Aflenz, ein Spätsommermärchen auf zwei Rädern.

Foto: Stefan Rozporka

Ganz oben beim Schönleitenhaus bietet sich ein beeindruckender Blick.

Foto: Steffen Arora

Der Windgruben-Trail schlängelt sich den Hang entlang.

Foto: Steffen Arora

Der AB-Trail setzt ein gewisses Können voraus.

Foto: Steffen Arora

Von ganz oben bis ganz unten besticht die Bike-Arena Aflenz durch abwechslungsreiches Terrain.

Foto: Steffen Arora
Foto: Stefan Rozporka

Aflenz – Der Sessellift allein ist ein Erlebnis. Die sichtlich in die Jahre gekommene Anlage der schnittigen Marke Porsche wird von einem VW-Industriemotor angetrieben. Die Auffahrt dauert trotz Sportwagentechnik lange genug, um die Aussicht ausgiebig zu genießen. Und davon gibt es reichlich. Wer Höhenangst hat, sollte aber besser die Mautstraße auf die Bürgeralm hochpedalieren. Der Sessellift führt nämlich an einer Stelle über (ja, oben drüber!) einen Klettersteig. Nichts für schwache Nerven!

Überhaupt überrascht Aflenz den unkundigen Besucher. Die etwas vergessene Luftkurregion liegt unweit der alten obersteirischen Industriezentren. Bei Kapfenberg geht es durch ein enges Tal hinein in Richtung Thörl. Man wähnt sich am sprichwörtlichen Ende der Welt, passiert die Gemeinde Einöd, bevor sich das pittoreske Aflenzer Tal mit seinen sanften, bewaldeten Bergen auftut.

Gut versteckte Bike-Region

Neben seiner Geschichte als Kurort ist Aflenz vor allem Pilgern ein Begriff, denn es liegt auf dem Weg nach Mariazell. Seit ein paar Jahren bietet die Region auch Mountainbikern eigens dafür angelegte Strecken. Die kleine, aber feine Bike-Arena Aflenz wartet mit drei Bike-Trails und einem Übungsparcours für Kinder auf. Trotz überschaubarer Auswahl ist der Spaßfaktor beachtlich. Die Palette reicht vom anfängerfreundlichen, flowigen Windgruben-Trail über den kurvig-mäandernden Pierergut-Trail bis zum rassigen, naturbelassenen AB-Trail.

Etwas eigen ist die Erreichbarkeit der Strecken. Man muss sich die Bike-Arena als drei Ebenen vorstellen. Im Tal auf gut 860 Meter Seehöhe die Liftstation, die zugleich Ausgangspunkt der breiten, nicht asphaltierten Mautstraße auf die Bürgeralm ist. Dann der Almboden selbst, der auf rund 1.500 Meter Seehöhe liegt. Hier endet zugleich der Sessellift und startet der AB-Trail. Wer weitere, gut 300 Höhenmeter pedalieren mag, kann zum Schönleitenhaus auffahren, wo der Windgruben-Trail startet – dieser endet wiederum am Almboden.

Die Tageskarte für Mountainbiker, also mit Bike-Transport am Sessellift, ist mit 20 Euro sehr moderat. Die Bahn fährt im Sommer von Mai bis Ende Oktober jeweils an Wochenenden und Feiertagen. Betriebsleiter Thomas Hernaus und sein Team sind stets hilfsbereit beim Verladen der Räder. Sie sorgen auch dafür, dass die Trails in Schuss bleiben.

Familiär und großer Sohn

Überhaupt besticht die Bike-Arena Aflenz durch Herzlichkeit und ihren familiären Charakter. Die Dame, die gestern die Gäste auf der Almrauschhütte versorgt hat, verkauft morgen die Tickets am Liftschalter, wo nebenan ihr Sohn den Wanderern und Radlern beim Einsteigen hilft. Wer ein Rad leihen will oder noch Equipment braucht, wird im Dorf bei Hochschwabsport fündig und Shop-Leiter Andreas Schenk auch gern Auskunft zu Tourenmöglichkeiten in der Umgebung gibt. Für technische Notfälle sei die hauseigene Werkstatt von Hannes Sawatzki empfohlen, der ebenso kundig wie rasch Probleme löst.

Ein Name, der in Aflenz allgegenwärtig ist, ist jener von KTM-Chef Stefan Pierer. Er ist gebürtiger Aflenzer und gilt im Ort für viele als Heilsbringer. Er habe mit seinen Investitionen die Region vor dem Niedergang bewahrt, erzählt man am Stammtisch im Hotel Post Karlon – wo man einkehren sollte, wenn man traditionelle steirische Küche und tschechisches Bier schätzt. Das Gasthaus Pierergut, hoch über dem Ort, wo sich eine Einkehr zwischen den Abfahrten anbietet, liegt direkt am Ende des AB-Trails und zugleich am Start des gleichnamigen Pierergut-Trails, der hinunter bis in den Ort führt.

Die Trails der Bike-Arena

Zurück zu den Strecken selbst. Der höchstgelegene, oben beim Schönleitenhaus, ist wie beschrieben nur mit eigener Muskelkraft erreichbar. Die gut 300 Höhenmeter sind knackig, weil der 2,5 Kilometer lange Weg grobschottrig und – vor allem zu Beginn – sehr steil ist. Doch der atemberaubende Rundumblick, der sich, oben angekommen, auftut, macht die Strapazen schnell vergessen. Der Trail selbst ist gut zwei Kilometer lang und spaßig angelegt mit leichten Anliegern, Wellen und sogar einfachen Northshores, also befahrbaren Holzbauten, die man aber auch auslassen kann. Wer ein E-Bike hat, für den lohnt sich auf jeden Fall eine zweite und dritte Runde.

Oder man nutzt die erste Etappe als Aufwärmrunde für den nun folgenden AB-Trail. Am Start empfiehlt es sich, auf den Bankerln noch eine Rast einzulegen und den Blick hinunter nach Aflenz zu genießen. Denn dieser Trail hat es durchaus in sich. Auf gut vier Kilometern Länge überwindet er rund 500 Höhenmeter. Dabei teilt sich die Strecke in vier sehr unterschiedliche Abschnitte.

Downhillen wie damals

Es beginnt steil und auf weichem Waldboden. Meist gibt es im obersten Teil eine rote und eine schwarze Variante zur Auswahl. Auf den schwarzen Abschnitten sorgen schwierigere Northshores für Nervenkitzel. Nach einem kurzen Forstweg-Transfer geht es weiter direkt unter der Lifttrasse. Zuerst mit großen Anliegern und kleineren Sprüngen, dann wechselt das Terrain plötzlich. Im Wald wird der Trail wieder steil und ruppiger. Die naturbelassene Strecke in diesem Abschnitt macht mit jeder Abfahrt noch mehr Spaß. Besonderes Highlight ist eine steile Holzrampe, auf der man zum Gaudium für die gleich daneben schwebenden Liftpassagiere wird.

Wieder folgt ein Forstweg-Transfer zum letzten Abschnitt. Nun führt der Trail durch einen steilen, dichten Wald. Der Untergrund ist hart. Bei Trockenheit staubig, bei Nässe matschig – und immer gilt es, auf den losen Schotter zu achten. Die engen, steilen Kehren muss man mögen, um hier Spaß zu haben.

Wer nach diesem Ritt noch genug Kraft in den Unterarmen hat, kann über den Pierergut-Trail gemütlich ausrollen. Er wartet auf 950 Metern Länge mit unzähligen Anliegern und kleinen Tables auf. Zwischendrin laden immer wieder Rastplätze ein, Pause zu machen und die Aussicht zu genießen. Wer den AB-Trail mehrmals fahren will, sollte bedenken, dass es wieder ein Stück weit bergauf geht zur Talstation, wenn man den Pierergut-Trail mitnimmt bei der Abfahrt. Daher empfiehlt es sich, ab dem Pierergut-Gasthaus die Mautstraße hinunterzurollen, wenn man direkt und ohne Uphill zur Talstation will.

Auch bergauf zu empfehlen

Die Mautstraße selbst ist ebenfalls zu empfehlen, wenn man gern bergauf radelt. Nicht unbedingt an Wochenenden, weil man da vor allem den Staub der vielen Autos einatmet, die diese gegenüber dem Sessellift günstigere Aufstiegsmöglichkeit nutzen. Aber an Wochentagen, wenn der Sessellift ohnehin nicht in Betrieb ist, bietet sich die Straße als sportliche Tour mit anschließender Trail-Abfahrt an. Die Steigung ist durchgehend kommod. Und die Straße selbst wurde teils spektakulär in die Bergflanke gefräst. Gämsenbegegnungen stehen hier an der Tagesordnung.

Alles in allem ist Aflenz sicher nicht in einem Atemzug mit Leogang, Serfaus-Fiss-Ladis und Co zu nennen. Aber gerade die Überschaubarkeit, das Familiäre und die Liebe zum Detail machen die Region zu einem ebenso lohnens- wie preiswerten Reiseziel für Radler. (Steffen Arora, 14.10.2021)