Schallenberg fliegt erstmals als Kanzler nach Brüssel.

Foto: Heribert Corn

Die Gestaltung der österreichischen Innenpolitik ist in der Sache engstens mit der gemeinsamen Politik auf EU-Ebene verbunden. Es gibt praktisch keine großen Problemfelder und Themen mehr, bei denen die Mitgliedsstaaten auf längere Sicht allein auf sich gestellt erfolgreich sein können. Diese in Corona-Krisenzeiten gewachsene Erfahrung zeigt sich in den ersten Tagen der Amtszeit von Bundeskanzler Alexander Schallenberg.

Er reist am Donnerstag zu einer Blitzvisite nach Brüssel, wo er Arbeitsgespräche mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem Ständigen Ratspräsidenten Charles Michel führen wird. Eine Woche später wird er erneut in die EU-Hauptstadt fliegen, wenn der nächste reguläre EU-Gipfel stattfindet.

Daher sei es logisch, dass die Gespräche mit von der Leyen und Michel nicht nur um Pläne seiner Regierung und die Fortsetzung der türkis-grünen Koalition kreisen, sondern auch der Vorbereitung des Gipfels dienen, hieß es am Mittwoch aus dem Kanzleramt: Es gehe um Energiepreise, den Wiederaufbau, aber auch um das Migrationspaket und den nächsten Weltklimagipfel im November in Glasgow. Ex-Außenminister Schallenberg, der sein Berufsleben lang als Diplomat und langjähriger Sprecher unter Ministerin Ursula Plassnik und deren Nachfolger Michael Spindelegger gedient hatte, gilt in Brüssel als erfahrener, wohlbekannter Profi. Zwischen 2000 und 2005 hatte er die Rechtsabteilung der Ständigen Vertretung Österreichs in Brüssel geleitet.

Europakurs von Kurz fortsetzen

Wie er in den vergangenen Tagen rund um den Rücktritt seines Vorgängers Sebastian Kurz betonte, wolle er den europapolitischen Kurs fortsetzen. Er betonte dabei die strikte Haltung in Sachen Migrationspolitik ebenso wie den Wunsch, die weitere Integration der Union "tatkräftig mitzugestalten".

Bei der Aufteilung der Aufgaben in der Regierung ändert sich bis auf weiteres nichts. Europaministerin Karoline Edtstadler wird Schallenberg im Kanzleramt weiter zur Verfügung stehen, sie will sich um EU-Reformen und die Konferenz zur Zukunft der EU bemühen.

Sein Vorgänger Sebastian Kurz hatte in den vergangenen Jahren wechselnde Bündnisse mit verschiedenen EU-Staaten gesucht, teils Kritik an EU-Institutionen geübt, beim EU-Budget gebremst, sich bei Kritik an Visegrád-Staaten – vor allem an Ungarn und Premier Viktor Orbán – zurückgehalten, bis zu dessen Ausschluss aus der Europäischen Volkspartei. (Thomas Mayer, 13.10.2021)