Gerhard Milletich hat für jeden "ein offenes Ohr. Für Männer, Frauen, Kinder, die Vereine, die Bundesliga." Seit Sonntagmittag hört der österreichische Fußball auf den 65-jährigen Burgenländer. Er, der einzige Kandidat, wurde bei der ordentlichen Bundeshauptversammlung des ÖFB in Velden mit 11:2 Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt. Sein Vorgänger, der 71-jährige Leo Windtner wurde mit Lob überhäuft und zum Ehrenpräsidenten ernannt. Milletich: "Er hat in den zwölfeinhalb Jahren sehr viel geleistet. Danke. Er hat es gut, aber für mich nicht leicht gemacht. Es wird nicht einfach, in seine Fußstapfen zu treten." Der Neue sagte, was man bei der ersten Pressekonferenz sagt: "Es ist für mich eine große Ehre. Ich hoffe, die Erwartungen erfüllen zu können."

Seit 2012 war er Boss des burgenländischen Verbands, im Fußball ist er seit 27 Jahren engagiert. Etwa bei Parndorf. Vor der Wahl wurden ihm aus den eigenen Reihen aus Tirol und Salzburg Unregelmäßigkeiten bei Abrechnungen vorgeworfen. Milletich konnte das entkräften: "Haltlose, wertlose und sinnlose Gerüchte. Alles war korrekt." Beruflich führt er als Miteigentümer die Geschäfte des Bohmann Verlags, eines der größten Verlagshäuser in Österreich. "Politisch stehe ich der SPÖ näher als den Türkisen." Bei Windtner war es umgekehrt. Milletich ist verheiratet, hat eine Tochter, die im Verlag tätig ist.

Nationalstadion hat keine Priorität

Zum Wesentlichen: Franco Foda wird bei den finalen WM-Qualifikationspartien in Klagenfurt gegen Israel (12. November) und die Republik Moldau (15. November) ganz fix Teamchef sein. "Er war ja nicht unerfolgreich. Wobei die Ergebnisse zuletzt nicht zufriedenstellend waren. Ich schieße nicht aus der Hüfte, die Zeit wäre zu kurz. Eile wäre fehl am Platz, wir müssen das nachhaltig lösen." Zudem besitze Foda einen laufenden Vertrag. Am Mittwoch trifft der Präsident die Sportverantwortlichen, etwa Peter Schöttel, den Sportdirektor. "Wir werden uns mit Experten beraten. Es muss eine breite Basis geben." Zu dieser zählt auch Christoph Freund, der Sportchef von Red Bull Salzburg. "Das A-Team hat Priorität."

Ganz weit oben auf der Agenda steht das neue Kompetenzzentrum in Wien-Aspern, in der Seestadt. Der ÖFB will das Nomaden-Dasein beenden und sich eine Heimat bauen, bauen lassen. Die Hauptversammlung hat das beschlossen. Die Anlage umfasst drei Trainingsplätze, ein kleines Stadion für die Nachwuchsteams, eine Fußballhalle, Büroräume für alle Mitarbeiter und eine Unterkunft. David Alaba und Co. müssen auch schlafen. Als Kosten werden 56 Millionen Euro veranschlagt, sie sollen erstens nicht überschritten und zweitens gedrittelt werden (Bund, Stadt Wien, ÖFB). Das Projekt sei auf Schiene, sagte Milletich.

Diese "notwendige" Investition hat eine Schattenseite. Es wird vorerst kein National-Stadion geben, man muss mit dem internationalen Ansprüchen kaum genügenden Happel im Prater vorliebnehmen. "Meldet sich wer, der es finanzieren will, würde es mich freuen. Aber es meldet sich keiner", gibt sich Milletich keinerlei Illusionen hin.

Er sei überzeugt, "Wirtschaft und Fußball zusammenzuführen. Ich habe in beiden Bereichen Erfahrung." Sein Führungsstil? "Ich bin kein Polterer. Ich bin auch keiner, der immer recht haben muss. Ein Unternehmer ist auf seine Mitarbeiter angewiesen. Ich befürworte interne Diskussionen. Die Amtsperiode dauert vier Jahre. Zu den Vizepräsidenten wurden Josef Geisler (Niederösterreich), Johann Gartner (Tirol), Gerhard Götschhofer (Oberösterreich) und Philip Thonhauser (Bundesliga-Aufsichtsrats-Chef) gewählt. Milletich: "Ich höre sicher auf mein Umfeld." (Christian Hackl, 17.10.2021)

Die Präsidenten des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) seit 1945:

Josef Gerö (1945 – 1955)
Hans Walch (1955 – 1969)
Heinz Gerö (1970 – 1976)
Karl Sekanina (1976 – 1982)
Herbert Raggautz/Heinz Gerö (interimistisch/1982 – 1984)
Beppo Mauhart (30. Juni 1984 – 7. April 2002)
Friedrich Stickler (7. April 2002 – 7. November 2008)
Kurt Ehrenberger (interimistisch/7. November 2008 – 28. Februar 2009)
Leo Windtner (28. Februar 2009 – 17. Oktober 2021)
Gerhard Milletich (ab 17. Oktober 2021)