Frankreich obenauf.

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Mailand – Dank der furiosen Aufholjagd gegen Belgien gehen Frankreichs Fußballer euphorisiert ins Nations-League-Finale am Sonntag (20.45 Uhr/live ORF 1) in Mailand gegen Spanien. 101 Tage nach der EM-Elfer-Schmach gegen die Schweiz meldete sich der Weltmeister beeindruckend zurück und will nun – so wie die Spanier – die EM-Enttäuschung vergessen machen. Das Endspiel des zu Beginn belächelten Bewerbs verspricht bei seiner zweiten Auflage jedenfalls berauschenden Fußball.

"Ein Comeback, das bleiben wird, und ein Platz im Finale. Tolle Arbeit vom ganzen Team. Bis Sonntag", schrieb Frankreichs Superstar Kylian Mbappe nach dem 3:2 im Halbfinale gegen Belgien am Donnerstag in den sozialen Medien. "Das ist der Fußball, den wir lieben", sagte wiederum Trainer Didier Deschamps nach der verrückten Partie, in der sein Team nach 0:2-Pausenrückstand noch gewonnen hatte. "Wenn du auf der guten Seite des Wahnsinns bist, ist es großartig. Im Sommer waren wir auf der schlechten Seite." Im EM-Achtelfinale hatte sein Team gegen die Schweiz bis zur 81. Minute 3:1 geführt und war dann noch ausgeschieden.

"Größte Rivalität unter europäischen Nachbarn"

Nun aber hat Frankreich wieder ein Finale, das u.a. von der "größten Rivalität unter europäischen Nachbarn" lebt, wie Spaniens Sportblatt "As" befand. Zu verdanken ist das nicht zuletzt dem superben Offensivtrio Mbappe, Karim Benzema und Antoine Griezmann. Aber auch Deschamps Umstellung auf ein 3-4-3-System mit den Flügelspielern Benjamin Pavard und Theo Hernandez erwies sich gegen Belgien als schlagkräftige Variante.

Dass der manchmal gescholtene und vor allem bei der EM im Sommer enttäuschende PSG-Profi Mbappe eine besondere Rolle spielen würde, hatte Deschamps geahnt. "Seit er diese Woche angekommen ist, habe ich es gespürt in seiner Einstellung und seinem Handeln, dass das ein Spiel für ihn wird", erzählte der 52-Jährige. "Gut für ihn und gut für uns." Gegen die Spanier, die am Mittwoch Europameister Italien 2:1 besiegt hatten, sei ein hartes Spiel zu erwarten. "Sie waren stark, haben Italien zum Verteidigen gezwungen. Sie können ihre Gegner immer mit viel Ballbesitz müde machen", betonte Deschamps.

"Dieses Team wird zurückkommen", hatte Spaniens Mittelfeldstratege Sergio Busquets nach dem EM-Halbfinal-Aus gegen Italien im Elferschießen prophezeit. Und er sollte recht behalten. Das Endspiel ist das erste für die Spanier seit dem EM-Finale 2012 – und das erste unter Trainer Luis Enrique. Er verhalf gegen Italien im Mittelfeld dem erst 17-jährigen Gavi zum Debüt, in der Absenz der verletzten Stürmer Alvaro Morata und Gerard Moreno agierte Ferran Torres mit beiden Treffern als perfekter "Einspringer".

"Frankreich hat großartige Spieler"

Als der ManCity-Akteur zu Beginn der zweiten Hälfte sicherheitshalber vom Platz ging, wusste der 18-jährige Ersatzmann Yeremi Pino – auch er ein Debütant – zu überzeugen. Torres wird am Sonntag aber wieder in der Startelf stehen, ebenso wie der zweifache Assistgeber Mikel Oyarzabal. "Frankreich hat großartige Spieler, deren Qualität wir kennen. Wir haben Respekt, aber keine Angst", erklärte der Mann von Real Sociedad.

Bereits am Sonntagnachmittag (15.00/live ORF 1) stehen sich im Kampf um den "Trostpreis" in Turin Europameister Italien und Belgien gegenüber – es ist die Neuauflage des EM-Viertelfinales, das 2:1 zugunsten der Azzurri ausging.

Der Schlusstag der Nations League ist zugleich der finale Beweis, dass der bei seiner Einführung zum Teil kritisierte Bewerb durchaus als Erfolg gewertet werden darf. Er kann als sinnvoller Ersatz für die bis dahin durchgeführten Testspiele gesehen werden, der Unterhaltungswert für die Fans ist ebenso wie die Motivation der Spieler ungleich größer. Die Finalspiele dieser Woche unterstrichen das deutlich, der Sonntag wird mit seinen "Krachern" daran nichts ändern. (APA; 8.10.2021)