Nachhaltigkeit ist in vieler Munde. Doch wie geht der Weg dorthin? Die EU legt Kriterien fest und gibt Ziele vor.

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Nachhaltiges Investieren liegt im Trend. Künftig müssen Berater ihre Kunden auch explizit danach fragen, ob sie beim Veranlagen auf nachhaltige Produkte setzen wollen. So schreiben es die Regeln für Wertpapierdienstleistungen im Europäischen Wirtschaftsraum (Mifid) fest. Das wird dem Thema weitere Aufmerksamkeit bringen.

"Die Europäische Union ist bei der Nachhaltigkeit in eine Vorreiterrolle gegangen", sagt Natalie Westerbarkey, Head of EU Public Policy bei Fidelity. Schon 2019 waren erste Kriterien für den Green Deal ausgearbeitet, die für die Mitgliedsländer auch festlegen, was unter den großen Begriff der Nachhaltigkeit fällt. Denn sowohl Anleger als auch Produktanbieter bräuchten klare Vorgaben, damit sich einzelne Player nicht ein grünes Mascherl umbinden können. Nach der Corona-Krise setzt man auf den grünen Wiederaufbau der Wirtschaft.

Neue Leitlinien

Mit der sogenannten Taxonomie gibt die EU nun also die Leitlinien vor, mit der die Wirtschaft nachhaltig grüner werden soll. Für Banken bedeutet das, dass sie unter anderem Vorgaben bekommen, wie hoch bei Finanzierungen der Anteil sein muss, der in grüne Projekte fließt. Anbieter von Fonds oder anderen Finanzprodukten wiederum erhalten Vorgaben dafür, an welchen Kriterien sie die Nachhaltigkeit eines Unternehmens messen können. Ebenso werden Unternehmen zu einer Transparenz verpflichtet, damit diese Kriterien auch offengelegt werden.

Doch hier spießt es sich im Moment, sagt Westerbarkey. Denn der Richtlinienvorschlag zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen (CSRD, Corporate Sustainability Reporting Directive) tritt erst im Jahr 2023 in Kraft. Erste Berichte darüber, wie sehr Unternehmen sich der Taxonomie verpflichtet haben, erhalten Asset-Manager laut Westerbarkey damit aber erst im Jahr 2024. Die Verpflichtung für Fondsanbieter, sich an diese Vorgaben zu halten, gilt aber schon früher.

Hier entstehe also eine Kluft, die es zu überwinden gelte. In dieser Übergangszeit dürfe es zu keinem Greenwashing kommen, "das würde der Branche nachhaltig schaden", sagt die Fidelity-Expertin zum STANDARD.

Wenn sich die Asset-Manager alle an die gleichen Vorgaben halten müssen, gelte es zudem sicherzustellen, dass die Produktpalette nicht allzu einheitlich wird. Denn bisher können Grenzen individuell gezogen werden. Während ein Anbieter seine Nachhaltigkeitskriterien sehr eng fasst und nur in bereits grüne Unternehmen investiert, erlauben andere etwa den Best-in-Class-Ansatz. Hierbei wird auch in Unternehmen investiert, die sich noch im grünen Wandel befinden. "Wenn Investoren Unternehmen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit begleiten, können sie auch etwas bewirken", sagt Westerbarkey.

Langer Prozess

Obwohl es noch ein langer Weg sein wird, bis die Wirtschaft wirklich nachhaltig grün wird funktionieren können, ist es für Westerbarkey die richtige Richtung. Während in Ländern wie den USA unter Ex-Präsident Donald Trump ein Vakuum etwa beim Thema Klimapolitik entstanden sei, habe Europa nicht nur erkannt, dass es einen Klimawandel gebe, "man spricht hier bereits vom Klimanotstand, der zu exponentiellen Schäden führt, die teils irreversibel sind", sagt Westerbarkey. Angetrieben werde das Thema auch stark von der Zivilgesellschaft – unter anderem von der Fridays-for-Future-Bewegung.

Der Wandel werde aber erst eintreten, wenn Endverbraucher Prozesse besser verstehen und erkennen, dass ein Kaffee für 2,50 Euro weder CO2-neutral noch fair produziert sein könne. "Ob man künftig fliegt oder nicht bzw. sein Geld nachhaltig anlegt, wird etwas verändern", sagt die Fidelity-Expertin. (Bettina Pfluger, 13.10.2021)