Alexander Schallenberg ist gelernter Diplomat. Besser als andere sollte er wissen: Ein falscher Satz am falschen Ort kann politische Beziehungen vergiften.

Bundeskanzler Alexander Schallenberg im Parlament.
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Wenn der Ex-Außenminister die Fähigkeit zum Ausgleich besitzt, dann hat er sie bisher erfolgreich versteckt. Schon in seine erste Rede nach der Angelobung packte der neue Bundeskanzler eine Provokation. Ohne Not erteilte er seinem Vorgänger Sebastian Kurz die Absolution von jeder Schuld – und erklärte die Ermittlungen der Justizbehörden, die seine eigene Regierung zu verteidigen hat, damit zu leeren Kilometern.

Aus der Kritik daran hat Schallenberg offenbar nichts gelernt. Auch bei seiner Regierungserklärung im Parlament goss er Öl ins Feuer. Auf verbindliche Worte zu Beginn folgte rasch ein Tadel für einen Misstrauensantrag der Opposition.

Abgeordnete sind keine Waserln, sie sollten nicht dünnhäutig sein. Doch Seitenhiebe wie dieser haben in einer Regierungserklärung nichts verloren. Ein Kanzler soll inhaltlich argumentieren, und nicht Mandatare maßregeln und ihnen sagen, was sie zu tun haben und was nicht. Der Fauxpas fügte sich in einen insgesamt unsouveränen Auftritt. Schallenberg wirkte wie einer, der vorgefertigte Inhalte herunterliest, aber nicht wirklich verkörpert.

Zur Ehrenrettung sei angemerkt: Schallenberg ist erst seit zwei Tagen im Amt. Es ist unfair, ihm bereits jetzt das Etikett des ferngesteuerten Kanzlers anzuhängen. Doch die ersten Auftritte trugen einiges dazu bei, das Vorurteil zu verfestigen. (Gerald John, 12.10.2021)