Arbeitsplätze im Tourismus, etwa auf Berghütten in den Alpen, leiden seit Jahren an einem Verlust von Attraktivität.

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Dass die Corona-Lockdowns dem heimischen Tourismus gehörig zugesetzt haben, ist kein Geheimnis. So gab es im ersten Halbjahr 2021 um 70,6 Prozent weniger Übernachtungen als im Jahr zuvor. Insgesamt erholt sich die Branche zwar, ist aber noch weit vom vor der Pandemie erreichten Niveau entfernt, wie kürzlich veröffentlichte Zahlen der Statistik Austria zeigen.

Verlust von Attraktivität

Doch das Virus ist nicht die einzige dunkle Wolke über dem Wirtschaftszweig. Schon seit Jahren kämpft der heimische Tourismus mit dem Verlust von Attraktivität seiner Arbeitsplätze und einem daraus resultierenden Mangel an Fachkräften. Das ist jedenfalls der Befund und zugleich die Prämisse des von der EU geförderten Interreg-Projekts "Attraktiver Tourismus", das unter der Leitung der Fachhochschule Salzburg noch bis Juni 2022 läuft.

Partner sind die Fachhochschule Kufstein, die Standortagentur Tirol und Chiemgau Tourismus, das Budget beträgt 75.000 Euro. Der geografische Fokus des Projekts liegt auf den Grenzregionen in Salzburg, Tirol und Bayern. Ziel ist es, die zentralen Eigenschaften attraktiver Arbeitsplätze im Tourismus herauszuarbeiten und diese, beispielsweise in Form von Seminaren, an Unternehmer zu kommunizieren.

Die Forscher analysierten daher zunächst, was in der Branche überhaupt als attraktiv wahrgenommen wird. Dafür führten die Beteiligten eine Onlinebefragung von rund 500 Personen aus dem touristischen Bereich durch. "Wir haben zu verstehen versucht, was die Kernelemente der Attraktivität der Arbeitgeber sind", sagt Projektleiter Mattia Rainoldi von der FH Salzburg. Dazu zählt etwa die Arbeit an sich: "Sie ist sinnstiftend, und man hat viele Sozialkontakte."

Regionale Jobs

Der Umgang mit Gästen werde oft als etwas Positives wahrgenommen. Ebenso die Vorteile, die ein Arbeitsplatz in Regionen mit sich bringt, die über umfangreiche Freizeitangebote verfügen.

Zugleich ortet Rainoldi einen Wertewandel, dem zufolge Flexibilität und Autonomie seitens der Arbeitnehmer zunehmend gewünscht werden. "Wir müssen die Figur des touristischen Mitarbeiters überdenken", meint der Forscher. "Er ist kein Diener des Gastes, sondern ein Gestalter von Erlebnissen." Für das nicht gerade marginale Ausmaß des damit angepeilten Wandels der Sichtweise auf Mitarbeiter benötigt man neue Strukturen im Tourismus, die ihre partizipative Einbindung ins Unternehmen ermöglichen: "Führungsmethoden, Organisationsprozesse und Unternehmenskulturen müssen neu aufgesetzt werden", sagt Rainoldi.

Um das in die Tat umzusetzen, finden im Rahmen des Projekts etwa 30 Seminare statt, ein kostenloses Weiterbildungsangebot für Führungskräfte im Tourismus. Die Auswahl der Themen erfolgt auf Basis der zu Projektbeginn durchgeführten Befragung und zusätzlicher Interviews mit Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Tourismusschülern.

Weiters wird ein digitales Bewertungstool angeboten, das sich an Mitarbeiter in touristischen Betrieben richtet. Es zeigt den Nutzern mehrere Fragen über ihre Arbeit, und ihren Arbeitsplatz an.

Digitale Bewertung

Deren Antworten werden von dem Tool visuell aufbereitet und den Führungskräften des zugehörigen Unternehmens – anonym – zur Verfügung gestellt. "Der Unternehmer sieht dadurch auf einen Blick, wo er Schwächen oder Nachholbedarf hat", sagt Rainoldi. "Er kann sehen, wie zufrieden seine Mitarbeiter etwa mit Entlohnung, Personalentwicklung oder Arbeitszeitmanagement sind." (Raimund Lang, 20.10.2021)