Volker Wissing (FDP), Lars Klingbeil (SPD) und Michael Kellner (Grüne) bei einer Pressekonferenz zu Beginn der Sondierungsgespräche.

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Berlin – Die Verhandlungsteams von SPD, Grünen und FDP haben am Montag ihre Gespräche über die Bildung einer gemeinsamen deutschen Regierung fortgesetzt. Die Spitzen der drei Parteien trafen am Morgen in der Berliner Messe ein, wo es bis zum Abend vertiefte Sondierungen ohne weitere öffentliche Erklärungen geben soll. Erklärtes Ziel ist es, zum Ende der Woche eine Zwischenbilanz zu ziehen. Weitere Treffen sind für Dienstag und Freitag angekündigt.

Am Mittwoch und Donnerstag wollen die Generalsekretäre der Parteien in kleiner Runde weiterarbeiten, während SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz zum Treffen der G20-Finanzminister nach Washington reist. Zum Stand der Gespräche haben sich die Vertreter der Parteien bisher nicht im Detail geäußert und wiederholt auf eine vereinbarte Vertraulichkeit verwiesen. Es zeichnet sich aber ab, dass es bei Steuern, Schulden und der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen zu Streit kommen kann. Vor Beginn der Gespräche demonstrierten Klimaschützer am Tagungsort.

Kühnert stichelt gegen CDU/CSU

SPD-Vize Kevin Kühnert rechnet damit, dass sich SPD, Grüne und FDP noch in diesem Jahr auf einen Koalitionsvertrag einigen werden. "Davon gehe ich sehr fest aus", sagte der frühere Juso-Chef am Montag im ARD-"Morgenmagazin". "Die Gespräche haben jetzt gut begonnen, sehr vertrauensvoll. Es dringt nichts nach außen. Das ist eine wichtige Grundlage, damit es zackig geht." Nun gehe es in vertiefte Sondierungen, dann hoffentlich in Koalitionsgespräche. Er hoffe, dass man dann bald auch auf der Zielgeraden sein werde.

Kevin Kühnert ist stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD.
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Kühnert versicherte, die Aussicht, dass die FDP künftig in vielen Fragen mitbestimmen könnte, sorge bei ihm nicht für Frust: "Wir haben jetzt acht Jahre mit CDU/CSU zusammen regiert. Also die Vorstellung, dass wir bald eine Regierung ohne Andy Scheuer oder Julia Klöckner haben, die lässt erst mal einen gewissen Vorschuss an Freude bei mir aufkommen, den mir auch Christian Lindner jetzt nicht madig machen kann", sagte er auf eine entsprechende Frage. "Ich hoffe nur, das ist andersrum genauso der Fall."

FDP zeigt sich optimistisch

Vor der Fortsetzung der Sondierungsgespräche von SPD, Grünen und FDP bekräftigten die Liberalen ihre grundsätzlichen Positionen. "Die roten Linien der FDP sind bekannt: keine Steuererhöhungen und keine Aufweichung der Schuldenbremse unseres Grundgesetzes", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, dem "Spiegel".

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, sieht trotz "Reibungsflächen" zwischen den Parteien auch Chancen.
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Dennoch zeigte er sich optimistisch, was die Chancen einer Regierungskoalition mit SPD und Grünen angeht. Es gebe zwar noch "andere Reibungsflächen", aber alle drei Parteien seien ambitioniert. "Ob hier Reibungsenergie für einen Impuls nach vorne entsteht, müssen die Gespräche zeigen. Bislang verlief alles sehr ernsthaft und professionell. Allen Beteiligten ist klar: Es geht um unser Land", so Buschmann.

Laschet berät über Neuerungen

CDU-Chef Armin Laschet will unterdessen der Parteispitze am Montag seine Pläne zur personellen und inhaltlichen Erneuerung nach dem historischen Desaster bei der Bundestagswahl präsentieren. Der Unionskanzlerkandidat hatte am Donnerstag angekündigt, er wolle den Erneuerungsprozess moderieren und den Gremien zur Neuaufstellung einen Parteitag vorschlagen. Laschet hatte dabei eigene Ambitionen bei einer personellen Neuaufstellung zurückgestellt.

Armin Laschet hat noch keinen Termin für einen Rücktritt von der Parteispitze genannt.
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Das gilt auch für mögliche weitere Verhandlungen mit Grünen und FDP über ein Jamaika-Bündnis. Zunächst kommt in Berlin um 9 Uhr die engste Führung um Laschet zusammen, das Präsidium. Von 11 Uhr an trifft sich der größere Bundesvorstand. Einen Termin für einen Rückzug von der Parteispitze nannte er aber nicht. Laschet dürfte darauf hoffen, dass doch noch eine Machtoption besteht, falls sich SPD, Grünen und FDP bei den Verhandlungen über eine Ampelregierung zerstreiten.

Mögliche Laschet-Nachfolger

In der CDU war zuletzt strittig, wie groß die Rolle sein soll, die die Parteibasis bei dem anstehenden Generationenwechsel spielt. Mehrere Spitzenpolitiker forderten eine Mitgliederbefragung zum künftigen Parteivorsitz. Eine solche Befragung ist laut CDU-Statut möglich, sie hat für den entscheidenden Parteitag allerdings keine bindende Wirkung. Andere führende CDU-Politiker halten eine solche Befragung für problematisch, da sie bei einem unklaren Ergebnis Anlass für weitere Spaltung sein könnte.

Als mögliche Kandidaten für Laschets Nachfolge im Amt des Parteichefs gelten unter anderen Gesundheitsminister Jens Spahn, der Außenexperte Norbert Röttgen, Wirtschaftsexperte Friedrich Merz oder Fraktionschef Ralph Brinkhaus. Auch die Namen der drei Ministerpräsidenten Daniel Günther (Schleswig-Holstein), Tobias Hans (Saarland) und Michael Kretschmer (Sachsen) werden genannt, wenn es um junge Hoffnungsträger der Partei geht. Günther und Hans stehen im kommenden Jahr allerdings vor nicht einfachen Landtagswahlen. Kretschmer müsse sich vor allem um den politischen Kampf gegen die Rechtspopulisten von der AfD kümmern, die bei der Bundestagswahl in Sachsen besonders stark geworden waren, heißt es in der CDU. (APA, 11.10.2021)