SPÖ: Nummer zwei im Nationalrat will Neuanfang ohne Volkspartei

Pamela Rendi-Wagner will sich noch nicht festlegen.
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Der Ball liege bei den Grünen, da sind sich SPÖ und ÖVP einig. Andernorts wird das runde Leder bei den Roten verortet – nach der ÖVP die stärkste Kraft im Nationalrat. Doch eine Koalition mit FPÖ, Grünen und Neos unter der Führung von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner wird selbst SPÖ-intern angezweifelt. Darum variiert auch die Antwort darauf, was die optimale Lösung der Koalitionskrise für die SPÖ ist, stark. Die einen präferieren eine Zusammenarbeit der Parlamentsparteien ohne ÖVP. Andere liebäugeln mit einer Expertenregierung. Rendi-Wagner selbst spricht lediglich von einem Neuanfang.

Eine rot-blau-grün-pinke Übereinkunft wird aus SPÖ-Perspektive inhaltlich nicht leicht. Mit der FPÖ gibt es quasi kein Zusammenkommen in puncto Corona. Die Neos lehnen rote Anliegen wie eine Vermögenssteuer ab. Und auch zu den Grünen hin gibt es tiefe Gräben: Die Steuerreform plus Klimabonus nannte Wiens Stadtchef Michael Ludwig weder sozial noch ökologisch, auch bei Stadtstraße und Lobautunnel sind die Fronten verhärtet. (Oona Kroisleitner)

FPÖ: Kein fliegender Wechsel zur ÖVP, keine Duldung einer Dreierkoalition

Herbert Kickl will auf Augenhöhe behandelt werden.
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Herbert Kickl sprach sich am Freitag dezidiert gegen eine Expertenregierung aus, er forderte die anderen Parteien zu Gesprächen "auf Augenhöhe" auf. Soll heißen: Die FPÖ will Teil einer zukünftigen Koalition gegen die ÖVP sein. Er gebe sich nicht mit einer "Nebenrolle" zufrieden, die Duldung einer Dreierkoalition aus SPÖ, Grünen und Neos durch die FPÖ komme nicht infrage. Einen fliegenden Wechsel der ÖVP zu den Freiheitlichen schloss der FPÖ-Chef als "undenkbar" aus.

Eine Beteiligung der FPÖ an einer breiten Koalition stellt für die anderen Parteien, insbesondere für die Grünen, aber ein Problem dar. Sebastian Kurz als untragbar zu empfinden und dann mit der FPÖ unter Herbert Kickl zusammenzugehen geht sich argumentativ nicht aus. Auch inhaltlich liegt man weit auseinander: Die FPÖ versteht sich als Autofahrerpartei. Ein großes inhaltliches Streitthema mit allen anderen Parteien wäre Corona. Die FPÖ ist strikt gegen die von der Regierung getroffenen Maßnahmen und steht der Impfung skeptisch gegenüber. (Michael Völker)

Neos: Ökosoziale Steuerreform ließe sich mit Grünen noch erweitern

Beate Meinl-Reisinger will vor allem Kurz weghaben.
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Die Neos haben eine Koalition gegen Sebastian Kurz schon angestrebt, lange bevor die jüngsten Chatnachrichten aufgetaucht sind. Immer wieder nahm Parteichefin Beate Meinl-Reisinger Anläufe, vor allem mit SPÖ und Grünen in Kontakt zu kommen und über eine gemeinsame Regierungsbildung zu sprechen. Mit Kurz sei kein Staat zu machen, argumentierte sie. Aber sowohl SPÖ als auch Grüne ließen sie abblitzen. Jetzt scheint eine Viererkoalition durchaus wahrscheinlich, auch wenn es die Neos als Mehrheitsbeschaffer überhaupt nicht bräuchte.

Inhaltlich schwer tun sich die Neos vor allem mit der FPÖ, aber da geht es ihnen nicht anders als SPÖ oder Grünen. Vor allem in der Asylpolitik gibt es viel Trennendes.

Die aktuelle Steuerreform, die ÖVP und Grüne noch präsentiert haben, bietet für die Neos viele Anknüpfungspunkte. Die CO2-Bepreisung ist den Neos zu niedrig, da finden sie sich wie in anderen Punkten der Ökologisierung schnell mit den Grünen. Weitere Forderungen: kalte Progression abschaffen und Senkung der Lohnnebenkosten. (Michael Völker, 9.10.2021)