Kein leichtes Leben als Pionierin der Weltraumforschung: Anita Zieher als Williamina Fleming, die Ende des 19. Jahrhunderts im Harvard-Observatorium Sterne klassifizierte.

Foto: Martin Hickmann

Die Russin Walentina Tereschkowa war 1963 die erste Frau im Weltraum. Im kommunistisch roten Mantel zieht sie zu heroischer Musik würdevoll auf der kleinen Bühne im Theater Drachengasse ein und lässt zwischen Trainingsübungen an ihrem bemerkenswerten Werdegang teilhaben: Als Mädchen wollte sie Lokführerin werden, nach Abendschule und Ausbildung zur Fallschirmspringerin wurde sie dann sogar Kosmonautin. Dass sie selbst einen schweren Berechnungsfehler entdeckt hat, der ihre Rückkehr zur Erde vereitelt hätte, hängte sie nicht an die große Glocke.

Eine bescheidene Heldin von fünfen in dem Stück Sternenfrauen des Porträttheaters, das sich Pionierinnen der Raumfahrt und Astronomie widmet und in dem Anita Zieher eineinhalb Stunden ganz allein auf der Bühne steht. Ihr gelingt das Kunststück, den Abend trotz technischer Details nie trocken werden zu lassen, weil sie den Figuren darstellerisch und mit anekdotischer Her angehensweise Charakter verleiht (Text von Sandra Schüddekopf, Anita Zieher, Regie von Schüddekopf).

Hinter einem kleinen Teleskop hervor stellt Zieher sich etwa als Caroline Herschel vor, die im späten 18. Jahrhundert als Haushaltshilfe ihrem Bruder Wilhelm aus Hannover ins britische Bath folgt, wo sie bald gemeinsam aus Linsen, Spiegeln und Rohren Teleskope bauen, die besser sind als die des Königs.

Billige Arbeitskraft

Wilhelm entdeckt den Uranus, wenn Caroline ihm nicht assistieren muss, betreibt sie selbst Beobachtungen und findet dabei acht Kometen. Auch sie wird später vom König angestellt, nicht zuletzt kommt sie ihm als "astronomische Assistentin" billiger als ein Mann.

Selbst anhand der erfreulichen Ausnahmen zeigt der Abend, gegen welche Widerstände Frauen anzukämpfen hatten. Heutige Astrophysikerinnen und Weltraumarchitektinnen kommen als Kontrast zu den historischen Biografien in Videos zu Wort. Da hört man, dass die Raumfahrt in Zukunft vielleicht den Frauen gehören wird, weil sie die Schwerelosigkeit besser vertrügen, weniger wiegen, essen und atmen sowie auf langen Missionen zudem Reproduktion sichern könnten.

Mit minimalem Aufwand, aber viel Ertrag arbeitet sich der Abend durch die Zeit. Aus einer Kiste schnappt sich Zieher dann und wann Metallstäbe, die sie zur Rakete, zum Satelliten, zum Roboterarm ausklappt (Bühne: Martin Hickmann, Kostüme: Marlene Auer), während sie davon erzählt, dass dessen Konstrukteurin auf ihrem Allflug mit 100 Tampons und der Frage bedacht wurde, ob ihre Gebärmutter das aushalten werde. Diese One-Woman-Show ist nicht nur hochsympathisch und lehrreich, was Astronomie angeht, sondern auch in puncto Vorurteile. (Michael Wurmitzer, 11.10.2021)