Wolfgang Fellner wertete seine Befragung im eigenen Verfahren gegen Raphaela Scharf als Verzögerungstaktik.

Foto: APA / HERBERT NEUBAUER

Medienmanager Fellner und Anwalt Rami begrüßten einander fast herzlich. Im Gerichtssaal war die Stimmung allerdings rau, zum Abschied sagte Rami: "Wir sehen uns vor Gericht."

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Medienmacher Wolfgang Fellner kämpft derzeit an vielen Fronten. Neben seiner Klage gegen die Republik, deren Ankläger ihn in der ÖVP-Inseratenaffäre als Beschuldigten führen, geht er auch gegen seine Ex-Mitarbeiterin Raphaela Scharf vor. Fellner will, dass Scharf die Behauptung unterlässt, er habe sie bei einem Fotoshooting begrapscht. Scharf wiederum klagt in einem anderen Verfahren gegen ihre Entlassung, da sie ihr Ex-Chef sexuell belästigt haben soll. Am Montag endete das Unterlassungsverfahren vor dem Wiener Arbeits- und Sozialgericht, das Urteil ergeht schriftlich.

Fellner wurde ein letztes Mal in diesem Verfahren einvernommen, rund zwei Stunden lang. Die Einvernahme verlief teils hitzig, Fellner unterbrach Scharfs Anwalt Michael Rami mehrmals und warf ihm "Manipulation" durch seine Fragen vor. Als Rami etwa wissen wollte, warum sich manche Behauptungen in Artikeln über das laufende Verfahren aus Fellners Zeitungen mit den Gerichtsdokumenten widersprechen, pochte Fellner auf das Redaktionsgeheimnis. Es sei zwar "wunderschön, dass Sie meine ganze Zeitung vorlesen", aber als Anwalt der "Kronen Zeitung" sei Rami das Redaktionsgeheimnis wohl ein Begriff. Er will die zahlreichen Artikel jedenfalls nicht verfasst haben.

Am Rande der Gerichtsverhandlung musste sich Fellner auch Fragen zur Trennung zwischen Verlag und Redaktion in der Mediengruppe Österreich gefallen lassen. Dass der in der ÖVP-Inseratenaffäre beschuldigte Ex-Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, einem Pressemitarbeiter schrieb, Wolfgang Fellner sei für den "Content" und dessen Bruder Helmuth für die "Kohle" zuständig, könne er sich nicht erklären. Er habe mit Schmid einen "nahezu Nullkontakt" gehabt. Es lese seine Zeitung jedenfalls nicht vor Drucklegung, sagte Fellner. Die Brüder werden als Beschuldigte in der Inseratenaffäre rund um Sebastian Kurz (ÖVP) geführt. Wolfgang Fellner sagte dazu am Montag, er könne "zu hundert Prozent" ausschließen, dass es manipulierte Umfragen oder wohlwollende Berichterstattung im Gegenzug für Inserate gegeben habe: "Wir sind Opfer und nicht Täter."

Beweisantrag abgelehnt

Die vorsitzende Richterin im Unterlassungsverfahren, Andrea Mayrhofer, sah sich am Montag bemüht, die Verhandlung ehestmöglich zu einem Ende zu bringen. Als Fellner Rami während seiner Einvernahme fragte, wie lange man "das Spiel" noch weiterspielen wolle, wies Mayrhofer daraufhin, dass sie keinen Anlass für Polemik im Gerichtssaal sehe. Rami hatte zuvor einen rund 50 Seiten langen Beweisantrag eingebracht, der vom Gericht abgelehnt wurde. Im Antrag enthalten war eine Liste mit weiteren Zeuginnen, die ebenfalls von Fellner sexuell belästigt worden sein sollen. Laut Rami könnten diese Zeuginnen Fellners Glaubwürdigkeit infrage stellen – in seinen Augen sei das "der Kern" des Verfahrens.

Das Gericht jedoch sah keine Notwendigkeit für weitere Zeuginnen. Rami befragte Fellner zu seinen bereits getätigten Aussagen im Verfahren. So legte Rami etwa Chatnachrichten Fellners an Scharf vor, in denen er sie in sein Haus in Malibu einlud. Als Nebensatz: "Hoffe, du denkst an mich". Auf die Frage, wie diese Nachrichten angesichts seiner Aussage, der Austausch mit Scharf sei hauptsächlich dienstlicher Natur gewesen, zu verstehen seien, antwortete Fellner nicht und verwies auf frühere Aussagen seinerseits im Verfahren.

Fellner bestreitet alle Vorwürfe

In seiner Befragung ortete Fellner den Versuch, das Verfahren nur zu verzögern. "Ich stelle mich schon auf ein Ende 2025 ein", so Fellner. "Sie haben geklagt, und jetzt stört Sie das eigene Verfahren?", fragte Rami ungläubig. Mehrmals betonte Fellner, dass Scharfs Vorwürfe falsch seien. Auch alle anderen Vorwürfe der vier Frauen, die neben Scharf Fellner sexuelle Belästigung oder einen "Poklapser" vorwerfen, seien "falsch" und "konstruiert".

Am Ende der Verhandlung wurde auch Scharf erneut kurz befragt. Sie musste noch einmal darlegen, wie es zu den Tonaufnahmen nach dem mutmaßlichen Grapschvorfall kam. In der Aufnahme ist zu hören, wie Fellner zu Scharf sagt, sie schaue aus wie eine "Nutte". Sie sei damals aus der Moderation geholt worden und noch verkabelt gewesen, so die Beklagte. Ein freier Tontechniker habe ihr im Anschluss einen USB-Stick mit der Tonaufnahme gegeben. Sie selbst habe die Transkription veranlasst. Darin fehlt jedoch der Beginn des Gesprächs, den Scharf nicht bekommen haben soll.

Nach dem Prozess gaben sich beide Parteien zuversichtlich, dass das Gericht für ihre Seite entscheiden werde. Fellner erklärte, dass alle Zeugen ausgesagt hätten, nichts von dem Grapschvorfall gesehen zu haben. Anders war dies in der Vergangenheit in Artikeln seiner Zeitung "Österreich" und auf Oe24.at zu lesen: Dort hieß es, alle Zeugen sagten, es habe nie eine Berührung gegeben. Der Unterschied zwischen "nichts gesehen" und der Versicherung, es habe nie eine Berührung gegeben, mag zwar gering erscheinen, für Anwalt Rami ist er jedoch Grund genug, gegen die Veröffentlichungen vorzugehen.

Fellner muss weitere Gegendarstellung veröffentlichen

Dem STANDARD liegen zwei Urteile des Oberlandesgerichts Wien vor, die Fellner zur Veröffentlichung von zwei weiteren Gegendarstellung verpflichtet. Zwar lehnte das Gericht eine Gegendarstellung zur Berichtigung der Zeugenaussagen aus formalen Gründen ab, gab aber Scharf in den anderen Punkten recht. So muss Fellner drucken, dass seine im Artikel von Ende Mai behauptete Aussage, alle Chefredakteure seines Unternehmens hätten bestätigt, dass es keine Beschwerden wegen sexueller Belästigung gegeben habe, falsch ist. Eine Mitarbeiterin hielt in der von Fellner vorgelegten Stellungnahme fest, dass ihr neben jener Scharfs eine weitere Beschwerde bekannt sei. Außerdem muss Fellner berichtigen, dass nicht alle Chefredakteure der Mediengruppe Österreich diese Erklärung unterschrieben haben.

Fellner sagte im Verfahren am Montag, dass es sich bei den vorgelegten Erklärungen um ein "Missverständnis" handle. Die Chefin aller Beilagenmagazine habe für die fehlenden Chefredakteure in "deren Namen" unterschrieben. Außerdem habe er mit der betroffenen Mitarbeiterin gesprochen, die sich an zwei Beschwerden wegen sexueller Belästigung erinnern konnte. Ihr sei ein "Fehler" unterlaufen, habe sie ihm gesagt.

Im Verfahren betonte Fellner mehrmals, seine Mediengruppe habe alle medienrechtlichen Verfahren, die sich aus der Berichterstattung über die Belästigungscausa ergaben, gewonnen. Tatsächlich konnte aber Scharf bereits zwei Gegendarstellungen nicht rechtskräftig erwirken, zwei weitere Gegendarstellungsbegehren wurden nicht rechtskräftig abgewiesen, DER STANDARD berichtete. In den nun vorliegenden Urteilen des Oberlandesgerichts wurde Scharf teilweise recht gegeben. Eine der beiden Gegendarstellungen hätte laut Rami spätestens am Montag veröffentlicht werden müssen. Da dies nicht geschah, brachte er bereits einen Antrag auf Geldbuße ein. (Laurin Lorenz, 11.10.2021)