Die Oberfläche der Venus, aufgenommen von der Magellan-Sonde und vom Pioneer Venus Orbiter der Nasa.

Foto: NASA/JPL-Caltech

Der in vieler Hinsicht erdähnlichste Planet unseres Sonnensystems, die Venus, umkreist unser Zentralgestirn zumindest nach gewissen Kriterien in der habitable Zone unseres Sonnensystems. Das bedeutet, dass dieser Planet immerhin phasenweise lebensfreundliche Bedingungen geboten haben könnte. Einige frühere Studien halten dieses Szenario sogar für durchaus wahrscheinlich: Ein Team um Michael Way vom Goddard Institute for Space Studies in New York präsentierte 2019 die Ergebnisse von Simulationsmodellen, wonach die Venus zumindest zwei bis drei Milliarden Jahre lang habitabel gewesen sei, also flüssiges Wasser bei Temperaturen zwischen 20 und 50 Grad Celsius beherbergte.

Eine nun im Fachmagazin "Nature" präsentierte Studie widerspricht allerdings diesen Annahmen: Die Venus hat womöglich nie Ozeane beherbergt, wie aktuelle Computersimulationen von Forschern um Martin Turbet von der Universität Genf vermuten lassen. Das Klima ließ es demnach nicht zu, dass Wasserdampf auf dem Schwesterplaneten der Erde kondensieren konnte.

Dampfkochtöpfe mit unterschiedlichen Voraussetzungen

"Wir haben das Klima der Erde und der Venus ganz am Anfang ihrer Entwicklung simuliert, vor mehr als vier Milliarden Jahren, als die Oberfläche der Planeten noch geschmolzen waren", erklärt Turbet. Beide Himmelskörper ähnelten damals wohl einem gigantischen Dampfkochtopf.

Und gemäß den Forschenden waren die Temperaturen auf der Venus nie tief genug, als dass der Wasserdampf in der Atmosphäre kondensieren und sich in Form von Regen auf dem Planeten ergießen konnte. Denn Wolken, die sich bevorzugt auf der Nachtseite des Planeten bildeten, sorgten für einen enormen Treibhauseffekt, der eine ausreichend starke Abkühlung der Venus – und somit die Bildung von Ozeanen – verhinderte.

Klärende Venus-Missionen

In den nächsten zehn Jahren schicken die europäische und amerikanische Raumfahrtagenturen ESA und NASA drei Missionen zur Venus. Die dann gewonnenen Beobachtungen werden entscheidend sein, "um unsere Arbeit zu bestätigen – oder zu widerlegen", sagte der Genfer Professor und Mitautor der Studie, David Ehrenreich.

"Wenn die Autoren richtig liegen, war die Venus schon immer ein Höllenloch", schreiben die US-Forscher James Kasting und Chester Harman in einem Begleitartikel zur Studie. Tatsächlich ist die Venus heute ein "Höllenloch": Die dicke Atmosphäre besteht hauptsächlich aus Kohlendioxid, es herrscht ein unglaublich starker Luftdruck und die Temperaturen liegen Tag und Nacht bei etwa 470 Grad Celsius.

Die Erde hatte Glück

Die Astrophysiker zeigten in ihren Simulationen ebenfalls, dass die Erde nur haarscharf am gleichen Schicksal wie die Venus vorbeischrammte. Wäre die Erde nur ein wenig enger um die Sonne gekreist oder hätte die Sonne früher so hell geschienen wie heute, wäre sie nun ein genauso unwirtlicher Planet wie die Venus.

Die Ergebnisse haben den US-Forschern zufolge auch Auswirkung auf die Suche nach Leben auf Exoplaneten: Einige Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, die für bewohnbar gehalten wurden, seien es möglicherweise nicht, schreiben sie. (red, APA, 14.10.2021)