Ein neuer Münchner Stadtteil für rund 25.000 Menschen: Im Westen der bayerischen Hauptstadt wird seit ein paar Jahren am Stadterweiterungsgebiet Freiham gebaut. Auf einem rund 350 Hektar großen Areal ist das wohl größte Stadterweiterungsprojekt Europas in Bau, zumindest der Fläche nach noch etwas größer als die Seestadt Aspern in Wien. Der Name Freiham wurde von einem alten Gutshof, der sich südlich der Bodenseestraße befindet, übernommen.

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Mehr als 25.000 Menschen sollen im größten Münchner Stadtentwicklungsgebiet einmal leben. Links oben der Schulcampus, der 2019 eröffnet wurde.
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Ende 2019 zogen die ersten Bewohnerinnen und Bewohner ein, im selben Jahr wurde auch der erste Schulcampus fertig. Rund 1500 Menschen wohnen nun bereits in Freiham.

U-Bahn wird geplant

Die Großbaustelle ist vom Hauptbahnhof aus derzeit "nur" per S-Bahn erreichbar, über einen U-Bahn-Anschluss wird noch diskutiert. Die Linie U5 wird gerade von der derzeitigen Endstation Laimer Platz bis nach Pasing verlängert, nach Freiham wären es dann noch rund vier Kilometer. Die Stadt München hat kürzlich entschieden, dass der Verlauf der U-Bahn-Trasse jedenfalls einmal geplant werden soll. Anders als in der Seestadt Aspern, wo die U-Bahn ja als Erstes gebaut wurde und in Hochlage verkehrt, wird man in Freiham damit in den Untergrund müssen.

Gebaut wird hier unter anderem auch von der städtischen Münchner Wohnungsgesellschaft Gewofag sowie von der "Stadibau Gesellschaft für den Staatsbediensteten Wohnungsbau in Bayern".
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Die U-Bahn wäre jedenfalls naturgemäß zentraler Punkt im Mobilitätsplan, den der Münchner Stadtrat im Februar 2020 beschlossen hat und der eine Vielzahl an Maßnahmen für Freiham vorsieht. Damit soll der neue Stadtteil "zu einem Modellprojekt für einen autoreduzierten neuen Stadtteil mit einer hohen Lebens- und Aufenthaltsqualität" werden, wie es heißt. "Attraktive und qualitätsvoll gestaltete Räume für den Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehr" sollen den Bewohnerinnen und Bewohnern einen Alltag ohne Auto ermöglichen. Und zwischen dem Bahnhof Freiham und dem etwas weiter nördlich gelegenen Bahnhof Aubing soll es eine "innovative" Lösung geben, etwa einen autonomen Bus.

Disput um Landschaftspark

Westlich des Entwicklungsgebiets soll auch ein großer Landschaftspark als Naherholungsgebiet angelegt werden. Allerdings: Dieser könnte etwas kleiner ausfallen als geplant. Das sorgt gerade für Unmut. Direkt westlich an den Park angrenzend verläuft nämlich die Autobahn A99, und diese soll bis 2028 sechsspurig ausgebaut werden. Das wird nur mit einer Verkleinerung des Parks möglich sein, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" im August. Der Park werde streckenweise um bis zu 40 Meter schmäler werden.

Das gesamte Entwicklungsgebiet Freiham in der Übersicht. Der Landschaftspark direkt an der Autobahn wird etwas kleiner ausfallen als geplant
Visualisierung: Ortner & Ortner, BSM, Topotek 1, west 8, Lützow 7, Hild und K, Sergison Bates, von Ballmoos Krucker, Studio Vulkan, maurer und sigl, LHM; Foto: Putschögl

Als Kompensation überlegt man nun, westlich der Autobahn ein zusätzliches, 18 Hektar großes Erholungsgebiet anzulegen. Damit könnten die Flächenverluste "mehr als kompensiert werden", wurde Stadtbaurätin Elisabeth Merk in der Zeitung zitiert. Und: Es wird nun auch geprüft, ob sich dort nicht eventuell auch ein Badesee anlegen lässt.

Temporäre Lidl-Filiale

Keine Seestadt also in Freiham, aber eventuell eine Stadt mit See? Man wird sehen. Was die beiden großen Stadtentwicklungsgebiete in Wien und München außerdem noch gemeinsam haben: Es gibt jeweils eine temporäre Diskonterfiliale. In Wien ist es eine aus Holz gefertigte Hofer-Filiale, die seit fast zwei Jahren als Nahversorger fungiert und kürzlich sogar mit einer Auszeichnung beim Holzbaupreis Wienwood gewürdigt wurde. In Freiham ist es ein Lidl, der als "Interimssupermarkt" dient und vor wenigen Wochen südlich der Bodenseestraße aufsperrte. Hier handelt es sich allerdings um eine Leichtbauhalle, die auf einer asphaltierten Fläche aufgestellt wurde.

Ähnlich wie in der Seestadt Aspern wurde auch hier eine temporäre Diskonter-Filiale aufgestellt, hier ist es ein Lidl.
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In Sachen Nahversorgung geht man in Freiham aber auch darüber hinaus neue Wege. Geplant ist hier nämlich ein "offenes Einkaufszentrum" in vier Baukörpern nördlich der Bodenseestraße, es wird vom Münchner Handelsimmobilienexperten IPH im Auftrag der privaten Liegenschaftseigentümer Rosa-Alscher-Gruppe und Isaria Wohnbau errichtet. Die Baugrube wurde bereits ausgehoben, berichtet Projektleiter Stephan Steurer.

50 bis 70 Shops

2024 soll es fertig werden und dann als "Marktplatz der Zukunft" fungieren, das heißt: Es wird wie üblich zwar ein eigenes Center-Management geben, aber die Geschäfte werden sich eben in unterschiedlichen Gebäuden befinden, die sich um einen Marktplatz gruppieren und allesamt von außen erschlossen werden. Arkadengänge sollen die Käuferinnen und Käufer dazwischen vor Regen schützen. Das Center wird rund 27.000 Quadratmeter an Verkaufsflächen bzw. 50 bis 70 Shops beherbergen.

Für die vier Bauteile des "offenen Einkaufszentrums" wurde die Baugrube schon ausgehoben.
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Drei Ankermieter sind bereits bekannt: Lidl wird hier dann fix einziehen, außerdem ein DM-Drogeriemarkt und ein Tegut-Supermarkt "mit hohem Bio-Anteil", sagt Steurer. Weiters wird die Münchner Stadtsparkasse eine Filiale eröffnen. In den Erdgeschoßen der vier Baukörper wird es ausschließlich Handel und Gastronomie geben, in den beiden Baukörpern an der Bodenseestraße wird diese Zone bis ins erste Obergeschoß erweitert, darüber entstehen Büros und Wohnungen. Insgesamt 430 Wohneinheiten sind geplant, die IPH für die Liegenschaftseigentümer entwickelt, sagt Steurer. Sämtliche Einheiten werden vermietet. (Martin Putschögl, 14.10.2021)