Der italienische Doktorand war 2016 in Kairo verschwunden, seine Leiche wurde mit schweren Folterspuren gefunden.

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Rom – Ein Gericht in Rom hat am Donnerstagabend den Prozess gegen vier ägyptische Sicherheitsbeamte wegen der Entführung, der Folter und des Mordes an einem italienischen Studenten, der 2016 in Ägypten getötet wurde, ausgesetzt. Die Richter entschieden, dass die Verhandlung nicht in Abwesenheit der vier Beschuldigten stattfinden könne, da die Staatsanwaltschaft nicht in der Lage gewesen sei, diese offiziell darüber in Kenntnis zu setzen.

Die Familie des aus der Provinz Udine stammenden Wirtschaftsdoktoranden sprach von "bitterer Enttäuschung". Seit Jahren kämpft die Familie um Klarheit über Giulio Regenis Tod. "Es ist ein Rückschlag, aber wir werden nicht aufgeben", sagte deren Anwältin Alessandra Ballerini.

Mangelnde Kooperation aus Ägypten

Die Entscheidung bedeutet, dass der Fall nun an ein weiteres Gericht zurückgeht, das entscheiden muss, ob ein neuer Versuch unternommen werden soll, die vier hohen Beamten ausfindig zu machen und ihnen ihre Anklageschriften auszuhändigen. Ein Staatsanwalt hatte am Donnerstag erklärt, Italien habe zahlreiche Anstrengungen unternommen, um die Verdächtigen ausfindig zu machen, und Ägypten beschuldigt, sich zu weigern, ihren Aufenthaltsort bekanntzugeben, und die Ermittlungen wiederholt zu untergraben.

Nach mehr als siebenstündigen Beratungen entschied Richterin Antonella Capri zugunsten der vom Gericht bestellten Verteidiger, die argumentiert hatten, dass das Verfahren nichtig sei, wenn es keine Beweise dafür gebe, dass die vier Ägypter von dem Fall wussten. "Es ist ein Rückschlag, aber wir werden nicht aufgeben. Wir fordern, dass diejenigen, die Giulio gefoltert und getötet haben, nicht ungestraft bleiben", sagte die Anwältin der Familie.

Student forschte über Gewerkschaftsbewegung

Der Student war am 25. Jänner 2016 in Kairo verschwunden. Seine Leiche wurde eine Woche später, am 3. Februar 2016, in einem Graben entlang der Straße nach Alexandria gefunden. Sie wies schwere Folterspuren auf. Seine Mutter berichtete, sie habe ihn nur an der Nasenspitze erkannt. Die Staatsanwaltschaft Rom geht davon aus, dass der 28-Jährige tagelang mit Tritten, Schlägen und Messerstichen sowie mit glühenden Gegenständen gefoltert wurde, bevor er starb. Der junge Wissenschafter hatte für seine Doktorarbeit an der Universität Cambridge über die ägyptische Gewerkschaftsbewegung geforscht – ein sehr heikles Thema in dem autoritär geführten Land.

Der ägyptische Generalstaatsanwalt Hamada al-Sawi erklärte, es lägen keine ausreichenden Beweise für die Anschuldigungen gegen die vier Angeklagten vor. Ägypten hat verschiedene Erklärungen für Regenis Tod vorgebracht, darunter einen Autounfall. Der Fall erregte internationales Interesse und führte zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Kairo und Rom. Die mangelnde Kooperation Ägyptens in diesem Fall führte dazu, dass Italien seinen Botschafter vorübergehend aus Kairo abzog. (APA, 15.10.2021)