Unter den Demonstranten brach nach der Gerichtsentscheidung Jubel aus.

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Washington – Nach der Aussetzung des sehr restriktiven Abtreibungsverbots in Texas nehmen erste Kliniken wieder Abtreibungen nach der sechsten Schwangerschaftswoche vor. Das Gesundheitszentrum , zu dem vier Abtreibungskliniken gehören, erklärte am Donnerstag auf Twitter, in Einklang mit der Entscheidung eines Bundesrichters entsprechende Behandlungen wieder anzubieten. "Dieses Verbot hat den Texanerinnen geschadet, und jetzt können wir ihnen helfen."

Texas mit Gerichtsentscheidung "nicht einverstanden"

Durch das restriktive Abtreibungsgesetz hätten viele Patientinnen nur zwei Möglichkeiten gehabt, erklärte das Gesundheitszentrum: "Eine Schwangerschaft gegen ihren Willen auszutragen oder außerhalb des Bundesstaates zu reisen, um eine Behandlung vorzunehmen."

Unterdessen teilte der Bundesstaat Texas mit, Berufung gegen die Aussetzung einzulegen. "Wir sind mit der Entscheidung des Gerichts nicht einverstanden und haben bereits Schritte eingeleitet, um sofort Berufung einzulegen", sagte der republikanische Generalstaatsanwalt Ken Paxton am Donnerstag.

Am Vortag hatte ein US-Bundesrichter das seit 1. September gültige und hochumstrittene Gesetz vorläufig ausgesetzt. Robert Pitman hatte mit seiner Entscheidung einer Klage der Regierung von Präsident Joe Biden stattgegeben. Diese hält das Gesetz für verfassungswidrig.

Das strengste Abtreibungsgesetz der USA verbietet Schwangerschaftsabbrüche ab dem Zeitpunkt, zu dem der Herzschlag des Fötus festgestellt werden kann, also etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche. Viele Frauen wissen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, dass sie schwanger sind. Selbst im Fall einer Vergewaltigung oder bei Inzest sieht das texanische Gesetz keine Ausnahmen vor.

Spitzelsystem aufgebaut

Für Empörung sorgt auch, dass nicht die texanischen Behörden die neuen Regelungen durchsetzen sollen, sondern Privatleute. Bürger werden ermutigt Menschen anzuschwärzen, die sie verdächtigen, Frauen bei einer Abtreibung nach der sechsten Woche geholfen zu haben. Neben Abtreibungskliniken und deren Mitarbeitern könnte dies auch Verwandte oder einen Taxi-Fahrer treffen, der eine Schwangere zur Klinik gebracht hat. Die Hinweisgeber erhalten im Falle einer Verurteilung 10.000 Dollar.

Der Supreme Court hatte 1973 in seinem Grundsatzurteil "Roe v. Wade" das Recht von Frauen auf eine Abtreibung verankert. Abtreibungsgegner hoffen, dass dieses Urteil gekippt werden könnte, nachdem Bidens Amtsvorgänger Donald Trump drei neue Verfassungsrichter ernannt und das Gericht damit weiter nach rechts gerückt hat.

Einen Eilantrag von Bidens Regierung gegen das texanische Abtreibungsgesetz lehnte der Oberste Gerichtshof Anfang September ab. Der Supreme Court führte dabei allerdings keine inhaltlichen, sondern lediglich verfahrensrechtliche Gründe an. (APA, 8.10.2021)