Wie man sein Kind unterrichten darf, wenn es von der Schule abgemeldet ist, ist umstritten.

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Wer sein Kind von der Schule abmeldet, meldet es automatisch zum häuslichen Unterricht an. Wie dieser Unterricht dann stattfindet, ist nicht genau geregelt und im Wesentlichen den Eltern überlassen. Laut dem Bildungsministerium dürfen sich Eltern jedoch nicht zu Lerngruppen zusammenschließen, die einer Privatschule entsprechen – wo also Unterricht stattfindet, Lehrer vor Ort sind und ein erzieherisches Ziel verfolgt wird. Derartige umstrittene Lerngruppen werden jedoch immer beliebter.

In Tirol fand vor wenigen Tagen eine Überprüfung von vier derartigen Gruppen statt, wie die dortige Bildungsdirektion dem STANDARD bestätigt. Drei davon wurden bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde angezeigt, weil die Bildungsdirektion vermutet, dass es sich dabei um illegale Privatschulen handelt. Durchschnittlich seien pro Gruppe 20 Kinder betroffen, wobei die Anzahl der Kinder von Tag zu Tag laut Angaben der Eltern variiere. Zum Hintergrund der Gruppen könne man keine genauen Angaben machen, zusammenfassend ließe sich aber sagen, dass es mit der Unzufriedenheit mit Corona-Schutzmaßnahmen zu tun habe, heißt es. Insgesamt wurden in diesem Schuljahr in Tirol 543 Kinder abgemeldet, davon 373 im Volksschulalter.

Mehr Regeln

Die Behörden führen derzeit verstärkt derartige Überprüfungen durch. So unter anderem bereits in Oberösterreich, Niederösterreich, Kärnten, Wien und Vorarlberg. Auch dort wurden zum Teil entsprechende Gruppen angezeigt, etwa eine dem Querdenker-Milieu nahestehende Gruppe in Villach.

Das Bildungsministerium gab kürzlich bekannt, dass künftig nicht bloß am Jahresende durch die verpflichtende Externistenprüfung, sondern auch im Halbjahr mittels eines Reflexionsgesprächs festgestellt werden soll, wie es um den Lernfortschritt des Kindes beschaffen ist. Es sei "zu begrüßen, dass an der Schaffung neuer Möglichkeiten gearbeitet wird", heißt es seitens der Tiroler Bildungsdirektion. "Wünschenswert wären gesetzliche Änderungen, um ein Instrumentarium in die Hand zu bekommen, besser eingreifen zu können." Auch andere Bildungsdirektionen plädierten in den letzten Wochen für mehr Kontrollmöglichkeiten.

Rechtlich umstritten

Die Bildungsdirektion hatte vor Beginn des Schuljahres den häuslichen Unterricht in zehn Fällen untersagt, weil laut Ansicht der Behörde zu befürchten war, dass der Unterricht nicht zu Hause erfolgen werde, sondern in entsprechenden Gruppen. In diesen zehn Fällen hätten die Eltern aber die Untersagung erfolgreich beim Bundesverwaltungsgericht bekämpft, da nicht erwiesen gewesen sei, wo der Unterricht stattfinden würde. "Dies zeigt, dass in der momentanen Rechtslage kaum eine Handhabe besteht, einzugreifen", heißt es.

Festzuhalten sei aber auch, dass es trotz allem im Moment überzogen erscheine, von einer "dramatischen Entwicklung" zu sprechen, da die Gesamtzahl der Kinder – rund 7.500 bundesweit – noch immer einen relativ geringen Anteil ausmache. (Vanessa Gaigg, 18.10.2021)