozess werde er moderieren. Offenbar will Laschet Kampfabstimmungen wie bei den letzten beiden Wahlen vermeiden. Im Dezember 2018 hatte es eine Kampfabstimmung zwischen Annegret Kramp-Karrenbauer, Jens Spahn und Friedrich Merz gegeben, im Jänner 2021 eine zwischen Laschet, Merz und Norbert Röttgen.

Bei der Wahl war die CDU vom ohnehin schon historisch schlechten Wahlergebnis von 2017 (32,9 Prozent) noch einmal abgesackt und bei 24,1 Prozent gelandet.

Noch bitterer für sie: Sie lag damit nur noch auf Platz zwei, die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz war im Laufe des Sommers an der Union und Laschet vorbeigezogen.

Während schon in der Wahlnacht erste Stimmen laut wurden, dass man wohl jetzt die Regierungsbildung Scholz überlassen müsse, wollte Laschet davon zunächst nichts wissen. Sein Credo: Kanzler wird nicht der Stimmenstärkste, sondern wer eine Koalition mitbringt. Laschet spekulierte auf ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP.

Doch die beiden kleineren Parteien wollten sich doch nicht an den Wahlverlierer ketten – sie entschieden sich zu Sondierungen bezüglich einer Ampelkoalition mit den Sozialdemokraten, auch mit dem Hinweis, dass die Union in so schlechter Verfassung sei. Zwar betonten sowohl FDP als auch Grüne, dass Jamaika damit nicht ganz aus dem Spiel sei. Aber zunächst wollten sie nicht mit SPD und Union gleichzeitig verhandeln, sondern nur mit den Sozialdemokraten allein.

Söders Querschuss

Laschet betonte sofort, CDU und CSU seien dennoch weiter gesprächsbereit. Doch diese Bereitschaft wurde vom bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder torpediert. Er erklärte, die Entscheidung von FDP und Grünen sei eine "De-facto-Absage an Jamaika". Nun sei die Ampel "die klare Nummer eins". Er betonte auch, dass die Union nicht in "Dauerlauerstellung" bleibe und vor der Tür darauf warte, ob sie auch zu Verhandlungen gebeten werde.

Friedrich Merz, der schon vor einigen Tagen erklärt hatte, er würde im Notfall als Kandidat für den CDU-Vorsitz bereitstehen, twitterte am Abend: "Armin #Laschet macht heute den Weg frei für den Neuanfang der #CDU. Dafür verdient er Respekt, Dank und große Anerkennung. Ich werde mich nach Kräften daran beteiligen, dafür einen einvernehmlichen Weg zu finden, der auch die Zustimmung unserer Mitglieder findet." (Birgit Baumann aus Berlin, 7.10.2021)