Schneckenhäuser sind die zentralen Objekte der Klanginstallation "Echo" von Nona Inescu.

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Eine Muschel entführt, ans Ohr gelegt, in eine geheimnisvolle Soundsphäre. Die Vieldeutigkeit des Wahrgenommenen legte einst Mutmaßungen nahe, es würde sich um konservierte Meeressymphonik handeln oder um den gebündelten Sound körperlicher Vorgänge. Fantasievolle Deutungen insinuierten gar, die Schneckenhäuser der Ozeane würden jenen Ursound in sich bewahren, der vor ewigen Zeiten bei der Weltentstehung seine Uraufführung hatte.

Zwar ist die Wahrheit, wie so oft, leider unspektakulär. Auch wenn das "Meeresrauschen" also tatsächlich nur die verdichteten Geräusche der Umgebung sind, besitzen sie doch ein gewisses Etwas. Beim Musikprotokoll ist die These nachzuspüren – die Klanginstallation Echo (mit In-Ear-Kopfhörern und 36 Schneckenhäusern) von Künstlerin Nona Inescu macht es möglich (im Mumuth).

Der Graz-Charakter

Mit seinen über dreißig Ur- und Erstaufführungen hat das ORF-Musikprotokoll in seiner 54. Ausgabe unter dem Motto "nomadic sounds" natürlich noch mehr an besonderen Klangerlebnissen zu bieten. So wird der akustische Graz-Charakter von Natasha Barrett in 3D-Klanglandschaften verwandelt und wird ein Aquarium bei In Faulty Waterwork von Loïc Destremau zum Instrument. Auch wird es die Möglichkeit geben, Klangobjekte auf Rollbrettern liegend zu erkunden, beim Projekt tingles & clicks.

Stichwort besondere Klänge: Aus Prag kommt direkt aus dem Museum ein historisches Stück an, das Sechstelton-Harmonium des Komponisten Alois Hába (1893–1973). Unser konventionelles Tonsystem basiert ja auf zwölf Tönen einer Oktave. Doch gab es schon früh Bemühungen, das System zu erweitern, was Hába in den 1930ern dieses Instrument erfinden ließ.

Tage der Vielfalt

In besagter Sphäre der Mikrotonalität gibt es für Hábas Sechstelton-Stück beim Musikprotokoll denn auch neue Werke u. a. von Georg Friedrich Haas und Klaus Lang. Arash Yazdani und das Ensemble for New Music Tallinn reisen an, um in diese nach wie vor besondere Konzeptwelt einzutauchen.

Diese Musiktage der Vielfalt erleben ihr Finale am Sonntag übrigens auf Ö1 (Kunstradio, 23 Uhr), das sich in fast dreißig Musiksendungen dem Festival widmen wird. Das Foldable Sounds Collective (Daniela Maria Geraci, Lucy Rose Cunningham, Isabelle Pead) verarbeitet Sounds, die in Quarantäneräumen entstanden sind. Projektname "Serviettenfalte". (Ljubiša Tošić, 8.10.2021)