Zerstritten, das war gestern. Heute geben sich die Wiener Grünen geeint. Nach dem Rauswurf aus der Stadtregierung und der Demontage der Ex-Parteichefin Birgit Hebein hätte es einiges an Zündstoff für die erste Landesversammlung in persona seit Pandemiebeginn gegeben. Auch die jüngsten Ereignisse in der Bundesregierung und das Festhalten des grünen Vizekanzlers Werner Kogler an der ÖVP hätten für Diskussion sorgen können. Doch statt kritisch gab sich die Basis handzahm – zumindest jene, die gekommen waren.

Nur rund 200 Grüne gaben ihre Stimme für die neue Parteispitze ab – weniger als die Hälfte derer, die an Hebeins Wahl zur Chefin teilnahmen. Das geringe Interesse an einer der wichtigsten Abstimmungen in einer Partei zeigt auch die momentane Verfasstheit der Partei deutlich. Der Frust, der sich mit dem Ende der Koalition breitgemacht hat, ist bei vielen noch immer nicht überwunden. Seit Monaten will es den Grünen nicht so recht gelingen, in die Oppositionsrolle zu finden.

Nun soll die Zeit für einen inhaltlichen Selbstfindungsprozess genutzt werden. Und das ist gut: Nach zehn Jahren als Juniorpartner in der Stadtregierung haben sich die Grünen zum Teil verloren. Für die Auseinandersetzung mit grünen Werten fehlte da oft die Zeit. Die Aufbruchstimmung blieb jedoch vorerst aus. Das Feuer ist in der Basis noch nicht entflammt – dabei müsste gerade sie für die grünen Themen brennen. (Oona Kroisleitner, 18.10.2021)