Sebastian Kurz auch noch zujubeln? Die Aufgabe einer Frauenministerin wäre eine ganz andere.

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Eine Frauenministerin steht im Dienste der Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Ein dichtes und qualitativ hochwertiges Netz an Kinderbetreuungseinrichtungen ist dafür das Um und Auf. Das wissen wir seit mindestens fünfzig Jahren, und darauf können sich sogar meist konservative Politiker*innen zumindest einigen. Auch die Industriellenvereinigung fordert gemeinsam mit den Sozialpartnern einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz bereits ab dem ersten Geburtstag des Kindes. WKO-Vizepräsidentin Martha Schultz kritisierte erst kürzlich die niedrige Betreuungsquote bei den unter Dreijährigen, die bei nur 27,6 Prozent liegt.

Doch Sebastian Kurz (ÖVP) opferte auch das seinen egozentrischen Bubenträumen, in denen nichts anderes zu existieren scheint als ein riesiges Ego.

Kurz war sich wahrscheinlich bewusst, dass eine ordentliche Finanzspritze für den Ausbau der Nachmittagsbetreuung bei der Bevölkerung gut ankommt – schlicht, weil sie es braucht. Doch weil es die machtpolitischen Spiele eines jungen Mannes durchkreuzte, sollte das weg. "Gar nicht gut!!!", schrieb Kurz an seinen Chatbusenfreund Thomas Schmid in Zusammenhang mit Verhandlungen des seinerzeitigen ÖVP-Chefs und Vizekanzlers Reinhold Mitterlehner mit dem damaligen Kanzler Christian Kern (SPÖ) rund um eine Lösung für Banken und 1,2 Milliarden Euro für Nachmittagsbetreuung für Kinder. "Wie kannst Du das aufhalten?", so Kurz zu Schmid. Kurz, damals Außenminister, schob auch noch das Angebot nach, ein "Bundesland aufzuhetzen".

Klare Worte von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) nach dem Auftauchen der Chatnachrichten, etwa dass ein solcher Umgang mit einem ihrer zentralen Anliegen – das sollte es nämlich sein – inakzeptabel ist, kamen natürlich nicht. Oder dass sie gerade jetzt alles daransetze, bei der Kinderbetreuung mehr weiterzubringen. Solche Aussagen hat sich von Raab ohnehin keine*r erwartet. Betretenes Schweigen wäre aber das Mindeste gewesen.

Doch nicht einmal das: Sie streut auch noch Rosen. Einem, der ganz dick mit jemandem ist, der von Frauen als "Weibern" spricht, wie es Schmid in einer seiner Chatnachrichten tat.

Susanne Raab zollt Kurz "höchsten Respekt und Anerkennung" dafür, dass er zurückgetreten ist. Dafür, dass er das "Wohl des Landes über seine eigene Person stellt". Das sei "staatspolitische Verantwortung!". Einfach alles ist falsch an diesem Tweet. Ganz besonders, weil er von einer Frauenministerin kommt. Dieselbe Dreistigkeit gegenüber allen Frauen im Land kam übrigens auch von Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), die Susanne Raab während ihrer Babypause als Frauenministerin vertrat.

Eine Frauenministerin müsste unumwunden gegen Männerbündelei, die Abwertung von Frauen und die Tatsache, dass ihre Interessen mit Füßen getreten werden, Positionen beziehen. Jetzt zeigte sich einmal mehr, dass wir in diesem Sinne keine Frauenministerin haben, keine Ministerin, die für Frauen lobbyiert, dafür aber für toxische Männlichkeit in Reinform. (Beate Hausbichler, 13.2021)