Altkanzler Sebastian Kurz mit seinem damals engsten Kreis: Medienbeauftragter Gerald Fleischmann, Sprecher Johannes Frischmann und Kabinettschef Bernhard Bonelli.

Foto: APA/Schlager

Die Liste der Merkwürdigkeiten, die vor den umfassenden Hausdurchsuchungen in der Inseraten- und Umfrageaffäre passiert sind, ist lang: Da geht es um gelöschte Chats, ein nicht gefundenes iPhone und bizarre Pressekonferenzen der ÖVP. Wegen Verdunkelungsgefahr kam es deshalb kurzfristig auch zur Festnahme der Meinungsforscherin Sabine B., die bis zur Hausdurchsuchung mit Kurz-Sprecher Johannes Frischmann in Kontakt gestanden sein soll.

Nach STANDARD-Informationen sollen sich auch Frischmann, der damalige Medienbeauftragte Gerald Fleischmann und andere Mitarbeiter im Bundeskanzleramt in den Wochen vor der Hausdurchsuchung mit dem Zustand ihrer Smartphones beschäftigt haben. Mehrere in Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Beschuldigte sollen ihre Geräte bei der IT-Abteilung des Kanzleramts ausgetauscht haben. Offiziell bestätigen wollen das weder WKStA noch Bundeskanzleramt. Von dort heißt es allerdings: "Die WKStA hat sowohl aktuelle Geräte als auch solche Geräte sichergestellt, die in der Vergangenheit verwendet wurden."

Routine oder Vorbereitung?

Inwiefern der Smartphone-Tausch mit der Angst vor einer Hausdurchsuchung zusammenhängt, ist unklar. Dem Vernehmen nach soll der engste Kreis rund um Sebastian Kurz regelmäßig neue Handys erhalten haben. Die Beschuldigten und ÖVP-Anwalt Werner Suppan waren für eine Stellungnahme nicht erreichbar, bezüglich der strafrechtlichen Vorwürfe gilt die Unschuldsvermutung.

Im Vorfeld der Hausdurchsuchungen machte die ÖVP vor allem mit zwei Pressekonferenzen von sich reden: Am 28. September berichtete die stellvertretende Generalsekretärin Gaby Schwarz, dass viele Journalistinnen und Journalisten die ÖVP auf eine anstehende Hausdurchsuchung ansprechen würden. Sie meinte damals, in der Zentrale der ÖVP-Bundespartei sei "nichts mehr da". Zwei Tage später begann die beschuldigte Meinungsforscherin Sabine B. laut WKStA, Vorbereitungen zur Löschung ihrer Daten zu treffen. Sie suchte etwa nach "iCloud löschen iPhone 6". Von diesem iPhone-Modell wurde bei ihr zwar eine Verpackung gefunden, aber nicht das Gerät selbst.

Am 5. Oktober, also einen Tag vor den Hausdurchsuchungen, hielt dann der ÖVP-Politiker Andreas Hanger eine weitere Pressekonferenz, in der er vor "linken Zellen in der WKStA" warnte. Am Abend des 5. Oktober begann Sabine B. dann, Whatsapp-Chatverläufe mit anderen Beschuldigten zu löschen. Es gilt die Unschuldsvermutung. (fsc, jan, 18.10.2021)