Gernot Blümel präsentierte am Mittwoch das neue Budget. Der Beschluss soll im November erfolgen.

Foto: APA

3.400 Seiten lang, ausgedruckt ein Gewicht von gut zwölf Kilogramm: Das Budget der Republik Österreich für das kommende Jahr und der längere Fahrplan bis einschließlich 2025 sind fertig, am Mittwochvormittag präsentiert Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) dem Nationalrat die Kennzahlen.

DER STANDARD konnte bereits einen Blick in das umfassende Paket werfen. In groben Linien lässt sich festhalten: Die Corona-Krise scheint im Augenblick überwunden, was sich daran zeigt, dass sich Ein- und Ausgaben wieder normalisieren. Neu dazukommen wird als großer Punkt die Steuerreform. Hier wird vor allem der Klimabonus viele Änderungen bringen. Zehn interessante Punkte im Detail:

1. Die Neuverschuldung geht zurück, Einnahmen sprudeln

Insgesamt belaufen sich die Auszahlungen im kommenden Jahr auf 103,6 Milliarden Euro, nach rund 111 Milliarden heuer. Hauptsächlich liegt das daran, dass die Corona-Hilfen massiv zurückgefahren werden können. Nur ein Beispiel: Heuer sollen 3,67 Milliarden Euro für Kurzarbeit ausgegeben werden, im kommenden Jahr sollen es lediglich noch 200 Millionen sein.

Neben den Ausgaben gibt es auch bei den Einnahmen eine deutliche Erholung: Die Steuereinnahmen steigen, insbesondere bei der Körperschaftssteuer und der Umsatzsteuer. Die Lohnsteuereinnahmen entwickeln sich ohnehin schon länger solide. Insgesamt erwartet Finanzminister Blümel Einzahlungen in Höhe von 86,4 Milliarden Euro in diesem Jahr. Damit bleibt eine Finanzierungslücke, die über neue Schulden abgedeckt werden müsste, in Höhe von 17,2 Milliarden Euro.

In dieser Rechnung gibt es einige Unsicherheiten. So enthält das Budget eine Ermächtigung für Corona-Hilfen in Höhe von nochmals fünf Milliarden Euro für das kommende Jahr. Dieser Betrag setzt sich aus möglichen Kosten der Corona-Maßnahmen zusammen, etwa ausfallenden Haftungen. Diese Kosten könnten also schlagend werden, vielleicht auch nicht. Das Defizit in Blümels Budget geht deutlich zurück, von sechs Prozent 2021 auf 2,3 Prozent im kommenden Jahr.

2. Steuerreform hinterlässt Spuren

Ein Schwerpunkt, auf den in den Budgetdokumenten hingewiesen wird, sind die Auswirkungen der Steuerreform. Hier greifen tatsächlich einige tiefgreifende Veränderungen. Erstmals gibt es etwa direkte Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung. Im ersten Jahr der Einführung, 2022, soll die CO2-Steuer dem Finanzminister 500 Millionen Euro bringen. Viel stärker ansteigen werden hier die Auszahlungen.

Der CO2-Preis soll erst ab 1. Juli 2022 gelten, der Klimabonus, mit dem die höheren Ausgaben kompensiert werden, schon ab 1. Jänner. Das führt dazu, dass die Auszahlungen mit dem Bonus deutlich höher ausfallen werden als die Einzahlungen, mit rund 1,25 Milliarden Euro. Sprich: Klimaschädliches Verhalten wird im kommenden Jahr netto sogar gefördert, für Regionen, die besonders wenig Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln haben, ist der Bonus ja höher. Die Einnahmen aus der CO2-Steuer sollen bis 2025 sukzessive auf 1,5 Milliarden Euro steigen.

Der große Schwerpunkt im Budget sind steuerliche Entlastungen für Arbeitnehmer, Unternehmer und Landwirtschaft. Diese belaufen sich in der Rechnung des Finanzministeriums kumuliert bis 2025 auf 18,6 Milliarden Euro.

Deutlich geringer fallen neue Investitionen in Klimaschutz, Digitalisierung und Mobilität aus: Für den Klimaschutz sind die kumulierten Ausgaben zwischen 2022 und 2025 mit 2,9 Milliarden Euro dotiert. Für Digitalisierung stehen in diesen vier Jahren nur 1,6 Milliarden bereit. Insgesamt sind für diese Zukunftsinvestitionen 8,8 Milliarden über vier Jahre vorgesehen.

3. Mehr Geld für Klima und Umwelt vor allem durch Klimabonus

Zu den Gewinnern bei den Ausgaben zählt das Umwelt- und Klimaministerium von Leonore Gewessler (Grüne). So gibt es für den Bereich Umwelt und Klima deutlich mehr Geld: Das Budget steigt hier von rund 680 Millionen Euro heuer auf 2,4 Milliarden im kommenden Jahr, das ist ein Plus von 252 Prozent oder 1,7 Milliarden.

Allerdings: Nur ein Bruchteil dieses Geldes wird für neue Investitionen in Klimaschutz verwendet werden können. Der größte Anteil der Steigerung, nämlich satte 1,2 Milliarden, kommt nur zustande, weil über das Umweltministerium der Klimabonus ausbezahlt wird. Diese Auszahlung dient nicht direkt dazu, Emissionen zu vermeiden, sondern soll bloß für höhere Kosten entschädigen. Demgegenüber muten Ausgaben für Neuinvestitionen bescheidener an: Für die Offensive "Raus aus Öl/Gas", mit der ökologischere Heizsysteme forciert werden sollen, wird es 90 Millionen Euro im kommenden Jahr geben. Für thermische Sanierung im Wohnbau gibt es 60 Millionen, für den Ausbau erneuerbarer Energien sind ebenfalls 60 Millionen im kommenden Jahr budgetiert.

Dazu gibt es allerdings freilich Mehrausgaben für Mobilitätskonzepte, die zu emissionsfreierem Verkehr führen sollen. Ein großer neuer Kostenpunkt ist das Klimaticket, wofür im kommenden Jahr 252 Millionen Euro bereitstehen und bis 2025 knapp über eine Milliarde Euro ausgegeben wird. Mehr Geld wird es auch für die Förderung der Anschaffung von emissionsfreien Bussen und Nutzfahrzeugen geben.

4. Mehr Geld für Bildung heißt vor allem mehr Geld für PCR-Tests

Mehr ausgeben wird der Staat auch für Bildung. Das Budget hier soll von aktuell 9,9 Milliarden Euro auf 10,1 Milliarden steigen, das ist ein Plus von 3,1 Prozent oder gut 310 Millionen Euro. Hier darf nicht übersehen werden, so wie bei den anderen Ausgaben auch, dass die Inflation real einen großen Teil dieses Brockens auffressen wird: Sie soll im kommenden Jahr laut Prognosen des Forschungsinstituts Wifo bei rund drei Prozent liegen.

Noch interessanter ist, wie sich die Budgeterhöhung bei der Bildung zusammensetzt. Von den zusätzlichen 310 Millionen Euro entfallen 238 Millionen und damit der Großteil auf PCR- und Antigentests an Schulen. 35 Millionen Euro gibt es für Brennpunktschulen, dazu kommen nochmals 60 Millionen für zusätzliche Förderstunden in den Schulen.

Für die Digitalisierung von Schulen sind heuer 235 Millionen Euro budgetiert gewesen, das Geld war vor allem für die technische Aufrüstung der Schulen vorgesehen, die durch die Pandemie notwendig wurde, Stichwort Distance-Learning. Allerdings wurden diese Mittel nicht völlig abgerufen, wie das Bildungsministerium betont – rund 140 Millionen Euro stehen aus diesem Posten noch zur Verfügung und werden in den kommenden Jahren investiert. Damit fällt auch die Ausgabensteigerung für Bildung etwas höher aus als auf den ersten Blick.

5. Erholung bedeutet weniger Ausgaben für Arbeitsmarkt

Die Ausgaben für den Arbeitsmarkt werden im kommenden Jahr zurückgehen. Das liegt natürlich an der stark gesunkenen Arbeitslosigkeit. Im Kampf gegen Arbeitslosigkeit sind im kommenden Jahr 250 Millionen Euro für die Aktion Sprungbrett vorgesehen. Neben intensiver Beratung ermöglicht dieses Programm dem AMS auch, Lohnzuschüsse zu zahlen, wenn Langzeitarbeitslose von Unternehmen beschäftigt werden. 170 Millionen stehen für die Corona-Joboffensive zur Verfügung, ein anderes Programm zur Eingliederung Jobsuchender. Insgesamt werden die Ausgaben für den Bereich Arbeitsmarkt von 13, 5 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 9,1 Milliarden 2022 sinken.

6. Gesundheitsausgaben bleiben erhöht

Wo sich die Pandemie weiter bemerkbar macht, ist in den Ausgaben unter der Rubrik Gesundheit. Seit 2019 haben sich hier die Kosten etwa verdreifacht, auf über drei Milliarden Euro. Hier wird ein großer Teil der Tests abgerechnet, die Masken, die Impfprogramme. Im Jahr 2022 sind rund 1,2 Milliarden Euro in direktem Zusammengang mit der Pandemiebekämpfung vorgesehen.

7. Inneres und Justiz: Wenig Änderung

Keine großen Sprünge wird es bei den Ausgaben im Bereich Inneres und Justiz geben. Für die Rubrik Recht und Sicherheit waren heuer 11,29 Milliarden Euro budgetiert, im kommenden Jahr sind es 11,3 Milliarden. Das ist ein Plus von gerade 0,2 Prozent. Eingerechnet die Inflation im kommenden Jahr von etwas drei Prozent heißt das, die realen Auszahlungen sind hier rückläufig. Unklar bleibt aber noch, ob Kostensteigerungen für das Personal hier voll berücksichtigt wären.

Budgetsteigerungen gibt es im Rahmen eines Antiterrorpakets, das mit 120 Millionen Euro für die Jahre 2022 bis 2024 veranschlagt ist.

8. Goodies für die Landwirtschaft

Kein Budget eines ÖVP-Finanzministers ohne ein paar Goodies für Landwirte. Ein paar Beispiele: Es wird eine pauschalierte Rückerstattung der höheren CO2-Abgaben für alle Betriebe geben, abhängig von der Größe der Betriebe. Warum es diesen Betrag ausgerechnet für die Landwirtschaft gibt und für andere Sparten oder Bürger nicht: Diese Frage wird der Finanzminister beantworten müssen. Dazu gibt es noch eine Sonderförderung für energieautarke Bauernhöfe in Höhe von 25 Millionen Euro.

9. Deutlich mehr Geld für Forschung

Tatsächlich spürbar mehr Mittel wird es für Forschung geben. Das Budget steigt hier von 5,9 auf 6,373 Milliarden Euro, das ist ein Plus von gut 7,3 Prozent. Hier wirken sich eine Reihe von Programmen aus, unter anderem zur Förderung von Wasserstofftechnologien.

10. Pensionen zunächst stabil, dann steigende Kosten

Die Pensionen machen wenig überraschend weiterhin einen großen Teil der Ausgaben im Sozialbereich aus. Die Ausgaben für Pensionen bleiben 2022 im Vergleich zu heuer relativ konstant, gehen sogar leicht auf 12,4 Milliarden Euro zurück. 2023 beginnen die Ausgaben aber wieder zu steigen, auf knapp über 15 Milliarden bis 2025. Eine Steigerung gibt es auch bei den Pensionsausgaben für Beamte, von aktuell rund 10,4 Milliarden Euro auf 11,9 Milliarden bis 2025.

Nach der Präsentation im Nationalrat und der Diskussion soll der Budgetbeschluss am 18. November erfolgen. (András Szigetvari, 13.10.2021)