Italien hat genug vom Ausnahmezustand, den das Coronavirus ausgelöst hat. Das Land, das so heftig wie kaum ein anderes im westlichen Teil Europas von der Pandemie getroffen wurde, unternimmt derzeit viel, um möglichst rasch zu so etwas wie Normalität zurückzukehren. Dazu gehört die Einführung der 3G-Regelung im gesamten öffentlichen Leben, also auch an allen Arbeitsplätzen in der Privatwirtschaft. Die Maßnahme findet, einigermaßen überraschend, in der Bevölkerung große Akzeptanz. Viele halten sie zwar für drastisch, glauben aber, dass sie letztlich erfolgreich sein wird.

Gleichzeitig sehnen sich viele Italienerinnen und Italiener auch nach einer Mäßigung des politischen Diskurses. Das wurde bei Großdemonstrationen gegen Faschismus am Wochenende sehr deutlich: Eine Woche nach dem Angriff von Rechtsextremen auf die Zentrale des Gewerkschaftsverbandes CGIL in Rom am Rande einer Anti-Corona-Maßnahmen-Demo gingen nun Hunderttausende auf die Straße, um klarzumachen, dass solche Handlungsweisen nicht toleriert werden dürfen.

Und auch die Resultate der jüngsten Kommunalwahlen zeigen eindeutig: In Italien wird man zunehmend taub für markige, hetzerische Parolen – man hört wieder auf moderatere Stimmen. Und diese rufen zu Gemeinsamkeit statt Spaltung, zu Ruhe statt Aufgeregtheit auf. Die Corona-Krise mag eine große, unverhoffte Chance für die Populisten gewesen sein, doch zumindest in Italien haben sie sie verspielt – vorerst. (Gianluca Wallisch, 18.10.2021)