Roswitha Stadlober (58) ist nach 22 Männern die erste Frau an der ÖSV-Spitze, ihre Amtszeit läuft vorerst bis Sommer 2024.

Foto: APA/Neumayr

Patrick Ortlieb (li.) und Christian Scherer stehen Stadlober zur Seite.

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Das ist ja flott gegangen. Am 30. September hat der Steirer Karl Schmidhofer nach einem familiären Schicksalsschlag seinen Rücktritt als Präsident des Skiverbands (ÖSV) verkündet, nur zwei Wochen später ist die Nachfolgefrage geklärt. Roswitha Stadlober (58), die zehn Jahre lang Vizepräsidentin von Schmidhofers Vorgänger Peter Schröcksnadel war, ist mitnichten eine Interimslösung, sondern bleibt nach 22 Männern die erste Frau an der Spitze des am 4. November 1905 gegründeten Skiverbands. Die Präsidentenkonferenz hat sich am Mittwoch auf Stadlober verständigt, bei der heutigen außerordentlichen ÖSV-Länderkonferenz wird die Kür der Salzburgerin, deren Amtsperiode bis Sommer 2024 läuft, sozusagen abgenickt.

Stadlober ist eine logische und demgemäß vielgelobte Wahl. Die Radstädterin war selbst Spitzensportlerin, unter ihrem Mädchennamen Steiner zählte sie in den 80ern zu den besten Slalom-Fahrerinnen der Welt. 1986 und 1988 gewann sie den Slalomweltcup, 1987 WM-Silber, sie feierte acht Weltcupsiege und war 1986 "Sportlerin des Jahres". Später übersiedelte sie für einige Jahre ins Bankengeschäft und als ÖVP-Sportsprecherin in den Salzburger Landtag (1999–2004), sie gründete und führt den Verein KADA (Karriere danach), der sich mit Laufbahnberatung für (ehemalige) Hochleistungssportlerinnen und -sportler beschäftigt.

Ein Steigbügel

Was vielleicht überrascht hat, war der Steigbügel, den die Präsidentenkonferenz dem Vorarlberger Patrick Ortlieb hingehalten hat. Er werde, hieß es, im Stadlober-Präsidium als Finanzreferent tätig sein. Diese Funktion hatte der Abfahrts-Olympiasieger 1992 und -Weltmeister 1996 freilich schon unter Schmidhofer inne. Wichtiger erscheint jedenfalls, dass Ortlieb (54) bei den wirtschaftlich wichtigen ÖSV-Tochtergesellschaften in den Sattel des Geschäftsführers gehievt wurde. Demnach ist er, gemeinsam mit ÖSV-Geschäftsführer Christian Scherer, künftig fürs finanzielle Gebaren des Skiverbands hauptverantwortlich. Und genau daran scheiden sich die Geister.

Schließlich galt Ortlieb vor Monaten, als Schröcksnadel selbst den Streit um seine Nachfolge befeuerte, als "Schröcksnadel-Mann". Es hieß, er sei ein Teil der sogenannten Westachse, die Michael Walchhofer verhindern und Renate Götschl forcieren wollte, was zu einer Pattsituation führte, aus der am (vermeintlichen) Ende Schmidhofer als Präsident hervorging.

Drei Sättel

Auch nun heißt es, der Tiroler Landesverband, in dem Schröcksnadels Sohn Markus Vize ist, habe sich für Ortlieb starkgemacht. Dieser selbst soll freilich auf Stadlober zugegangen sein und ihr vorgeschlagen haben, die Aufgaben aufzuteilen: Stadlober vertritt also den ÖSV und ist "höchste Repräsentantin", sie steht dem Präsidium und direkt dem Generalsekretär (Scherer) vor. Finanzreferent Ortlieb ist "wirtschaftlich Verantwortlicher" und führt mit Scherer die Geschäfte der Kapitalgesellschaften.

Scherer leitet zudem die ÖSV-Geschäftsstelle und verantwortet das Tagesgeschäft. Stadlober, Ortlieb und Scherer sind "in rechtlich verbindlichen Angelegenheiten des ÖSV gemeinsam zeichnungsberechtigt". Wolfgang Labenbacher, ÖSV-Vize und Verbandspräsident Niederösterreichs, nennt das "eine sehr gute Aufgabenteilung".

Doch ungeteilte Zustimmung herrscht nicht in allen Landesverbänden. Da und dort ist von einer "Farce" die Rede. "Der Stadlober-Ortlieb-Deal ist eine typisch österreichische Geschichte", heißt es da. Mit Ortlieb sitze nun "an den Schalthebeln genau der, den Schröcksnadel drinhaben wollte". Eine wiederum andere Seite indes vermutet, "dass Schröcksnadel jetzt vor Wut am Stand drei Meter hoch springt". Denn Ortlieb sei "ganz gewiss kein Schröcksnadel-Mann, sondern einzig und allein ein Ortlieb-Mann". (Fritz Neumann, 15.10.2021)