Nacheiferer des legendären Überschallflugzeugs Concorde gibt es mittlerweile einige, wie hier nachzulesen ist. Doch Reisegeschwindigkeiten von 2.170 Kilometern pro Stunde, Mach 2, scheinen manchem noch nicht zu genügen. Mach 5, also die fünffache Schallgeschwindigkeit, steht im Raum. Damit würde man nur 90 Minuten von New York nach London brauchen. Die Concorde schaffte die Strecke in rund drei Stunden.

Es ist möglich. Davon ist man beim Start-up Hermeus mit Sitz in Atlanta überzeugt. Ziel ist es, ein solches Hyperschallfluggerät zu bauen und dann auch in den kommerziellen Einsatz zu bringen. Schon testet man entsprechende Turbinen, die allerdings zunächst in unbemannten Flugkörpern eingesetzt werden sollen und zwar im Dienste der US Air Force. Aber in einem größeren Maßstab sollen sie dann auch für Passagierflugzeuge taugen.

Quarterhorse heißt die Hyperschalldrohne, die Hermeus im Rahmen einer 60 Millionen Dollar schweren Partnerschaft mit der US Air Force entwickelt.
Foto: Hermeus

Davon ist man aber noch weit entfernt. Dennoch hofft man bei Hermeus, noch vor Ende des Jahrzehnts, also 2029, den ersten Testflug hinzubekommen. Zunächst einmal soll das Flugzeug viel kleiner sein als die heutigen Verkehrsmaschinen und sogar kleiner im Platzangebot als die Concorde, die eine Kapazität von etwa 100 Passagieren hatte. "Um uns bei der Dimensionierung des Flugzeugs zu helfen, haben wir im Grunde ein Geschäftsmodell für eine Fluggesellschaft entwickelt", sagt AJ Piplica, CEO von Hermeus, gegenüber CNN. "Wir haben uns auf die Business- und First-Class-Reisenden konzentriert und dann mit einigen Parametern wie Geschwindigkeit und Betriebskosten herumgespielt. Herausgekommen ist dabei ein Flugzeug mit einer 20-Personen-Kabine." Das könnte also als Businessjet in Betracht kommen.

Schnell über den Atlantik

Die Reichweite des Flugzeugs soll etwa 4.000 Seemeilen betragen, was für transatlantische Strecken wie New York nach Paris ausreicht, aber nicht für transpazifische Strecken wie von Los Angeles nach Tokio, die eine Zwischenlandung erfordern würden. Strecken über Land, wie z. B. von New York nach L.A., kommen aufgrund von Lärmschutzvorschriften nicht infrage: Das Durchbrechen der Schallmauer ist mit einem lauten Knall verbunden, was normalerweise über Wasser geschehen muss.

So könnte das Hyperschall-Flugzeug von Hermeus dereinst aussehen.
Foto: Hermeus

Zunächst will sich das Unternehmen aber auf das Triebwerk konzentrieren. Im Februar 2020 begannen die Tests für ein neuartiges Triebwerk, das auf einem bestehenden, in Kampfflugzeugen verwendeten Modell basiert. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus zwei herkömmlichen Technologien: einem Turbostrahltriebwerk, ähnlich wie in Verkehrsflugzeugen, und einem Staustrahltriebwerk, das nur bei Überschallgeschwindigkeit und darüber funktioniert. Das Triebwerk soll zunächst das Quarterhorse antreiben, eine Hyperschalldrohne, die Hermeus im Rahmen einer 60 Millionen Dollar schweren Partnerschaft mit der US Air Force entwickelt.

Turbostrahl und Staustrahl

Hermeus wird sein Hybridtriebwerk beim Start und bei der Landung sowie bei Unterschallgeschwindigkeiten im Turbojetmodus betreiben. Anschließend wird das Triebwerk bei Erreichen von Mach 3 und bis Mach 5 schrittweise in den Staustrahlmodus umgeschaltet.

Momentan konzentriert sich das Start-up auf die Entwicklung des Triebwerks.
Foto: Hermeus

Es gibt eine ganze Reihe von Herausforderungen, an denen Hermeus im Moment noch gar nicht arbeitet. Zum Beispiel ist die Frage noch nicht geklärt, welche Art von nachhaltigem Treibstoff verwendet werden soll – da der Verbrauch viel höher sein wird als bei aktuellen Jets. Auch für die extremen Temperaturen, denen der Rumpf eines Hyperschallflugzeugs standhalten muss, müssen die Entwickler noch Lösungen finden. Dennoch ist man zuversichtlich. An Elon Musks Space-X-Projekt habe es anfangs auch Zweifel gegeben.

Wie wird es sein, mit einem Hyperschall-Passagierflugzeug zu fliegen? Es werde dem Flugerlebnis mit der Concorde ähneln, heißt es. Das Flugzeug werde über einen längeren Zeitraum als bisher von Passagierjets gewohnt beschleunigt. Der Passagier werde für etwa 30 Sekunden bis zu einer Minute in den Sitz gepresst. Aber wenn man erst einmal bei Mach 5 sei, auf einer Flughöhe von rund 30 Kilometern, soll es ein ruhiger Flug werden. Dort oben sei schließlich nicht viel los. (red, 18.10.2021)