Plötzlich hatten die Heinzelmännchen und Heinzelfrauen ein Gesicht. Das Positive im Corona-Jahr 2020 sei gewesen, dass jene, die sonst im Verborgenen arbeiten, vor den Vorhang geholt worden seien: "Die Pandemie hat die Wahrnehmung verändert und den Faktor Mensch ins richtige Licht gerückt", sagt Erich Steinreiber. Der Chef der Österreichtochter des dänischen Gebäudedienstleistungsriesen ISS beschäftigt rund 7.000 Menschen in Österreich. Insgesamt arbeiten einige Hunderttausend für Dienstleister, die im Unterhalt von Gebäuden und Anlagen tätig sind, sogenannte Facility-Service-Unternehmen wie ISS.

Sie bieten Reinigung oder technische Dienstleistungen wie die Wartung von Heizungen und Klimaanlagen an oder sorgen für die Sicherheit oder die Betriebsverpflegung: Die Großen unter den Anbietern, neben ISS etwa Simacek, Sodexo oder Dussmann, sind breit aufgestellt. Dazu kommen tausende kleine Spezialisten, manche beschäftigen weniger als zehn Mitarbeiter, die sich auf Teile des Geschäfts wie Sicherheitsdienstleistungen oder eben Reinigung verlegen.

Reinigungskräfte machen einen wichtigen Job. Viele in Teilzeit – und nicht gerade üppig bezahlt.
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Deren Alltag bekommen Büroarbeiter kaum mit: Früh am Morgen oder am Abend kommen die Kräfte üblicherweise in einen Betrieb. Am besten dann, wenn sie keiner sieht. Corona hat auch in dieser Branche einiges auf den Kopf gestellt. Schulen, Thermen oder Museen waren in den Lockdowns geschlossen, Büros waren großteils verwaist, Hochbetrieb herrschte in vielen Gesundheitseinrichtungen. Alles Kunden, die auch ISS serviciert.

Corona traf Branche hart

Der Markt ist in den vergangenen Jahren kräftig gewachsen. 2015 wurde hierzulande erstmals die Fünf-Milliarden-Euro-Grenze geknackt, 2020 lag der Gesamtumsatz für extern erbrachte Facility-Services laut einer aktuellen Studie von Interconnection Consulting bei rund 5,76 Milliarden Euro. Dann kam Corona. Der Umsatz schrumpfte um 6,8 Prozent. Nicht alle traf es gleich hart: Unternehmen, die sich auf die Reinigung von Stadthotels konzentriert haben oder auf Catering, hatten es während der Hochzeiten der Pandemie schwer. Mit Konsolidierung und einer Pleitewelle wird gerechnet.

ISS habe die Krise mit einem Umsatzeinbruch von zwölf Prozent von davor 280 Millionen Euro durchtaucht, sagt Österreich-Chef Steinreiber: "Klassische Büroimmobilie, öffentliche Hand – in diesen Bereichen haben wir die Krise am deutlichsten gespürt." Dafür seien die Anforderungen im Gesundheitsbereich – mit 100 Millionen Umsatz einer der großen Geschäftsbereiche – höher gewesen, durch mehr Aufwand durch Desinfektion etwa in Krankenhäusern. Der Geschäftsbereich Betriebsverpflegung brach um 40 Prozent ein. Hart getroffen hat es auch die Tochter ISS-Groundservice, die große Airlines serviciert. Sie hat knapp 200 Mitarbeiter abgebaut. Das Geschäft sei über den Sommer wieder zurückgekommen.

Der Arbeitskräftemangel wird auch in dieser Branche beklagt.
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Aussichten, die für den gesamten Markt gelten. Interconnection Consulting geht in seiner Studie davon aus, dass der Umsatzrückgang heuer großteils aufgeholt werden kann. Auch Steinreiber will wachsen und peilt nun 300 Millionen Euro Umsatz an.

Was dabei hinderlich sein könnte, ist der Arbeitskräftemangel, wie er sagt: "Wir könnten mehr Aufträge annehmen und sind teilweise sogar gezwungen, sie abzulehnen." Nicht nur Reinigungskräfte, vor allem IT-Kräfte würden gesucht. Am Gehalt bei Letzteren könne es nicht liegen, so Steinreiber. 3.500 bis 4.000 Euro brutto würden Techniker verdienen. 400 Stellen habe man offen in Österreich, hundert in der Technik. "Wir finden nur schwer die richtigen Leute." Nach Steinreibers Ansicht habe das auch mit der großzügigen Unterstützung während der Kurzarbeit, aber darüber hinaus auch ganz allgemein zu tun. ISS hat – wie die meisten der Branche – viele Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt.

Lage zugespitzt

Covid habe die Lage am Arbeitsmarkt zugespitzt und in zwei Richtungen verschärft, sagt der ISS-Chef: "Was ich grundsätzlich gut finde, ist, dass die Bundesregierung all die Unterstützung für die Unternehmen und die einzelnen Menschen auf die Beine gestellt hat. Das ist wirklich gut und einzigartig in Europa. Aktuell scheint es jedoch so, dass Arbeiten per se keine Motivation mehr ist." Er sei dafür, Leuten, denen es schlechtgehe, zu helfen. "Aber ich bin nicht dafür, dass man Faulheit unterstützt." Um der Wirtschaft wirklich zu helfen, müsse Arbeit wieder attraktiv werden.

Tatsächlich ist der Unterschied in Niedriglohnbranchen wie etwa der Reinigung, in der geschätzte 75.000 Menschen beschäftigt sind, zwischen Mindestsicherung (rund 850 Euro) und Kollektivvertragslöhnen (bei der Unterhaltsreinigung) nicht eben hoch. Ein Beschäftigter verdient im Median netto 1.400 Euro im Monat, inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld, im Schnitt sind es 1.200 Euro.

Teilzeit und prekär

Die Gewerkschaft Vida hat wiederholt auch die vielen Teilzeitjobs und mauen Arbeitsbedingungen in der Branche mit einem hohen Anteil an Beschäftigten mit Migrationshintergrund beklagt. Während Menschen im Gesundheits- und Pflegebereich immer noch auf den Corona-Bonus warten, habe man sie gleich gar nicht berücksichtigt. (Regina Bruckner, 13.10.2021)