Alexander Schallenberg wird heute bei der Sondersitzung im Parlament seine Regierungserklärung als neuer Bundeskanzler abgeben.

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Der Rücktritt von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der Wechsel zum Chef des türkisen Parlamentsklubs haben auch die gemeinsamen Pläne der Opposition zu einem Misstrauensantrag gegen Kurz obsolet gemacht. Dennoch will die SPÖ in der Sondersitzung des Nationalrats heute, Dienstag, einen Misstrauensantrag einbringen – und zwar gegen Finanzminister Gernot Blümel. Die FPÖ will hingegen gleich der gesamten türkis-grünen Regierungsmannschaft das Misstrauen aussprechen. Die Neos setzen auf ein Medientransparenzpaket statt eines neuen Misstrauensantrags.

Die Roten wollen Blümel auch mit einer dringlichen Anfrage konfrontieren. Dazu muss der Finanzminister einen Tag vor der geplanten Budgetrede am Mittwoch Stellung nehmen. Blümel sei "jetzt der oberste Vertreter des System Kurz in der Regierung, der engste politische Vertraute von Kurz", sagte Leichtfried, "und sein Ministerium war auch Schauplatz der mutmaßlichen Korruption". Nach der dringlichen Anfrage an Blümel, die fixiert ist, findet die Debatte statt. Am Sonntag hatte Franz Schnabl, SPÖ-Chef in Niederösterreich, im STANDARD-Gespräch gefordert, dass die Roten einen Misstrauensantrag gegen das gesamte türkise Regierungsteam einbringen sollen. Dieser Vorstoß dürfte parteiintern keine Mehrheit gefunden haben.

Regierungserklärung im Plenum von Neo-Kanzler und Vize

Bereits um 10 Uhr werden der neue Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und der grüne Vizekanzler Werner Kogler eine Regierungserklärung im Nationalrat abgeben, wie die Parlamentsdirektion bekanntgab. In der anschließenden Debatte werde sich auch der neue Außenminister Michael Linhart vorstellen. Darauf hätten sich die Parlamentsparteien verständigt.

Erst danach wird auf den eigentlichen Anlass der Sondersitzung übergeleitet. Die Themen sind laut Parlamentsdirektion "die Hausdurchsuchungen in der ÖVP-Parteizentrale, im Kanzleramt und im Finanzministerium".

Freiheitliche misstrauen gesamter Bundesregierung

Die Freiheitlichen werden einen Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung und nicht nur gegen den türkisen Teil einbringen, kündigte Klubchef Herbert Kickl an. Die Grünen seien laut Kickl in Verantwortung, "weil sie dieses System mit Duldung weiterführen". Das türkise Regierungsteam werde er zudem daran erinnern, dass es – mit Unterschriften unter dementsprechenden Postings auf Social Media – eine ÖVP-Beteiligung in dieser Regierung ausschließlich mit Kurz an der Spitze angekündigt hatte. "Fassungslos" zeigte sich Kickl nach dem ersten Auftritt von Schallenberg. Dieser hatte die im Raum stehenden Vorwürfe gegen Kurz als falsch bezeichnet.

Neos verzichten auf eigenen Misstrauensantrag

Auch Beate Meinl-Reisinger kritisierte Schallenberg. Man dürfe nicht zur Tagesordnung übergehen. "Genau das" habe Schallenberg aber vor. Einen eigenen Misstrauensantrag werden die Pinken nicht einbringen. Laut Meinl-Reisinger werde aber ein Medientransparenzpaket vorgelegt – mit Obergrenze für öffentliche Inserate. Die Presseförderung soll klare Kriterien erhalten und erhöht werden. Auch eine Medienkompetenzstelle wird gefordert.

Neuer U-Ausschuss zu Chats ist einbringungsreif

Mit den Chats rund um den innersten Zirkel von Kurz beschäftigt sich bald auch ein U-Ausschuss. Dieser könnte diese Woche einbringungsreif sein. Mit der Abklärung sei man "politisch fertig", sagte Kai Jan Krainer, SPÖ-Fraktionschef im Ibiza-U-Ausschuss, auf Ö1. Der Ausschuss müsse noch formal-rechtlich abgesichert werden. (David Krutzler, 12.10.2021)