Schon seit seinem ersten Smartphone galt der chinesische Hersteller Xiaomi für viele als Geheimtipp. Mit seiner Expansion in westliche Gefilde ließ man sich aber Zeit, weswegen die Geräte des Konzerns mit dem "Mi"-Logo zu einer beliebten Geschäftsgrundlage diverser Importhändler wurden.

In Österreich dauerte es bis Mitte 2018, ehe man offiziell in den Markt eintrat und einen Store in der Wiener SCS eröffnete. Doch was hat sich seither getan? Wie steht es um das damals schon angekündigte Vorhaben, weitere Ladengeschäfte zu eröffnen? Und welchem Technikkunde-Typus lassen sich eigentlich die Österreicher zuordnen? Darüber und mehr hat DER STANDARD mit Kurt Manninger, Country-Manager von Xiaomi Austria, gesprochen.

Manninger hat das Amt im September 2020 übernommen, und er habe, so sagt er, nach zwölf "sehr spannenden Monaten" weiterhin Spaß an seiner Arbeit. Zuvor war er Direktor des Geräteverkaufs der Österreich-Abteilung von Huawei, die speziell im Bereich Smartphones und Tablets seit Jahren stark unter US-Sanktionen leidet, denen es zuzuschreiben ist, dass es keinen Ab-Werk-Zugang mehr zu Googles Android-Diensten wie dem Play Store gibt.

Unter Kurt Manninger hat Xiaomi mittlerweile Platz drei in Österreichs Smartphone-Markt erreicht.
Foto: Xiaomi/Felipe Kolm

Stärkere Konkurrenz für Apple und Samsung

Der Ausblick für Xiaomi, so Manninger, ist tatsächlich ein guter. Laut Zahlen der GfK hält man in der Alpenrepublik bei einem Marktanteil von elf Prozent. In Summe ergibt das Platz drei hinter Apple und Samsung. Dabei will man es aber nicht bewenden lassen. Erst im Sommer hat Konzernchef Lei Jun, nachdem Xiaomi erstmals in einem Quartal vor den beiden größten Konkurrenten am Weltmarkt lag, das Ziel ausgerufen, binnen dreier Jahren an die Weltspitze klettern zu wollen. In der Jahres-Gesamtstatistik für 2020 lag man auf Rang drei.

Ambitionen auf die Marktführerschaft hat man auch in Österreich, wo dieser Tage mit dem Xiaomi 11T (Pro) das nächste Smartphone-Flaggschiff an den Start geht. Was prognostisch dafür spricht, ist das vergleichsweise immer noch starke Wachstum beim Absatz. Wie lange man dafür brauchen möchte, darauf will Manninger sich nicht festlegen, er gibt sich aber optimistisch, "kurz- bis mittelfristig" an Apple und Samsung vorbeiziehen zu können.

Dass das nicht unmöglich ist, sieht man in 22 Ländern, in denen Xiaomi nach eigenen Angaben im zweiten Quartal bereits den Markt anführte. Darunter sind auch westliche Märkte wie Italien, Frankreich und Spanien. In letzterem Land liegt man bereits seit anderthalb Jahren an der Spitze.

Konservative Kunden als Marktvorteil

Allerdings wird die Konkurrenz härter. In China musste man zuletzt den Spitzenplatz zugunsten Oppo und Vivo räumen. Beide gehören zum mächtigen und ebenfalls chinesischen Konzern BBK Electronics, der den österreichischen Markt mittlerweile auch für sich entdeckt hat. Seit einiger Zeit buhlen hier auch Vivo und die selbstständig gewordene Oppo-Jugendmarke Realme um Kundschaft. Ähnlich wie Xiaomi setzen sie auf gut ausgestattete Smartphones, die zu vergleichsweise leistbaren Preisen angeboten werden.

Manninger sieht hier allerdings zwei wichtige Vorteile für sein Unternehmen: das Ökosystem von Xiaomi und die Natur der österreichischen Kundschaft. Neben Smartphones und Tablets bietet man in China mittlerweile über 2.000 verschiedene Produkte an, wobei das Sortiment von einfachem Haushaltszubehör wie Handtüchern über Telefonaccessoires bis hin zu Smart Devices aller Art reicht. Gerade das Sortiment an Letzteren soll auch hierzulande erweitert werden. Egal ob Luftreiniger, Heißluftfritteuse oder Staubsaugroboter – Xiaomi bietet es in vernetzter Form an und ermöglicht die zentrale Steuerung aller Geräte über seine Mi-Home-App.

IP-Kameras, Beamer, Wasserkocher – Xiaomi verbreitert kontinuierlich sein Angebot an Smart-Home-Produkten.
Foto: DER STANDARD/Pichler

Die Bekanntheit der Smartphones stützt den Verkauf dieser Geräte, wechselseitig ist das Smart-Home-Equipment auch gut fürs Handygeschäft. In einer – nicht näher zitierten – Brand-Recognition-Studie liegt man bei 60 Prozent, ist also drei von fünf Smartphone-Kunden ein Begriff.

"Der Österreicher ist ein konservativer Kunde, was sehr gut ist für uns. Er hat sehr starkes Vertrauen in Marken und Produkte, die er kennt", erklärt Manninger. "Wir haben eine hohe Akzeptanzrate, die wir weiter ausbauen wollen."

Wenige Rückmeldungen zu Privacy-Warnung

Die Nachrichten waren für Xiaomi zuletzt aber nicht nur positiv. Der litauische Geheimdienst warnte im September medienwirksam allgemein vor Handys chinesischer Hersteller und nannte Xiaomi dabei explizit. Der Vorwurf: Die Smartphones verfügten über allerlei Funktionen zur Nutzerbespitzelung, wie sie in China eingesetzt werden, und es sei im Prinzip jederzeit möglich, diese zu aktivieren.

Der Konzern bestritt die Angaben zum Teil und kündigte eine Untersuchung durch einen unabhängigen Sachverständigen ein, deren Ergebnisse noch ausstehen. In Österreich führte man infolge der Warnungen Gespräche mit Netzbetreibern und anderen Partnern. Man nehme die Privacy-Bedenken "sehr, sehr ernst", so Manninger. Vonseiten der Privatkunden habe es in Österreich jedoch nur vereinzelte Reaktionen in sozialen Medien gegeben.

Retail-Expansion steht bevor

Als österreichische Abteilung eines großen, internationalen Konzerns könne man hierzulande recht eigenständig agieren, betont der Country-Manager. Man müsse freilich der allgemeinen Produktstrategie oder Gestaltung der Markenpräsenz folgen, habe aber die Möglichkeit, einen eigenen Produktfokus zu setzen und Werbemaßnahmen auf den Markt zuzuschneiden.

Im Mai 2018 eröffnete Xiaomi seinen ersten Store in Österreich in der Shopping City Süd. Nun sondiert man zwei weitere Standorte.
Foto: APA/Xiaomi

Das gilt freilich auch in Sachen eigener Ladengeschäfte, wo sich in absehbarer Zeit etwas tun soll. Bereits 2018 hatte man angekündigt, nach dem Store in der Wiener Shopping City Süd weitere Filialen aufsperren zu wollen, geworden ist daraus aber nichts. Das hat nicht nur mit der Corona-Pandemie zu tun. Konkurrent Huawei eröffnet hingegen demnächst – wenn auch mit einiger Verzögerung – seinen Flagship-Store in der Kärntner Straße.

Im Gegensatz zu manchen Konkurrenten betreibe man die eigenen Geschäfte nicht primär als Showroom, sondern als Geschäftszweig, der auch für sich gesehen Gewinn abwerfen soll, erklärt der Manager. Für die Eröffnung neuer Standorte brauche es eine dementsprechend positive Perspektive, die sich so schnell nicht ergeben hatte.

Bald auch Notebooks im Sortiment

Nun, wo man die Marke in Österreich erfolgreich etabliert hat, soll die Expansion beginnen. Seit diesem Jahr gibt es neue Verantwortliche für das Retailgeschäft des Konzerns in Österreich, das zuvor von einem kroatischen Distributor geführt worden war. Derzeit eruiert man zwei mögliche Standorte für neue Stores. Wo genau sich diese befinden, will man aktuell noch nicht verraten. Das langfristige Ziel ist freilich, nicht nur in Wien, sondern landesweit präsent zu sein.

In diesen neuen Läden könnte dann auch ein verbreitertes Produktsortiment zu finden sein. Die Laptops des Konzerns genießen generell einen guten Ruf, sind aber in Europa nur auf dem Importweg zu bekommen. Dazu gibt es sie bislang auch nicht mit deutschem Tastaturlayout (Qwertz). Das wird sich ändern, verrät Manninger: "Wir werden im Laufe des nächsten Jahres etwas im Notebooksektor tun, auch für den österreichischen Markt." (gpi, 15.10.2021)