Fast jede Person hat mittlerweile Zugang zu einem Smartphone. Viele Menschen haben ihr Mobiltelefon ständig bei sich. Diese Form von Erreichbarkeit und Unmittelbarkeit, die das mit sich bringt, kann man gut oder schlecht finden. Was es jedenfalls bedeutet ist: Bei keinem Streit, bei keiner Auseinandersetzung ist das Telefon mit der integrierten Kamerafunktion weit weg. Gerade bei familiären Auseinandersetzungen, aber nicht nur dort, ist die Verlockung groß, das Handy zu zücken. Man möchte die (mutmaßlichen) Frechheiten des Gegenübers aufzeichnen, ja für die Nachwelt festhalten, weil "das glaubt mir ja sonst niemand". Aber wie sieht das eigentlich rechtlich aus? Darf man alles und jeden filmen?

Eingriff in die Persönlichkeitsrechte

Häufig sind Lebenssachverhalte auch juristisch nicht schwarz oder weiß. Es gibt regelmäßig ein Spannungsverhältnis zwischen den Rechten der Person, die nicht gefilmt oder fotografiert werden möchte, und der Person, die ein Interesse daran hat, eine konkrete Begebenheit aufzunehmen.

Ganz generell muss zwischen dem Anfertigen einer (Video-)Aufnahme und deren Veröffentlichung unterschieden werden. Die Verbreitung von Bildnissen einer Person kann einen Verstoß gegen das Urhebergesetz darstellen. Der Oberste Gerichtshof (OGH) stellte aber auch schon klar, dass nicht nur das Verbreiten von Fotos oder Videos einer Person rechtswidrig sein kann, sondern unter Umständen auch schon das reine Anfertigen als ein unzulässiger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte qualifiziert werden kann. Beispielsweise war es unzulässig, einen Rechtsanwalt "zur Belustigung" zu fotografieren (OGH 27.2.2013, 6 Ob 256/12h).

Das Filmen einer Person ist aber nicht in jedem Fall verboten. Vor kurzem urteilte der OGH, dass Videos zu Beweiszwecken im Einzelfall sehr wohl auch zulässig sein können. Im Zuge der Trennung eines Paares mit einem gemeinsamen Kind attackierte und beschimpfte die Mutter die neue Lebensgefährtin ihres Ex-Partners wüst ("Du depperte Sau, du") und wurde dabei gefilmt. Die Videoaufzeichnungen wurden in der Öffentlichkeit gemacht und die Frau bemerkte schließlich auch, dass sie gefilmt wurde (OGH 20.5.2020, 6 Ob 206/19s). Der OGH führte aus, dass das Video einerseits nur sehr kurz war und zu Beweiszwecken aufgenommen wurde – und andererseits auch geeignet war, um weitere Angriffe der tobenden Frau zu verhindern.

Gelindere Mittel?

Anders wäre die Situation, wenn man aus Angst, der Ehepartner oder die Ehepartnerin könnte es mit der Treue nicht so genau nehmen, eine Kamera im Schlafzimmer installiert und den anderen über mehrere Wochen systematisch und heimlich überwacht. Regelmäßig wird es im familienrechtlichen Kontext bei Videoaufzeichnungen darauf ankommen, ob diese wirklich das gelindere Mittel darstellen, um mögliche Eheverfehlungen aufzudecken. Gerade bei längeren und heimlichen Videoaufnahmen, die den höchstpersönlichen Lebensbereich betreffen, wird das nur sehr selten der Fall sein. Beispielsweise wäre es möglich, einen Detektiv zu beauftragen, um eine etwaige Affäre des anderen Ehepartners oder der Ehepartnerin nachzuweisen – was nach der Rechtsprechung einen weniger schweren Eingriff darstellt.

In diesem Zusammenhang ist allerdings interessant, dass sogar rechtswidrig erlangte Beweismittel möglicherweise in einem Gerichtsverfahren verwendet werden können. Das zuständige Gericht hat die Zulässigkeit des Beweismittels im Einzelfall zu beurteilen. (Rechtlich) Unangenehme Konsequenzen können derartige Aufnahmen aber für die anfertigende oder verbreitende Person dennoch nach sich ziehen.

Auch rechtswidrig erlangte Beweismittel können unter Umständen vor Gericht verwendet werden.
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Die Umstände machen's

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nur weil es mit den aktuell zur Verfügung stehenden technischen Mitteln machbar ist, andere Personen in wenig schmeichelhaften Situationen bildlich festzuhalten, es nicht in jedem Fall und uneingeschränkt zulässig ist. Die Motivation, weshalb man einen anderen Menschen filmt, wird dabei ebenso berücksichtigt wie der Umstand, ob der angestrebte Zweck nicht auch durch einen weniger intensiven Eingriff in die Privatsphäre möglich gewesen wäre. (Theresa Kamp, 12.10.2021)